Zeitenwende Christine Lambrecht wird zur Belastung der Regierung

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) Quelle: dpa

Ein neuer Montag, eine neue Krisensitzung im Verteidigungsministerium. Diesmal geht es um den F-35-Tarnkappenbomber. Vor allem bei ihren Verbündeten schwindet das Vertrauen in Verteidigungsministerin Lambrecht (SPD). Das kann nicht mehr lange gut gehen. Ein Kommentar.

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Und noch eine Krisensitzung im Verteidigungsministerium. Heute ging es um den Tarnkappenbomber F-35 des US-Unternehmens Lockheed Martin. Über dessen Beschaffung will der zuständige Bundestagsausschuss eigentlich kommende Woche entscheiden, aber es gibt Probleme. Und in diesem Zusammenhang einmal mehr laute Kritik an Christine Lambrecht (SPD) – und das aus den eigenen Ampel-Reihen. Die Vorwürfe klingen dabei eigentlich immer gleich: Die Verteidigungsministerin habe das eigene Haus nicht im Griff, die Ministerin plane nicht ordentlich, die Ministerin ignoriere Tatsachen, die Ministerin verhandele schlecht. Sie wisse nicht, was los ist. Sie fehle. Sie sei uninformiert. 

Mit jedem Anlass, zu dem solche Geschichten hinter vorgehaltener Hand erzählt werden, wächst der Frust ein Stückchen mehr. Das Vertrauen für Lambrecht, es war nie riesig in den eigenen Reihen. Erst recht nicht im Ministerium oder der Rüstungsindustrie. Aktuell reißen die Beschwerden aber gar nicht mehr ab. Sie werden ganz öffentlich von Verbündeten wie Gegnerinnen vorgetragen. Bundeskanzler Olaf Scholz sollte sich dieser Tage der Frage widmen, wie lange er dieser Live-Demontage seiner Ministerin noch zusehen möchte. Und ob diese Demontage nicht auch ein Grund dafür ist, warum es mit der militärisch-finanziellen Umsetzung seiner Zeitenwende nicht so recht klappen mag. 

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Immerhin begann die Kritik an Lambrecht bereits zu Beginn der Legislatur: Sie habe den Job eigentlich gar nicht machen und stattdessen Innenministerin werden wollen, hieß es damals. Es folgten Negativschlagzeilen rund um ein Reisefoto ihres Sohnes aus einem Bundeswehr-Hubschrauber. Leidige Diskussionen um zu wenige Waffenlieferungen in die Ukraine. Und dann? Geriet ausgerechnet die milliardenschwere Wieder-Ausrüstung der Bundeswehr ins Stocken, die nun einmal in Lambrechts Verantwortung fällt. 

Schneller schlau: Bundeswehr

Bestellungen blieben aus, Anschaffungspläne musste das Ministerium nach Kritik aus dem Bundesrechnungshof erst einmal zusammenstreichen. Aus dem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr fließt noch immer kein Geld ab. Schließlich folgte in den vergangenen Wochen ein öffentlich ausgetragener Streit mit der Industrie über fehlende und nicht bestellte Munition. Sogar eine offizielle – gefühlt geradezu genüsslich vorgetragene – Ermahnung des Finanzministeriums fing sich Lambrecht bei ihrem Versuch ein, mehr Mittel für den Munitionskauf zu bekommen. Bitte erst einmal ordentlich mit den vorhandenen Mitteln planen, so der Appell.

Jetzt werden auch noch die 35 geplanten US-Flugzeuge teurer als gedacht: rund zehn Milliarden Euro. Auch gibt es Schwierigkeiten mit der Infrastruktur am Fliegerhorst Büchel, wo die Bomber stationiert werden sollen. Zu strenge Sicherheitsvorgaben der US-Amerikaner führen offenbar dazu, dass die neue Homebase nicht rechtzeitig fertig werden könnte. Von einer Baustelle kann der atomwaffenfähige Bomber aber nicht starten. Auch für andere Anschaffungen wie den neuen schweren Transporthubschrauber muss auf den Stützpunkten erst Platz geschaffen werden. Davor warnten viele, aber die Regierung machte einfach weiter. 

Eine schnelle Befähigung der Bundeswehr zur Landes- und Bündnisverteidigung sieht anders aus. Das ist nun wirklich nicht alles allein Lambrechts Schuld. Aber ein Machtwort oder gar die Lösung der Probleme trauen ihr mittlerweile offenkundig gerade ihre Verbündeten kaum noch zu.

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