
Trotz schwächerer Konjunktur hat sich China ehrgeizige Wachstumsziele gesetzt. Der neue Fünf-Jahres-Plan gibt für die nächsten fünf Jahre „mindestens 6,5 Prozent“ Wachstum jährlich vor. Zur Eröffnung der Jahrestagung des Volkskongresses in Peking senkte Regierungschef Li Keqiang zwar die Wachstumsprognose für dieses Jahr, glaubt aber weiter an einen kräftigen Zuwachs von 6,5 bis 7 Prozent. In ersten Reaktionen am Sonntag äußerten sich Experten allerdings skeptisch, ob die Ziele erreicht werden können.
Wegen höherer Ausgaben und geringerer Einnahmen steigt das Haushaltsdefizit in diesem Jahr um 560 Milliarden Yuan auf 2,18 Billionen Yuan (umgerechnet 304 Milliarden Euro). Das sind erstmals drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Das Verhältnis sei noch niedriger als in anderen großen Wirtschaftsnationen, verteidigte der Premier die Neuverschuldung. Das Defizit sei „notwendig, machbar und auch sicher“. Insgesamt steigen die Staatsausgaben um sieben Prozent, während die Einnahmen nur um 2,2 Prozent zulegen werden.
„Die Wachstumsgeschichte der vergangenen drei Jahrzehnte ist zu Ende“, sagte Professor Wu Qiang von der renommierten Pekinger Tsinghua-Universität zu der Vorgabe von 6,5 Prozent Wachstum. „Die Ziele stimmen mit der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage nicht ganz überein.“ Da die Regierung die Ziele verkünde und lokale Funktionäre daran messen werde, könnten sie „auf dem Papier erreicht werden“, sagte der Ökonomieprofessor Hu Xingdou. „Aber ob die Zahlen dann echt sind, ist eine andere Frage.“
Das angestrebte Wachstum sowie eine Arbeitslosenquote von 4,5 Prozent für 2016 seien ehrgeizig, sagte Matthias Stepan vom China-Institut Merics in Berlin. „Angesichts der Wirtschaftslage und dem angekündigten massiven Stellenabbau im Staatssektor und Militär ist es allerdings unwahrscheinlich, dass die Ziele erreicht werden.“ Die Verschuldung der Lokalregierungen steige und „birgt sowohl politischen als auch sozialen Sprengstoff“. Die kommunalen Ausgabenverpflichtungen stiegen im Schnitt um 13,2 Prozent, aber die Transferleistungen der Zentralregierung nicht im gleichen Maße.
Das sind die wettbewerbsfähigsten Länder der Welt
Während Deutschland im Vorjahr noch auf Rang sechs lag, schafft es die Bundesrepublik in diesem Jahr nur noch auf den zehnten Platz. Der mitteleuropäische Staat steht 2015 vor vielen Herausforderungen. Dazu gehört der Druck, die Energiewende zu meistern, die digitale Transformation der Industrie voranzutreiben und private und öffentliche Investitionen zu fördern.
Bauen kann Deutschland auf seine hoch qualifizierten Arbeitskräfte und eine Politik der Stabilität und Vorhersehbarkeit.
Schweden fällt im Vergleich zu 2014 um vier Ränge von Platz fünf auf Platz neun. Das nordeuropäische Königreich kann besonders mit qualifizierten Arbeitskräften, den stabilen politischen Verhältnissen, einem wirksamen Rechtssystem und einem starken Fokus auf Forschung und Entwicklung glänzen. Auch das Bildungsniveau ist sehr hoch und die Infrastruktur sehr verlässlich.
Auch Dänemark konnte sich im Vergleich zum Vorjahr verbessern, von Platz neun geht es hoch auf Platz acht. Gut schneidet das nordeuropäische Königreich bei Managementpraktiken, Gesundheit und Umwelt sowie Arbeitsstandards ab. Auf dem ersten Rang landet Dänemark in der Kategorie der Regierungseffizienz gleich fünf Mal, denn es zeichnet sich nicht nur durch eine besonders große Rechtstaatlichkeit aus, sondern auch dadurch, dass Bestechung und Korruption kaum eine Chance haben.
Norwegen kann im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von drei Plätzen verzeichnen und landet damit auf dem siebten Platz. Die skandinavische Halbinsel kann vor allem mit gesellschaftlichen Rahmenbedingungen aufwarten, mit denen sie im internationalen Vergleich auf Platz eins landet. Weitere Faktoren, mit denen Norwegen punkten kann, sind im Bereich der Regierungseffizienz zu finden. Chancengleichheit, Transparenz sowie Rechtstaatlichkeit sind nur einige der besonders effektiven Maßnahmen der öffentlichen Hand.
Für Luxemburg ging es von Platz elf im Jahr 2014 hoch auf Platz sechs. Sehr gut schneidet das Großherzogtum im Bereich der politischen Stabilität, der wettbewerbsfähigen Besteuerung, des unternehmerfreundlichen Umfeldes und der qualifizierten Arbeitskräfte ab.
Kanada hat es in diesem Jahr auf Platz fünf geschafft. Im Vorjahr landete der nordamerikanische Staat noch auf Platz sieben des IMD World Competitiveness Ranking. Die gute Platzierung hat Kanada vor allem der Stabilität und Vorhersehbarkeit in der Politik, dem hohen Bildungsniveau, qualifizierten Arbeitskräften und einem wirksamen Rechtssystem zu verdanken. Ganz gut schneidet Kanada auch aufgrund einer unternehmerfreundlichen Umgebung und einer offenen und positiven Haltung ab.
Der vierte Platz geht in diesem Jahr an die Schweiz. Unternehmen aus aller Welt wissen vor allem die sehr gute Infrastruktur des kleinen Alpenstaates zu schätzen. Die hohe Bildung und der Umweltschutz landen gar im Vergleich zu 2014 nicht mehr nur auf Platz drei, sondern gleich auf der Eins. Auch die robuste Wirtschaft, Arbeitsstandards, geringe Entlassungs- sowie Kapitalkosten sind im internationalen Vergleich so gut wie unschlagbar.
Unter die ersten drei schafft es in diesem - wie auch schon im vergangenen Jahr - der Insel- und Stadtstaat Singapur. Besonders punkten konnte das asiatische Land bei Unternehmen in diesem Jahr mit seinem institutionellen Rahmen, der im weltweiten Vergleich auf Rang eins landet. Außerdem liegt Singapur bei der technologischen Infrastruktur sowie der Bildung ganz weit vorne.
Platz zwei geht an die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong. Im Vergleich zum Vorjahr hat die chinesische Metropole zwei Plätze gut gemacht. Unternehmen aus aller Welt schätzen Hongkong insbesondere aufgrund der betriebswirtschaftlichen Gesetzgebung, der Managementpraktiken, der unternehmerischen Einstellungen und Werte und der technologischen Infrastruktur. Ganz gut steht Hongkong auch bei internationalen Investitionen, der Fiskalpolitik und bei den Betriebsfinanzen da.
Die wettbewerbsfähigste Volkswirtschaft der Welt sind die Vereinigten Staaten von Amerika. Das hat das IMD World Competitiveness Center in seiner aktuellen Vergleichsstudie bekannt gegeben.
Besonders attraktiv finden Firmen in den USA - laut Ranking - die dynamische Wirtschaft (66,2 Prozent), den guten Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten (55,1 Prozent), den starken Fokus auf Forschung und Entwicklung (49,3 Prozent) sowie das unternehmensfreundliche Umfeld (43,4 Prozent).
Punkten können die USA zudem als attraktiver Forschungsstandort. Nachholbedarf gibt es im Bereich der Schulbildung.
Trotz der schwächeren Konjunktur demonstrierte der oberste Wirtschaftsplaner Xu Shaoshi aber Zuversicht. Auf Sorgen im Ausland über den Zustand der zweitgrößten Volkswirtschaft konterte der Chef der Entwicklungs- und Reformkommission, eine „harte Landung“ sei unmöglich. China sei in der Lage, die Wachstumsraten „in einem angemessenen Rahmen“ zu halten, sagte Xu Shaoshi vor Journalisten.
China, das zu einem Viertel zum weltweiten Wachstum beigetragen habe, werde weiter ein Motor der Weltwirtschaft bleiben. Auf Fragen, ob für die Wachstumsziele ein großes Konjunkturprogramm nötig werde, antwortete der Wirtschaftsplaner, dass die Ausweitung des heimischen Konsums erste Priorität habe. Auch werde die Regierung Investitionen fördern und die Industrie umstrukturieren.
Die Regierung plant auch eine Steuerreform. Die bisherige Gewerbesteuer werde durch eine Mehrwertsteuer ersetzt, kündigte Premier Li Keqiang vor den knapp 3000 Delegierten in der Großen Halle des Volkes an. Vom 1. Mai an werden die Pilotprojekte zur Einführung der Mehrwertsteuer auf das Bauwesen, Immobilien, den Finanzsektor und Dienstleistungen für Verbraucher ausgeweitet. Insgesamt soll die Belastung für Unternehmen und Personen um 500 Milliarden Yuan, umgerechnet 79 Milliarden Euro, reduziert werden.
Um Investitionen auch privater Unternehmen zu ermutigen, sollen die Beschränkungen für den Markteinstieg in Sektoren wie Elektrizität, Telekommunikation, Transport, Öl, Gas und städtische Versorgungsunternehmen „bedeutend gelockert“ werden, kündigte Li Keqiang in seiner fast zweistündigen Rede an. Am Ende der zwölftägigen Beratungen sollen die Abgeordneten des Volkskongresses am 16. März den Fünf-Jahres-Plan, den Haushalt und die Rechenschaftsberichte der Regierung absegnen.