Streit um Verbraucherklagen Länder geben Justizminister Maas Rückendeckung

Die SPD will Verbraucherklagen gegen Konzerne erleichtern. Doch ein Gesetzentwurf von Justizminister Maas wird vom Kanzleramt blockiert. Nun schalten sich die Länder ein – mit einem Appell an die Bundesregierung.

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Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) in Deidesheim (Rheinland-Pfalz) bei der Justizministerkonferenz der Länder. Quelle: dpa

Berlin In den Streit um Musterklagen, bei denen etwa Verbraucherverbände stellvertretend für mehrere Kunden Schadenersatzansprüche geltend machen könnten, schalten sich jetzt die Justizminister der Länder ein. In einer Beschlussvorlage der im pfälzischen Deidesheim tagenden Minister wird die Bundesregierung aufgefordert, einen entsprechenden Gesetzentwurf von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) nicht länger zu blockieren. Pikant ist, dass nun auch CDU-geführte Länder gegen die Unions-Blockade Front machen.

„Um die Diskussion voranzubringen, bitten die Länder die Bundesregierung, den Gesetzentwurf unverzüglich vorzulegen und sie bei der weiteren Diskussion intensiv zu beteiligen“, heißt es in dem Beschluss, der vom Bundesjustizministerium verbreitet wurde. Die Minister machen unmissverständlich klar, dass sie es als erforderlich ansehen, die Möglichkeiten der Rechtsverfolgung für Verbraucher durch „geeignete Institute kollektiven Rechtsschutzes“ zu verbessern, wobei die Interessen der Unternehmen sowie gesamtwirtschaftliche Belange zu wahren und vor allem eine Überlastung der Justiz durch Massenverfahren zu vermeiden seien.

Ausdrücklich wird Maas dafür gedankt, dass er einen Gesetzentwurf entwickelt habe, „in dem er mit der verbraucherrechtlichen Musterfeststellungsklage ein Instrument für verbesserten Rechtsschutz vorschlägt“. Zugleich betonen die Länderminister mit Blick auf den Streit in der Großen Koalition bei dem Thema die Notwendigkeit einen Konsens herbeizuführen, der den Interessen möglichst aller Beteiligten gerecht werde.

Maas begrüßte den Beschluss der Justizministerkonferenz. „Unser Gesetzentwurf liegt auf dem Tisch. Wenn die Union ihre Blockade aufgibt, könnten wir ihn jederzeit beschließen“, sagte er. „Ansonsten wird das sicher auch Thema im Wahlkampf werden.“

In diese Richtung hatte sich auch SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz am Montag beim Verbrauchertag in Berlin geäußert. Er versprach, dass die SPD im Falle eines Wahlsiegs rasch Verbraucherklagen gegen Konzerne erleichtern wolle. „Die Musterfeststellungsklage wird mit uns schnell kommen“, sagte Schulz. Das Gesetz für eine Musterfeststellungsklage würde den Weg etwa für vergleichsweise unaufwendige Schadensersatzansprüche gegen Volkswagen in der Dieselabgas-Affäre ermöglichen. Eine Diskussion und Verabschiedung des Gesetzentwurfs für eine Musterfeststellungsklage werde aber „seit Monaten vom Bundeskanzleramt blockiert“.

Bei der Musterfeststellungsklage handelt es sich um eine Art Verbandsklagerecht. Dabei verklagt ein Verband ein Unternehmen, wenn bei vielen Verbrauchern ähnlich gelagerte Schäden vorliegen. Das Urteil aus diesem Prozess kann dann als Basis für gerichtliche Einzelfall-Entscheidungen oder für Vergleiche dienen. Gegenwärtig scheuen häufig viele Geschädigte einen Schadenersatzprozess gegen ein Unternehmen, weil sie Risiken und Kosten fürchten.

Eine Musterfeststellungsklage wäre aus Sicht von Maas ein großer Fortschritt. Ein Verband könne dann gegen ein Unternehmen klagen, Richter würden zentrale Streitfragen klären, erläuterte er. Kunden, die vor dem gleichen Problem stünden, könnten sich in ein Register eintragen und so von der gerichtlichen Entscheidung profitieren. „Das Urteil zur Musterklage wäre dann die Grundlage für die gerichtliche Entscheidung zu jedem Einzelfall oder für Vergleiche“, so Maas. In der Praxis könne man sich dann viele umfangreiche Prozesse sparen. Und eine Überlastung der Justiz durch Massenverfahren könne vermieden werden.

Die Musterfeststellungsklage hätte aber nicht nur für die Verbraucher, sondern auch für die Unternehmen „große Vorteile“, betonte der Minister. „Und: Kundinnen und Kunden könnten mit ihrer Registrierung die Verjährung der Ansprüche vermeiden.“

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