Rolf J. Langhammer „Der Dollar bleibt die Nummer Eins“

Euro und der Renminbi: Keine Chance, den Dollar als globale Leitwährung abzulösen. Quelle: imago images

Auch wenn manche Beobachter den Euro als Anlagewährung schon auf Augenhöhe mit dem Dollar wähnen, der Euro und der Renminbi haben keine Chance, den Dollar als globale Leitwährung abzulösen, sagt der Kieler Handels- und Währungsexperte Rolf J. Langhammer.

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Rolf Langhammer ist Handelsökonom am Institut für Weltwirtschaft (IfW). Von 2007 bis 2012 war er Vizepräsident des Kieler Instituts.

WirtschaftsWoche: Professor Langhammer, die amerikanische Notenbank druckt so viel Geld wie nie. Setzen die USA mit der Geldflut die Stellung des Dollars als Weltleitwährung aufs Spiel?
Rolf Langhammer: Das wichtigste Kapital einer Leitwährung ist das Vertrauen der Anleger in ihre Wertstabilität und die Solvabilität des ausgebenden Landes. Zu Beginn der 2000er Jahre nahmen die USA hohe Kredite im Ausland auf, um ihr wachsendes Defizit in der Leistungsbilanz zu finanzieren. Mitte des vergangenen Jahrzehnts lag das Defizit bei sechs Prozent der Wirtschaftsleistung. Seither hat es sich zurückgebildet, in den vergangenen Jahren lag es im Schnitt bei etwa 2,5 Prozent. Das hat das Vertrauen der Anleger in die Fähigkeit der Amerikaner gestärkt, ihre Schulden regelmäßig zu bedienen und stützt den Dollar.

Die Amerikaner müssen sich also um die künftige Stellung ihrer Währung keine Sorgen machen?
Entscheidend für die Zukunft des Dollar ist nicht nur, was die USA machen, sondern auch, was andere Regierungen machen. Die EU schickt sich an, eigene Anleihen auszugeben, um mit dem Geld den geplanten Corona- Wiederaufbaufonds zu finanzieren. Damit tritt sie erstmals in größerem Umfang als Schuldner auf den internationalen Finanzmärkten auf...

Handels- und Währungsexperte Rolf J. Langhammer. Quelle: Presse

…weshalb manche Beobachter den Euro als Anlagewährung schon auf Augenhöhe mit dem Dollar wähnen.
Das halte ich für verfehlt. Der EU fehlt die für die Bedienung ihrer Anleihen notwendige finanzielle Deckung. Sie hat keine eigenen Besteuerungsrechte, die es ihr erlauben, sich selbst Finanzmittel zu beschaffen. Die ihr zustehenden Zolleinnahmen spielen quantitativ keine Rolle und sind durch WTO-Vereinbarungen in ihrer Höhe fixiert. Zwar liegen Vorschläge für eigene Steuern der EU auf dem Tisch, doch sie sind noch nicht allzu weit entwickelt. Und die Bereitschaft der Nationalstaaten, Brüssel noch mehr Geld zu überweisen, ist begrenzt. Das spricht nicht gerade für den Euro. Ohne eine echte Fiskalunion ist die Gemeinschaftswährung kein ernstzunehmender Konkurrent für den Dollar.

Wie sieht es mit Chinas Währung, dem Renminbi, aus?
China treibt einerseits die Öffnung seines Finanzmarktes voran. Ausländische Finanzinstitute können mehr Dienstleistungen in China anbieten. Das betrifft noch nicht das Massengeschäft, aber in spezifischen Bereichen wie der Unternehmensfinanzierung können ausländische Finanzinstitute in China aktiv werden. Andererseits hält China an seinen scharfen Kapitalverkehrskontrollen fest und schützt Staatsbanken und Staatsunternehmen vor der Insolvenz. Dazu kommt, dass die Einführung der Sicherheitsgesetze in Hongkong viel Vertrauen bei ausländischen Anlegern zerstört hat. Die chinesische Regierung ist auf dem Weg, Sicherheit so zu definieren, dass dies unvereinbar mit internationalen Vorstellungen ist. Die Hoffnung Pekings, der Finanzplatz Schanghai könnte Hongkong als internationales Finanzzentrum ersetzen, halte ich daher auf absehbare Zeit für unbegründet.

China forciert die Digitalisierung im Geldwesen. In einigen Städten können die Bürger bereits mit digitalem Zentralbankgeld zahlen. Kann ein digitaler Renminbi den Dollar vom Thron stürzen?
Digitales Zentralbankgeld mag die Zahlungssysteme revolutionieren, indem es Transaktionen verbilligt und vereinfacht. Allerdings erhält der Staat durch digitales Geld noch mehr Kontroll- und Überwachungsmöglichkeiten gegenüber Unternehmen und Bürgern. Ob dies das internationale Vertrauen in den Renminbi stärkt, wage ich zu bezweifeln. Um zur Weltreservewährung aufzusteigen, braucht eine Währung keinen Überwachungsstaat, sondern das Vertrauen der Anleger, denen Wahlmöglichkeiten bis hin zur Kapitalabwanderung jederzeit offen stehen sollten. Dem Renminbi fehlen angesichts der politischen Rahmenbedingungen in China die Voraussetzungen, um dem Dollar als globale Leitwährung ernsthaft Konkurrenz zu machen. Langfristig bleibt der Dollar als Weltleitwährung unangefochten.

Derzeit befindet sich der Greenback gegenüber den meisten Währungen aber auf Talfahrt.
Man muss die kurz- von der langfristigen Perspektive trennen. Dass der Dollar aktuell zur Schwäche neigt, spricht nicht dagegen, dass er weiterhin die Weltleitwährung bleibt. Die jüngste Abwertung ist vor allem darauf zurück zu führen, dass der Zinsvorsprung der USA geschrumpft ist. Die Fed hat den Leitzins auf null Prozent gesenkt, die Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen sind binnen zwei Jahren von rund drei auf ein halbes Prozent gesunken. Geld im Dollarraum anzulegen, ist weniger rentabel geworden. Dazu kommt, dass die Trump-Regierung keine gute Figur bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie macht und die Fed nur eine langsame Erholung erwartet. Auch das lastet auf dem Dollar.

Trump hofft, ein schwacher Dollar werde die US-Exporte ankurbeln und das Defizit im Außenhandel senken.
Ein großer Teil der US-Ausfuhren besteht aus Dienstleistungen, etwa im Finanzsektor. Dazu kommen Hochtechnologieprodukte und Flugzeuge. Bei diesen Gütern ist der Wechselkurs und damit der Preis nicht das allein kaufentscheidende Kriterium. Auf der Importseite dürften die Effekte des schwachen Dollar ebenfalls begrenzt sein. Die Verteuerung der Einfuhren durch die Dollarabwertung reicht nicht, um Importe spürbar zu bremsen, für die es aus Sicht der amerikanischen Käufer keine heimischen Substitute gibt.

Der Handelskrieg, den Trump vom Zaun gebrochen hat, richtet sich in erster Linie gegen China. Europa droht zwischen Baum und Borke zu geraten.
Europa ist in der Tat in einer schwierigen Situation, auch weil sowohl die USA als auch China zur Zeit versuchen, durch Teile-und-Herrsche-Spiele EU-Mitglieder auseinanderzudividieren. Man will es sich mit keinem der beiden Handelspartner verderben. Dennoch glaube ich, dass Europa, wenn es hart auf hart kommt, immer auf die transatlantische Karte setzen wird und muss. Die kulturellen, wirtschaftlichen, militärischen und historischen Verbindungen sind sehr eng. Zu ihnen gibt es keine chinesische Alternative. Zudem wird es massiven Druck von Seiten der Unternehmen auf die Politiker in Europa geben, die transatlantischen Verbindungen nicht zur Disposition zu stellen.

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