Deutschland ist durch seine Verflechtung mit anderen EU-Staaten und als Absatzmarkt für deren Produkte ein wichtiger Wachstumstreiber der Europäischen Union. Das geht aus einer Studie hervor, die das Gutachterinstitut Prognos im Auftrag der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft angefertigt hat. Demnach sichert die deutsche Wirtschaft in den übrigen EU-Staaten 4,8 Millionen Jobs.
Grundlage für die Ergebnisse sind die Industriegüterimporte der deutschen Wirtschaft aus der EU, insbesondere Vorleistungsgüter, die zum großen Teil in der deutschen Autoindustrie verwendet werden. Insgesamt belief sich dieser Wert im Jahr 2015 auf 620 Milliarden Euro. Für viele Nachbarstaaten ist Deutschland damit der wichtigste Absatzmarkt für Industriegüter. So geht ein Drittel der tschechischen Exporte in die Bundesrepublik, aber auch in Österreich, Luxemburg, Ungarn und Polen zeigt sich Deutschland für mehr als ein Viertel der Ausfuhren verantwortlich.
Aufgrund dieser Nachfrage sorgt die deutsche Wirtschaft dafür, dass eine beträchtliche Wertschöpfung in den betreffenden Länder entsteht. So lassen sich nach Angaben der Studienautoren mehr als acht Prozent der tschechischen Bruttowertschöpfung in 2015 auf den Güterexport nach Deutschland zurückführen. Dies führt zu ausgeprägten Beschäftigungseffekten. Auch hier weist die Tschechische Republik die größte Abhängigkeit auf. Mehr als neun Prozent der Beschäftigten hängen direkt oder indirekt von der deutschen Güternachfrage ab.
EU: Wo Deutschlands Nachfrage die meisten Jobs schafft
Das Gutachterinstitut Prognos hat errechnet, wie viel Wertschöpfung in den EU-Staaten durch deutsche Importe geschaffen wird. Anschließend hat es errechnet, wie viele Arbeitskräfte für diese Wertschöpfung benötigt werden.
Polen
890.000 Beschäftigte
Tschechien
470.000 Beschäftigte
Niederlande
460.000 Beschäftigte
Frankreich
420.000 Beschäftigte
Italien
410.000 Beschäftigte
Rumänien
320.000 Beschäftigte
Österreich
270.000 Beschäftigte
Ungarn
250.000 Beschäftigte
Vereinigtes Königreich
240.000 Beschäftigte
Spanien
200.000 Beschäftigte
Für ihre Studie rechneten die Autoren mehrere Szenarien durch, in denen sie unterschiedliche Entwicklungen für die deutsche Wirtschaft zugrunde legen. In einem Basisszenario durchlaufen Deutschland, die EU und die wichtigsten Industrie- und Schwellenländer eine wirtschaftliche Entwicklung, wie sie aus heutiger Sicht wahrscheinlich ist. In einem zweiten Szenario stagniert das BIP-Wachstum der Bundesrepublik in den Jahren 2017 bis 2019 – mit teilweise starken Auswirkungen auf die übrige EU.
So wäre das Wirtschaftswachstum in den meisten der untersuchten EU-Staaten niedriger (in Ungarn fast 0,8 Prozent). Lediglich Lettland, Portugal, Spanien und Griechenland könnten einen leichten Zuwachs gegenüber dem Basisszenario verbuchen. Auf die gesamte EU gerechnet läge die Wirtschaftsleistung um 18 Milliarden US-Dollar niedriger.
Ein weiteres Szenario widmet sich der viel gescholtenen deutschen Wettbewerbsfähigkeit und verschlechtert diese durch zwei Maßnahmen, die die Lohnstückkosten erhöhen. Zum einen steigt der Nominallohn stärker als im Basisszenario, zum anderen sinkt die Produktivität.
Durch die schlechtere Wettbewerbsfähigkeit verringert sich die deutsche Produktion. Damit sinken auch die Importe aus den Nachbarstaaten. Zwar fängt die im Vergleich verbesserte Produktivität der restlichen EU dies teilweise auf, unterm Strich überwiegt der negative Effekt jedoch.