20.000 Betriebsärzte wollen loslegen „Wenn man kreativ ist, lässt sich eine sehr hohe Zahl Menschen impfen“

Die Betriebsärzte vieler Unternehmen fühlen sich bereit für Impfungen in Firmen. Quelle: dpa

Viele deutsche Firmen wollen im Haus impfen. Im Juni sollen die Betriebsärzte dafür Impfstoff erhalten, verkündet Jens Spahn. Deutschlands oberste Betriebsärztin erklärt, wie die Organisation von Impfungen in Unternehmen gelingt.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Nach Plänen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sollen ab Juni auch Betriebsärzte in die Corona-Impfungen einsteigen. „Wie angekündigt, gewinnt die Impfkampagne im zweiten Quartal deutlich an Geschwindigkeit“, sagte der CDU-Politiker mit Blick auf aktuellen Lieferzusagen der Hersteller Biontech und Moderna. Dazu würden noch Dosen von AstraZeneca und Johnson & Johnson kommen. „Damit erhalten Arztpraxen und Länder mehr Planungssicherheit für Mai und Juni. Und das ermöglicht uns, bereits im Juni auch die Betriebsärzte in die Impfkampagne zu integrieren.“

Zu möglichen Impfungen in den Betrieben gab Anette Wahl-Wachendorf, Vizepräsidentin des Verbands Deutscher Betriebs- und Werksärzte, der WirtschaftsWoche bereits Anfang März folgendes Interview. Die promovierte Medizinerin arbeitet als Ärztliche Leiterin des Arbeitsmedizinischen Dienstes der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU).

WirtschaftsWoche: Fast alle der Dax-30-Konzerne haben angekündigt, ihre Mitarbeiter auch selbst gegen Covid-19 impfen zu wollen. Wird denn irgendwo in Deutschland schon in Unternehmen geimpft?
Anette Wahl-Wachendorf: Nach meiner Kenntnis passiert das noch nicht, der Impfstoff ist noch sehr knapp. Es läuft nicht so zügig wie erhofft mit dem Impfen in Deutschland. Große Konzerne haben sich aber schon konkret um die Logistik gekümmert und die stehen bereit loszulegen. Einige haben ja angekündigt, sie würden auch die Familienangehörigen ihrer Mitarbeiter mit impfen können. So lassen sich viele Menschen erreichen.

Was wissen Sie aus den vielen mittleren und kleineren Unternehmen, die oft keine eigenen Betriebsmediziner haben?
Die bereiten sich auch vor und wollen mit dem Impfen loslegen. Es geht darum, bestimmte Räume zum Impfen auszuweisen und Abläufe zu organisieren. Das kann über Betriebsärzte geschehen, die in ihren Praxen Mitarbeiter mehrerer Unternehmen betreuen.

Die Antwort scheint für viele klar: Den mRNA-Vakzinen steht eine große Zukunft bevor. Doch was unterscheidet eigentlich die beiden Arten von Impfstoffen? Und was passiert dabei im Körper?
von Jürgen Salz


Einige der Beschäftigten haben Vorbehalte gegen das Impfen. Wie sollten sich Arbeitgeber da verhalten?
Es ist gut, dass die Bundesregierung eine sehr liberale Haltung vertritt und niemanden zum Impfen verpflichten will. Im Unternehmen sollte aber über die Immunisierung gut aufgeklärt werden und sollten durchaus die Vorteile benannt werden. Betriebsärzte können auch auf Ängste der Menschen eingehen. Immer gilt die Schweigepflicht, wer beim Impfen war oder nicht.

Was können jetzt kleinere Unternehmen tun, die eine Impfung nicht selber organisieren können, aber schnell wieder zur Normalität zurück wollen?
Jedes Unternehmen – auch ein Zwei-Mann-Betrieb – wird in Deutschland betriebsärztlich betreut. So lassen sich also sehr viele Menschen erreichen. Da kann in den Praxen geimpft werden. Wenn man kreativ ist, lässt sich eine sehr hohe Zahl Menschen impfen. Es gibt 15.000 bis 20.000 Betriebsärzte und wenn man dabei noch Teams von freiwilligen Helfern etwa vom Roten Kreuz einsetzt, lassen sich schnell sehr viele Dosen verabreichen.

Mutmaßlich ist es aber komplizierter als die jährliche Grippeimpfung, die Beschäftigten oft über ihre Firma angeboten wird...
Das Vakzin ist empfindlicher als das gegen die Grippe, es braucht zwei Immunisierungen und dann sind die Meldepflichten ans Robert-Koch-Institut komplizierter als bei der Grippeimpfung. Außerdem kann man sich den Impfstoff nicht selbst besorgen, der wird vom Staat gekauft und weitergegeben. Ja, es ist aufwändiger, auch weil man nicht einfach zehn Patienten ins Wartezimmer setzen kann.

Das interessiert WiWo-Leser heute besonders

Geldanlage Das Russland-Risiko: Diese deutschen Aktien leiden besonders unter dem Ukraine-Krieg

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine belastet die Börsen. Welche deutschen Aktien besonders betroffen sind, zeigt unsere Analyse.

Krisenversicherung Warum Anleger spätestens jetzt Gold kaufen sollten

Der Krieg in der Ukraine und die Abkopplung Russlands von der Weltwirtschaft sind extreme Inflationsbeschleuniger. Mit Gold wollen Anleger sich davor schützen – und einer neuerlichen Euro-Krise entgehen.

Flüssigerdgas Diese LNG-Aktien bieten die besten Rendite-Chancen

Mit verflüssigtem Erdgas aus den USA und Katar will die Bundesregierung die Abhängigkeit von Gaslieferungen aus Russland mindern. Über Nacht wird das nicht klappen. Doch LNG-Aktien bieten nun gute Chancen.

 Was heute noch wichtig ist, lesen Sie hier

Wenn Sie jetzt als Betriebsärztin impfen würden und jemand käme skeptisch zu Ihnen – was würden Sie raten?
Ich würde immer zeigen, was dafür und was dagegen spricht. Die Vorteile überwiegen eindeutig.

Was muss die Politik tun, damit das Impfen bald auch bei Betriebsärzten passieren kann?
Wir brauchen überhaupt erst einmal ein Kontingent an Impfstoff. Und dann müsste uns diese Leistung bezahlt werden, so wie sie den Kollegen auch bezahlt wird, die Dienst in den Impfzentren leisten. Sonst können wir nicht starten.

Mehr zum Thema: 20.000 Betriebsärzte in Deutschland könnten bei den Corona-Impfungen einen zusätzlichen Schub bringen. VW hat in Zwickau bereits losgelegt, auch RWE wäre bereit.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%