
Seit Wochen hatten die Experten in Banken und Börsen darauf gewettet, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Wertpapierkäufe verlängert. Dennoch hat EZB-Chef Mario Draghi es geschafft, sie zu überraschen. Zwar kündigte Draghi wie erwartet an, die Wertpapierkäufe, die eigentlich im März 2017 auslaufen sollten, bis mindestens Ende Dezember 2017 fortzusetzen. Doch im Gegenzug soll das monatliche Kaufvolumen von bisher 80 auf 60 Milliarden Euro sinken. Was sich auf den ersten Blick wie die längst überfällige Abkehr vom Kurs der ultralockeren Geldpolitik ausnimmt, ist bei genauerem Hinsehen das glatte Gegenteil.





So erklärte Draghi, die Währungshüter hätten zwei Alternativen erwogen. Zum einen die Verlängerung der Anleihekäufe um sechs Monate bei unveränderten monatlichen Kaufvolumina von 80 Milliarden Euro. Zum zweiten die Verlängerung um neun Monate bei reduzierten monatlichen Kaufvolumina von 60 Milliarden Euro. Dass die Eurohüter sich für die zweite Alternative entschieden haben, heißt, dass sie ab März nächsten Jahres insgesamt 60 Milliarden Euro mehr an Zentralbankgeld (540 statt 480 Milliarden Euro) in den Bankensektor pumpen.
Angesichts der Größenordnung des gesamten Kaufprogramms der EZB mag das wie eine Petitesse erscheinen. Doch Draghi machte zugleich klar, dass die EZB nicht zögern werde, ihre Käufe über 2017 hinaus fortzusetzen, sollte dies nötig werden, um die Euro-Inflation von derzeit 0,6 Prozent auf den Zielwert der EZB von knapp unter 2 Prozent zu hieven. In ihren Prognosen geht die EZB davon aus, dass die Inflation erst in drei Jahren bei 1,7 Prozent liegen wird. Die Frage, ob dann das Inflationsziel erreicht sei, verneinte Draghi.
Im Klartext heißt das: Die Bürger und Unternehmer müssen sich darauf einstellen, dass die Eurohüter die Währungsunion über das Jahr 2019 hinaus mit Geld fluten werden. Sollten sich die wirtschaftlichen Aussichten in den nächsten Monaten eintrüben, behält sich die EZB zudem vor, die Geldschleusen schnell wieder zu öffnen, das monatliche Kaufvolumen könnte dann die anvisierten 60 Milliarden Euro übersteigen.
Darüber hinaus beschlossen die Währungshüter, das Spektrum der Anleihen, die sie kaufen, auszuweiten. So wollen sie demnächst Anleihen mit einer Laufzeit zwischen einem und 30 Jahren kaufen. Bisher erwerben sie nur solche mit Laufzeiten zwischen zwei und 30 Jahren.