
Die Deutschen lassen sich offenbar gerne von den Niederländern inspirieren. Zu den bisherigen Importen gehören fragwürdige TV-Formate wie „Big Brother“ oder „Adam sucht Eva – Gestrandet im Paradies“. Aber auch sinnvolle Dinge wie der Wahl-O-Mat.
Das Online-Tool, das Übereinstimmungen des Nutzers mit den politischen Parteien zählt, heißt im Niederländischen „StemWijzer“ und wurde 1989 zum ersten Mal veröffentlicht. Damals noch als Fragebogen auf Diskette und Papier.
Seit 2002 gibt es das deutsche Pendant, den Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung. Insgesamt wurde er im Vorfeld von Wahlen bislang mehr als 39 Millionen Mal genutzt. Allein bei der Bundestagswahl 2013 zählten die Macher 13,3 Millionen Nutzungen.
Wer die Anwendung noch nicht kennt: Der Wahl-O-Mat ist ein Frage-und-Antwort-Werkzeug. Es zeigt, welche zu einer Wahl zugelassene Partei der eigenen politischen Position am nächsten steht. Der Nutzer kann dabei 38 Thesen zustimmen, sie ablehnen oder sich "neutral" äußern.
Alle Parteien wurden im Vorfeld gebeten, die Thesen ebenfalls zu bewerten und eine Begründung zu formulieren. Die eigenen Antworten werden mit denen der Parteien abgeglichen, der Grad der Übereinstimmung mit den ausgewählten Parteien errechnet.
Infos zum Wahl-O-Mat
Der Wahl-O-Mat wurde erstmalig 2002 zur Bundestagswahl eingesetzt und von der Zentrale für Politische Bildung entwickelt. Nach und nach übernahmen auch die Landeszentralen das Tool, das Voting Advice Application (VAA) genannt wird.
Der Wahl-O-Mat ist eine Applikation, die ausschließlich politische Positionen beziehungsweise Sachfragen, in den Vordergrund stellt: Zwischen 30 und 40 Thesen zu politischen Fragen, die im Wahlkampf eine Rolle spielen, werden präsentiert.
64,4 Prozent der Befragten bejahen die Aussage, dass der Wahl-O-Mat ihnen dabei geholfen habe, die Unterschiede zwischen den Parteien klarer werden zu lassen. Fast die Hälfte der Befragten (48,1 Prozent) bestätigt, dass der Wahl-O-Mat sie auf bundespolitische Themen aufmerksam gemacht habe, die den Wahl-O-Mat-Usern in ihrer Entscheidungsfindung zuvor nicht präsent waren.
Viele Wahl-O-Mat-Nutzer (70,5 Prozent) geben an, dass sie über das Wahl-O-Mat-Ergebnis mit anderen sprechen werden. 52,1 Prozent der Wahl-O-Mat-Nutzer sagen, dass sie sich im Anschluss an das Spielen des Wahl-O-Mat weiter politisch informieren werden. Eine entsprechend hohe Klickzahlen auf weiterführenden Dossiers zu den Themen legen nahe, dass sie das tatsächlich tun.
Wahl-O-Mat-Nutzer sind jünger sind als die Online-Gemeinde und damit deutlich jünger als die deutsche Bevölkerung. 38,4 Prozent geben an, unter 30 Jahre alt zu sein. Die Wahl-O-Mat-Nutzer sind zudem formal hoch gebildet: Rund 45 Prozent der Befragten verfügen über einen Hochschulabschluss oder sind im Begriff, diesen zu erwerben; der Anteil derjenigen mit formal niedriger Bildung ist gering; weniger als ein Drittel gibt an, einen Hauptschulabschluss/Mittlere Reife zu besitzen oder anzustreben.
Nur 7,1 Prozent der Befragten gaben an, dass der Wahl-O-Mat sie motiviert habe, tatsächlich an der Bundestagswahl teilzunehmen, obwohl sie dies nicht vorgehabt hatten. Und obgleich die Hälfte der Befragten äußert, dass der Wahl-O-Mat ihnen bei der Wahlentscheidung geholfen habe (46,1 Prozent), sagt nur ein geringer Teil der Befragten (rund acht Prozent), dass sie ihre Wahlabsicht aufgrund der Wahl-O-Mat-Nutzung "voraussichtlich" ändern werden. Ob dies tatsächlich geschieht, kann wiederum nicht nachgehalten werden. Die Frageformulierung legt nahe, dass der reale Anteil deutlich niedriger liegt.
Stefan Marschall 2011/Bundeszentrale für politische Bildung/Landeszentralen für politische Bildung
Bei den Parteien ist die Beantwortung der Fragen Chefsache. Bei der CDU wie auch bei der SPD blickt der Parteivorstand auf die Antworten zu den Thesen. Fehler könnten wichtige Stimmen kosten – insbesondere bei den Jungwählern, die die Anwendung überproportional stark nutzen.
Mehr als ein Drittel (34,9 Prozent) der Wahl-O-Mat-Nutzer ist zwischen 18 und 29 Jahre alt, 43,8 Prozent sind zwischen 30 und 49 Jahre alt, hat Stefan Marschall festgestellt. Der Professor für Politikwissenschaften an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf hat das Tool in einer Studie zur Bundestagswahl 2009 unter die Lupe genommen.
Die meisten Nutzer wollen demnach überprüfen, ob ihre Wahlabsicht Sinn ergibt. „Bei einem Großteil der Nutzer ist das der Fall. Zumindest, wenn man in politischen Lagern denkt“, sagt Marschall. So hatten 28,1 Prozent der Nutzer des Wahl-O-Mat tatsächlich die meisten Übereinstimmungen mit der Partei, die im Vorfeld bereits präferiert wurde. Bei 63,5 Prozent der Nutzer gab es die größten Schnittmengen immerhin mit einer der Parteien aus dem jeweiligen Lager (etwa FDP bei bürgerlichen Wählern, Grüne bei SPD-Wählern, etc.). Nur bei 8,4 Prozent der User wich das Ergebnis deutlich von der eigentlichen Parteipräferenz ab.