Wahlkampf Wie die CDU Schulz von links attackiert

Die CDU will in der von der SPD im Wahlkampf angestoßenen Gerechtigkeits-Debatte aufholen. Schulz wolle Dinge korrigieren, die zu vielen Verbesserungen geführt haben. Der CDU gehe es hingegen „um die wahren Probleme“.

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Die CDU legt sich konkrete Punkte im Wahlkampf um die Gerechtigkeit-Debatte zurecht und versucht die SPD im gleichen Zuge dabei zu kritisieren. Quelle: dpa

Berlin Mit Martin Schulz rückt die Frage ins Zentrum, wie gerecht es in Deutschland zugeht. „Bei unserem Programm wird es um Gerechtigkeit, um Respekt und um Würde gehen“, hat der SPD-Kanzlerkandidat angekündigt. Er will gleiche Bezahlung von Männern und Frauen, Begrenzung der Managergehälter, kostenlose Kitas. Die Union wirkt ratlos.

Doch nun schickt sich die CDU an, Schulz auf dem Feld der Gerechtigkeit Paroli zu bieten. Die bisherigen Pläne des SPD-Hoffnungsträgers – so die Christdemokraten – helfen ausgerechnet denen nicht, die Hilfe am nötigsten brauchen.

Es ist ein Dreiklang, mit dem Sozialpolitiker der Union jetzt argumentieren:

Erstens: Die Agenda 2010, die Schulz korrigieren will, hat aus Unionssicht zu vielen Verbesserungen geführt. Mit 2,7 Millionen lag die Zahl der Arbeitslosen 2016 im Schnitt auf dem niedrigsten Stand seit einem Vierteljahrhundert. „Gerade auch ältere Arbeitnehmer profitieren vom Job-Wunder“, sagt der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Karl Schiewerling (CDU). So sei die Beschäftigungsquote bei 60- bis 64-Jährigen von 2005 bis 2015 von 30 auf 53 Prozent gestiegen.

Zweitens: Das Konkreteste, was die SPD bisher im Wahlkampf für den Arbeitsmarkt angekündigt hat, geht laut Union an den echten Problemen vorbei. Gemeint ist das Arbeitslosengeld Q. Die Sozialdemokraten wollen, dass der Bezug des ALG I verlängert werden kann – und zwar um die Zeit, in der die Arbeitslosen eine Weiterqualifizierung der Bundesagentur für Arbeit (BA) absolvieren. Die Arbeitgeber warnen vor dem ALG Q als Instrument zur Frühverrentung. Schiewerling wendet zudem ein, viele Unternehmen erkennen Weiterbildungsmaßnahmen der BA gar nicht als vollwertig an. „Die Pläne von Martin Schulz dürften dem Ziel, mehr Arbeitnehmer gut zu qualifizieren, deshalb sogar schaden.“

Drittens: Die Politik sollte sich „um die wahren Probleme kümmern“, wie der CDU-Arbeitsmarktpolitiker Kai Whittaker sagt. „Seit Jahren stagniert die Zahl der Langzeitarbeitslosen bei rund einer Million.“ Vor allem brauche es Reformen für Hartz-IV-Empfänger und Geringverdiener. Schiewerling meint: „Das Ziel muss sein, dass etwa langjährige Hartz-IV-Bezieher in den Arbeitsmarkt kommen und dort auch bleiben.“ Alleinerziehende und Ältere seien oft besonders stark betroffen. „Vor allem dürfen wir aber auch Kinder aus sozial schwächer gestellten Familien nicht vergessen.“

Was schwebt den CDU-Politikern vor? Gerade Langzeitarbeitslose müssten qualifiziert werden – denn mehr als jeder zweite habe keine abgeschlossene Berufsausbildung. Steuerliche Entlastungen für Geringverdiener müssten dazu kommen, so dass sich der Abstand von Lohn zu Sozialleistungen vergrößert und Arbeit für sie mehr lohnt. Schiewerling betont: „Wir müssen die Kräfte vor allem in problematischen Regionen konzentrieren.“ Bund, Länder und Kommunen müssten hier ihre Anstrengungen bündeln.

Auch die Opposition wirft Schulz vor, seine Ansagen zielten zu wenig auf wirklich Bedürftige – und im Vergleich dazu zu sehr auf Facharbeiter und andere Menschen mit geringeren Problemen auf dem Jobmarkt. Allerdings haben Schulz und Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) auch bereits einen Kampf gegen Niedriglöhne angekündigt.

Nahles will Langzeitarbeitslose zudem mit hohen Zuschüssen für Unternehmen wieder in Arbeit bringen, wie sie am Freitag ankündigte. Im ersten Jahr sollen Firmen die Lohnkosten für sie zu 100 Prozent ersetzt bekommen. Der Beschäftigungszuschuss soll dann jährlich verringert werden und nach fünf Jahren ganz auslaufen. Nahles meint, das Konzept könne erst in der nächsten Legislaturperiode umgesetzt werden.

CDU-Politiker Schiewerling legt den Fokus insgesamt auf die Ärmsten: „Der Staat und damit wir alle kümmern uns um die Menschen, die sich nicht ausreichend um sich selbst kümmern können und um die, um die sich in ihrem Umfeld keiner mehr kümmert.“ Auch Langzeitarbeitslose sind potenzielle Wähler.

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