Schon seit Tagen wird in Frankreich über ein mögliches Abschalten der Stromversorgung im Krisenwinter diskutiert, und Staatschef Emmanuel Macron hat bereits vor Panik gewarnt. An diesem Freitag simulieren die Behörden das zeitlich begrenzte und kontrollierte Abschalten der Versorgung in einer Region. Weil etliche Atomkraftwerke gewartet werden, wird im Januar mit Engpässen beim Strom gerechnet. Die Regierung hat deshalb mit Vorbereitungen für örtlich begrenzte Stromunterbrechungen bei Spitzenbelastungen begonnen. Damit soll ein unkontrollierter Blackout abgewendet werden.
Sind Probleme zu erwarten?
Nein, es sollen nur Abläufe für eine Abschaltung simuliert werden, ohne dass an dem Tag tatsächlich eine Abschaltung vorgenommen wird.
Weshalb sorgt Frankreich sich um seine Stromversorgung?
Grund für die Gefahr von Versorgungsengpässen ist die verzögerte Wartung etlicher Atomkraftwerke. Noch immer sind rund 20 der 56 französischen Meiler nicht am Netz. Bei einem harten Winter wird im Januar befürchtet, dass die Stromerzeugung die Nachfrage zu bestimmten Momenten möglicherweise nicht wird decken können.
Geht im Ernstfall plötzlich das Licht aus?
Im Gegenteil, die betroffene Region wird für den Fall einer Stromunterbrechung am Vortag detailliert informiert. Dazu soll die zentrale Warn-App namens „ÉcoWatt” dienen, die bereits an den Start gegangen ist und Auskunft über die Belastung des Stromnetzes gibt. Drei Tage im Voraus ist bereits zu sehen, ob das Netz stark belastet sein wird. Dann wird die Bevölkerung um besondere Anstrengungen gebeten - die Waschmaschine oder der Backofen sollen dann nicht zu Belastungsspitzen eingeschaltet werden.
Die Energiespar-Vorgaben der Bundesregierung
- Durchgangsbereiche wie Flure, Foyers oder Technikräume werden nicht mehr geheizt – außer, es gibt dafür sicherheitstechnische Gründe.
- Öffentliche Gebäude werden nur noch bis höchstens 19 Grad geheizt - bei körperlich leichter und überwiegend sitzender Tätigkeit. Bisher lag die empfohlene Mindesttemperatur laut Ministerium bei 20 Grad. Für Arbeitsräume, in denen Menschen leichte Tätigkeiten „überwiegend im Stehen oder Gehen” oder mittelschwere und überwiegend sitzende Tätigkeiten verrichten, gilt eine Obergrenze von 18 Grad. Für mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Stehen oder Gehen sind es 16 Grad und für körperlich schwere Tätigkeiten 12 Grad. Für Kliniken, Pflegeeinrichtungen oder andere soziale Einrichtungen gilt die neue Regelung nicht.
- Boiler und Durchlauferhitzer dürfen nicht mehr für die Warmwasserbereitung am Waschbecken genutzt werden – es sei denn, das ist aus hygienischen Gründen vorgeschrieben.
- Die Beleuchtung von Gebäuden und Denkmälern aus rein ästhetischen oder repräsentativen Gründen wird ausgeschaltet. Ausgenommen sind kurzzeitige Beleuchtungen bei Kulturveranstaltungen und Volksfesten.
- Die Verordnung schreibt nicht vor, dass zum Beispiel in Büros die Raumtemperaturen verringert werden müssen – es werde aber ermöglicht, dass Arbeitgeber auch im gewerblichen Bereich rechtssicher weniger heizen dürfen und Gelegenheit haben, dem Beispiel der öffentlichen Hand zu folgen. Dies sei Grundlage für Selbstverpflichtungen von Betrieben und betrieblichen Vereinbarungen zur Energieeinsparung.
- Klauseln in Mietverträgen, die eine bestimmte Mindesttemperatur vorsehen, werden vorübergehend ausgesetzt.
- Private Pools, ob drinnen oder draußen, dürfen nicht mehr mit Gas und Strom geheizt werden.
- Gasversorger und Besitzer größerer Wohngebäude müssen ihre Kunden beziehungsweise Mieter frühzeitig informieren – über den erwarteten Energieverbrauch, dessen Kosten und Einsparmöglichkeiten. Das soll spätestens zum Beginn der Heizsaison passieren.
- Leuchtreklame und Werbetafeln werden von 22.00 Uhr abends bis 16.00 Uhr am Folgetag ausgeschaltet – wenn dies nicht zur Verkehrssicherheit nötig ist wie etwa an Bahnunterführungen. Der Gedanke dahinter: Weil es tagsüber ohnehin hell ist, soll die Beleuchtung erst am Nachmittag wieder für sechs Stunden eingeschaltet werden dürfen.
- Ladentüren oder sonstige „Eingangssysteme” zu beheizten Geschäftsräumen im Einzelhandel dürfen nicht mehr dauerhaft offen stehen – außer das ist für das Offenhalten eines Fluchtwegs erforderlich.
Für wie lange und wo könnte der Strom abgeschaltet werden?
Die Notwendigkeit einer Unterbrechung könnte sich zwischen 8 und 13 Uhr sowie zwischen 18 und 20 Uhr ergeben, nicht aber am Wochenende. Die Unterbrechung soll maximal zwei Stunden dauern und lokal beschränkt sein.
Was ist mit Kliniken und wichtigen Einrichtungen?
Für Krankenhäuser und andere sensible Einrichtungen wie Industrieunternehmen etwa gibt es Ausnahmen, sie bleiben am Strom. Weil sich in Paris wichtige Institutionen häufen, wären in der Hauptstadt deshalb nur 20 Prozent der Abnehmer von einer Unterbrechung betroffen, hieß es.
Was ist mit Zügen, Ampeln, Schulen?
Zu vielen Aspekten arbeiten die Behörden die Abläufe noch im Detail aus. Klar ist, Züge sollen nicht auf offener Strecke stehen bleiben, bei einer Stromabschaltung wird der Verkehr zuvor unterbrochen. Schulen bleiben möglicherweise morgens geschlossen. Wegen der Komplexität des Stromnetzes ist unklar, wo eventuell Ampeln ausfallen.
Ist auch das Telefonnetz betroffen?
Ja, davon wird ausgegangen und das bereitet den Verantwortlichen Kopfzerbrechen. Mit der Abschaltung des Stroms werden auch Sendemasten ausfallen, im ländlichen Bereich wird befürchtet, dass der Notruf 112 nicht erreichbar sein kann. In den Gebieten sollen andere Vorkehrungen getroffen werden.
Wie reagiert die Bevölkerung auf die befürchteten Stromprobleme?
Schon jetzt hat die Bevölkerung ihren Stromverbrauch um rund fünf Prozent gesenkt, wobei der Effekt des bis vor Kurzem noch milden Wetters herausgerechnet wurde. Einige Versorger belohnen ihre Kunden auch finanziell, wenn sie ihren Verbrauch reduzieren.
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