
Frankreichs Arbeitsministerin Myriam El Khomri hat sich viel vorgenommen. Damit das auch jeder weiß, twitterte sie diese Woche: „Politisch entscheidend ist meine Entschlossenheit.“ Und an der soll niemand zweifeln. Schließlich rührt sie an einem Tabu: der 35-Stunden-Woche, dem letzten großen Heiligtum der französischen Sozial- und Arbeitsmarktpolitik.
Ein von der Ministerin verantworteter Gesetzentwurf soll es Unternehmen künftig erleichtern, längere Regelarbeitszeiten zu vereinbaren. Vorbild dafür ist das Smart-Werk im lothringischen Hambach. Die Daimler-Tochter hat nach langen Verhandlungen eine 39-Stunden-Woche eingeführt. Hätten die Arbeiter dort der längeren Arbeitszeit nicht zugestimmt, hätte Daimler den Zweisitzer künftig im slowenischen Novo Mesto bauen lassen.





Weil 56 Prozent der Belegschaft sich dafür aussprachen, aber die Gewerkschaftsoberen dagegen, legte die Betriebsleitung zum Jahreswechsel jedem einzelnen der 800 Mitarbeiter einen neuen Arbeitsvertrag vor. 90 Prozent unterschrieben, 39 Stunden zu arbeiten und nur 37 bezahlt zu bekommen. Dafür bekamen die Arbeiter eine Beschäftigungsgarantie bis 2020.
Solche Modelle überzeugen nicht jeden. Aus Protest gegen das neue Arbeitszeitgesetz gingen in dieser Woche Tausende von Demonstranten auf die Straße. Rund 70 Prozent der Franzosen lehnen Umfragen zufolge die von Ministerin El Khomri angekündigte Änderung des Arbeitsrechts ab. Dennoch will die sozialistische Führung des Landes dem Streit nicht aus dem Weg gehen – gut ein Jahr vor den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen. Denn die Arbeitslosenquote verharrt seit drei Jahren bei über zehn Prozent. Präsident François Hollande hat angekündigt, sich nicht erneut zur Wahl zu stellen, wenn keine Besserung einkehrt.