Steuerhinterziehung Wie Schäuble weltweit Steuersünder jagt

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Kaltblütige bleiben in Deckung

"Die Steuer-CDs haben ihren Zweck erfüllt", sagt Koschyk auch mit Blick auf die vielen Selbstanzeigen. "Die CDs waren sicher ein Anlass, dass die Schweiz das Abkommen mit uns verhandelt hat, eine Zukunftslösung sind sie nicht", sagt Schäubles Staatssekretär. Und mit dem Abkommen könne man künftig "auch die ganz Coolen nachversteuern, die sich selbst von den Steuer-CDs nicht haben erschrecken lassen".

Die Kaltblütigen warten derweil ab, ob der Bundesrat dem Steuerabkommen mit der Schweiz überhaupt zustimmt. Falls ja, können sie sich immer noch selbst anzeigen für den Fall, dass sie sich dann besserstellen als bei der Pauschalsteuer von mindestens 21 Prozent auf alles. Falls nein, bleiben sie einfach weiterhin in Deckung.

SPD und Grüne wollen jeden Steuerflüchtling zur Kasse bitten

"Was wollen wir eigentlich?", fragt Koschyk angesichts dieser Hängepartie. "Wollen wir mit CDs einige Steuerhinterzieher von zwei oder drei Banken bestrafen? Oder wollen wir per Abkommen alle Deutschen bei 370 Schweizer Banken Steuern zahlen lassen?"

Doch SPD und Grüne sind fixiert darauf, jeden einzelnen Bundesbürger mit Schweizer Schwarzgeldkonten zur Rechenschaft zu ziehen, so hypothetisch dies auch sein mag. Im Feuereifer gegenüber den Eidgenossen übersehen sie, dass die EU-Mitgliedstaaten Österreich und Luxemburg in Sachen Transparenz weit weniger kooperativ sind als die Eidgenossen. Beide Länder sperren sich gegen einen automatischen Informationsaustausch, weil sie ihre Kunden nicht ans Messer der deutschen Finanzbehörden liefern wollen. In Österreich gibt es immer noch anonyme Sparbücher bis zu einer Höhe von je 15 000 Euro. Österreich und Luxemburg stehen genauso wie die Schweiz auf der OECD-Beobachtungsliste mit steuerrechtlichen Defiziten.

Die Verträge mit der Schweiz, Singapur und auch Montserrat fügen sich in Schäubles Strategie, die auf Peitsche und Zuckerbrot, Kommunikation und Kooperation aufbaut. Der steht die Schrotschuss-Politik von Walter-Borjans und Steinbrück diametral gegenüber. Setzt NRW weiter auf den Ankauf von Steuer-CDs und verweigert die Zustimmung zum deutsch-schweizerischen Abkommen, dann "führen wir den Status quo weiter", sagt der Schweizer Finanzstaatssekretär Ambühl. Dann gebe es keine Vergangenheitsregulierung, keine flächendeckende Nachversteuerung und nur Amtshilfe nach dem OECD-Mindeststandard.

Keine Frage: Ohne ein Abkommen mit der Schweiz bliebe Schäubles Strategie nur Stückwerk – doch mit dem Abkommen käme die Vertreibung der Steuersünder auch aus den letzten Paradiesen in Gang.

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