Die Schlussphase des Wahlkampfes fügte sich nahezu nahtlos in die Kette von Fehlern, die sich die Freidemokraten seit ihrem fulminanten Wahlsieg vor vier Jahren geleistet haben. Angefangen von Westerwelles Fehlentscheidung, in den Koalitionsverhandlungen nicht Steuersenkungen und die Übernahme des Finanzministeriums zu erzwingen, sondern sich selbst das bedeutungslose Prestigeamt des Außenministers zu sichern.
Zusätzlich ließ er sich und seinem Generalsekretär Dirk Niebel noch das Entwicklungsressort andrehen, das die FDP eigentlich abschaffen wollte. Beide merkten nicht einmal, wie die Union sie mit dieser Ämtervergabe erniedrigten.
Dann kam die so genannte Boy Group um den damaligen Gesundheitsminister Rösler, seinen Staatssekretär Daniel Bahr und Generalsekretär Christian Lindner auf die Idee, nicht nur Westerwelle zum Amtsverzicht zu drängen – was nach dessen Äußerungen über die „spätrömische Dekadenz“ vielleicht Erfolg versprechend war. Aber sie verbanden das mit einer wahnwitzigen Rochade: Um Rösler das vermeintlich angenehmere Ressort Wirtschaft zuzuschanzen, drängten sie Rainer Brüderle zum Verzicht von seinem Traumposten – dummerweise der einzige bis dahin positiv bei den Wählern gewertete FDP-Minister.
Unter Röslers Ägide wurde es nicht besser. Trotz anderslautender Empfehlungen seiner Fachbeamten und seiner politischen Berater traute er sich nicht an das Thema Energiepolitik heran. Statt die ausufernden Kosten der Erneuerbaren Energien zum Thema und sich und seine Partei als Garanten gegen eine Überforderung der Bürger und der Wirtschaft zu positionieren, setzte er auf Leisetreterei. Mal wollte er sich mit dem damaligen Umweltminister Norbert Röttgen nicht anlegen, dann wollte er dessen Nachfolger Peter Altmaier eine faire Chance geben. Der nutzte sie und legte allein ein Konzept gegen den Preisanstieg vor. Ein klares marktwirtschaftliches Gegenkonzept lag im Bundeswirtschaftsministerium zwar vor, aber Rösler mochte es öffentlich nicht vertreten. Er und sein neuer Generalsekretär Patrick Döring glaubten, das mache nur die Grünen stark.
„Es gibt in Deutschland immer Platz für eine liberale Partei“, sagt der frühere Bundesgeschäftsführer und strategische Kopf der FDP, Jürgen Beerfeltz. „Sie muss sich nur als solche zu erkennen geben.“ Ähnlich beurteilt auch der sächsische Landeschef und stellvertretende Bundesvorsitzende Holger Zastrow die Lage: „Unsere Wähler wollen klare Positionen, kein Wischiwaschi.“ Sein Landesverband vertritt bei vielen Themen entschiedenere Haltungen als die Bundespartei.