Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk Zurücklehnen verboten!

Fernsehmikrofone mit den Logos von ARD/BR und ZDF Quelle: dpa

Das Ja der Schweizer zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist kein Freifahrtschein für ARD und ZDF. Deswegen sollte hierzulande debattiert werden, wie viel öffentlich-rechtlichen Rundfunk sich Deutschland leisten will.

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Man kann sich die Szene gut vorstellen: Wie Ulrich Wilhelm als amtierender Vorsitzender der ARD und sein ZDF-Kollege Thomas Bellut erst einmal tief durchgeatmet haben dürften. Denn dass das Schweizer Stimmvolk sich so deutlich dafür entscheiden würde, weiterhin 451 Franken im Jahr für ihren öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu zahlen, das ist schlicht eine fette Überraschung.

Erstaunlich deutliche 70 Prozent der Eidgenossen sprachen sich für den Erhalt der sogenannten Billag aus, diesem Kunstwort aus Bill und AG; noch kurz vor der Abstimmung hatten Prognosen einen weitaus engeren Ausgang nahegelegt. Dafür hatten die Initiatoren der Volksabstimmung gesorgt, die es in alle Kanäle zog und die mit großem Aplomb für ihre Sache ins Feld gezogen waren.

Auch wenn die Verantwortlichen der SRG, der Schweizer Radio- und Fernsehgesellschaft, die Abschaffungsbefürworter mehr als einmal verwünscht haben dürften: am Ende sollten sie ihnen dankbar sein. Denn ihr Vorstoß, der weit über die Schweizer Landesgrenzen hinaus verfolgt und dessen Ausgang auch in Deutschland mit Spannung erwartet worden war, hat in mehrfacher Hinsicht Klarheit geschaffen.

Er hat zunächst einmal dafür gesorgt, dass die Schweiz wohl so intensiv wie kaum ein anderes Land öffentlich über Wert, Nutzen, Sinn und Unsinn des von der Allgemeinheit finanzierten Medienangebots Rechenschaft abgelegt hat. Der Vorstoß hat dafür gesorgt, dass in der Debatte bis ins Detail die Punkte auf den Tisch kamen, die die Gebührenzahler stören, die sie nerven, die sie am Sinn des ewigen Zahlens zweifeln lassen. Und er hat dazu beigetragen, sichtbar zu machen, welchen Wert ein von der Allgemeinheit finanzierter Rundfunk für das Gemeinwesen darstellt.

Zu dem klaren Votum, und auch darüber dürften sich Wilhelm und Bellut im Klaren sein, hat aber auch der SRG seinen Teil beigetragen. Dem SRG und den Befürwortern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geholfen haben dürfte insbesondere die Ankündigung der SRG-Spitze, die teils leidenschaftlich geführte Debatte auch nach der Abstimmung nicht bloß abzuhaken und zur Tagesordnung überzugehen – nach dem Motto: 70 Prozent wollen uns behalten, also machen wir weiter wie bisher.

Stattdessen will der SRG nun endlich ernsthaft und glaubwürdig lange überfällige Reformen angehen. Kritisch in die Tiefe zu gehen, nachzuforschen, wie denn wirklich heute noch der Auftrag an von der Öffentlichkeit finanziertes System aussieht: Was muss ein solches Programm leisten? Welche Programmfarben muss es abdecken? Worauf sollte es verzichten? Was können die werbefinanzierten Sender besser? Wo grätschen die Gebührensender den privaten Wettbewerbern in die Parade, nehmen ihnen die Entwicklungsmöglichkeiten?

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