In diesem Frühjahr drehte die Staatengemeinschaft die Daumenschrauben noch enger. Steuerhinterziehung gilt nun ab 50 000 Euro als Vortatbestand zur Geldwäsche und wird damit ähnlich wie Schmuggel, Drogen- und Menschenhandel bestraft. Vor allem die Amerikaner verstehen da keinen Spaß. Bei hohen Beträgen ab 50 Millionen Euro dürfen Hinterzieher damit rechnen, dass sich auch die US-Geheimdienste für sie interessieren. Auf deutscher Seite schaltet sich bei Geldwäscheverdacht das Bundeskriminalamt ein.
Banken wolle Herkunftsnachweise
Die Geldwäschekeule beeindruckt die Banken am meisten. Kaum ein Institut nimmt heute noch einen Koffer voller Banknoten an, ohne einen Nachweis über deren Herkunft zu verlangen.
Für Intensivtäter bleiben nur noch rechtsstaatlich entwicklungsfähige Länder des früheren Ostblocks oder Afrikas übrig. Wer dorthin flüchtet, sollte sich allerdings darüber im Klaren sein, dass er sein Schwarzgeld möglicherweise überhaupt nicht mehr wiedersieht.
Für gutbürgerliche Flüchtlinge schrumpft die Zahl der Steuerparadiese drastisch. Fast alle karibischen Traumziele haben sich inzwischen zum automatischen Informationsaustausch nach den OECD-Standards verpflichtet. Singapur, früher ein regelrechtes Piratennest an der Straße von Malakka, führt heute strenge Geldwäschekontrollen durch und will mit Schwarzgeld von Deutschen nichts zu tun haben.
Welche Strafen Steuertricksern drohen
Hier wird in der Regel eine Geldstrafe verhängt, die in etwa einem Jahresnettoeinkommen des Steuerpflichtigen entspricht.
Die Strafverfolgungsbehörden ermitteln die Geldstrafe nach so genannten Tagessätzen. Der Geldbetrag für einen Tagessatz soll dem Tagesnettoeinkommen entsprechen.
Hat jemand ein Jahreseinkommen von 50.000 Euro brutto und Abzüge von 20.000 Euro für Steuern, Versicherungen und ähnlichem, so wäre der Tagessatz 82 Euro (gerechnet: 30.000:365).
Bei einer Hinterziehung von 10.000 Euro werden in der Regel 365 Tagessätze verhängt. Das bedeutet im Beispielsfall 365x82 = 29.930 Euro. Die Geldstrafe läge also bei rund 30.000 Euro.
Bei hohen Einkommen kann laut Experten die Strafe durchaus höher als die hinterzogene Steuer sein. Schließlich soll sich Steuerhinterziehung ja nicht lohnen.
Bei 20.000 Euro kommt man zu rund 440 Tagessätzen. Die Strafe läge im Beispielsfall dann 36.080 Euro.
Es ist bekannt, dass in den verschiedenen Bundesländern unterschiedlich streng bestraft wird. Eine interne Tabelle weist dies nach. Insofern gelten die hier genannten Strafrahmen nicht absolut, sondern sind lediglich Faustregeln.
Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Az. 1 StR 525/11) ist die Chance, auch bei schweren Steuervergehen um eine Haftstrafe herumzukommen, deutlich gesunken. Die Karlsruher Richter haben mit ihrer Entscheidung ein Urteil des Landgerichts Augsburg kassiert, das einen Unternehmer wegen 1,1 Millionen Euro hinterzogener Steuern nur zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt hatte. Dieses Strafmaß sei zu gering, entschied der BGH. Das Urteil liegt im Trend, glaubt Martin Wulf von der auf Steuerstrafrecht spezialisierten Kanzlei Streck Mack Schwedhelm: „In der Tendenz ziehen die Sanktionen an“, sagt der Jurist.
Neben den USA ist Deutschland eine der treibenden Kräfte im Kampf für mehr Steuerehrlichkeit. Der amerikanische Finanzminister Timothy Geithner musste sich sogar von Schäuble die Klage anhören, dass US-Großkonzerne wie Google Hunderte Milliarden Dollar in der Karibik steuerfrei deponieren. Dabei handelt es sich um globale Gewinne mit Ausnahme derjenigen, die in den USA erwirtschaftet und dort brav versteuert werden. Zu Schäubles Ärger ist die Bermuda-Konstruktion nach internationalem Recht jedoch nicht zu beanstanden. Die USA verfügen eben über die Macht, sich über internationales Recht hinwegzusetzen, um sich die Steuern seiner Bürger und Unternehmen überall auf der Welt zu sichern.
Schäuble strickt an seinem Netz
So weit kann und will die Bundesregierung nicht gehen. Stattdessen strickt der Finanzminister emsig an seinem internationalen Informations- und Kontrollnetz, um sich so deutsches Steuersubstrat überall auf der Welt zu sichern:
- Sein Ministerium durchforstet sämtliche Doppelbesteuerungsabkommen nach Schwachstellen. Aufstrebende Länder wie die Türkei oder Brasilien verlieren ihren Sonderstatus. Bei Ländern mit niedrigen Steuersätzen vereinbaren die Unterhändler neuerdings, dass die dort begünstigten deutschen Bürger und Unternehmen hierzulande die Differenz zum heimischen Steuersatz nachversteuern müssen.
- Informationsabkommen sind mit möglichst allen Ländern der einst grauen OECD-Liste geplant, um Daten von deutschen Steuerpflichtigen zu sammeln.
- Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) wird personell aufgestockt, um die Daten besser auswerten zu können. "Schäubles Geheimdienst", wie Kritiker das BZSt auch nennen, baut überdies enge Kontakte zu ausländischen Finanzbehörden auf.