Digitale Optimisten
Quelle: dpa

The next Elon Musk: Auf der Suche nach den nächsten Start-up-Ikonen

Wer baut nach Tesla und Apple das nächste große Start-up auf und wird zum Nachfolger von Elon Musk oder Steve Jobs? Die aktuelle Gründergeneration aus dem Silicon Valley ist divers. Es gibt drei Gemeinsamkeiten, die sie verbinden.

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Das Coronavirus hat im Silicon Valley vieles verändert. Eines der ersten Opfer der Krise war ein liebgewonnenes Ritual: Der unsolicited pitch, also die unaufgeforderte Vorstellung noch unfertiger Geschäftsideen auf Partys, Network- und After-Work-Events. Als ich 2018 nach San Francisco zog - als Global Product Lead für einen globalen Technologiekonzern aus dem Silicon Valley - hatte ich in Berlin schon ein eigenes Start-up gegründet. Recht schnell wurde ich Teil der vibrierenden Gründerszene im Valley und deshalb auch Empfänger vieler dieser Mini-Pitches.

Egal wie gut (Arzneimittel per Drohnenlieferung) oder schlecht (SMS-Benachrichtigungen für Amazon-Bestellungen) ich die jeweiligen Ideen fand, alle diese Gründer verbindet der Gründergeist der Silicon-Valley-Ikonen. Was erfolgreiche Vorbilder wie Elon Musk, Anne Wojcicki oder Steve Jobs binnen weniger Jahre erreicht haben, ist der Traum vieler Gründer: globale Expansion, schwindelerregende Börsenkurse und nachhaltiger Einfluss auf die technologische Entwicklung der Menschheit.

Eine Frage ließ mich daher nicht mehr los: Was wäre, wenn mir vor Jahren der junge Elon Musk auf einem After-Work-Event über den Weg gelaufen wäre und mir von seinen Ideen erzählt hätte? Hätte ich an seinen Erfolg geglaubt? Was hätte ich von ihm gehalten und was hätte ich mit dem Wissen gemacht?

Ich habe leider keine Zeitmaschine, um ins San Francisco der späten 1990er zurückzureisen, als PayPal, Google und Netflix gegründet wurden. Aber ich beschloss, die Gründerpersönlichkeiten des Silicon Valley von heute kennenzulernen. Wie ticken diejenigen, die heute davon träumen, das Next Big Thing zu entwickeln und die Welt von morgen mitzugestalten? Wie mitreißend sind ihre Visionen, wie ambitioniert ihre Ideen? Wer ist the next Elon und an was arbeitet er oder sie?

Seit einer Weile interviewe ich deshalb die vielversprechendsten Gründer und Gründerinnen des Silicon Valley aus allen Branchen und Bereichen in meinem Podcast “Digitale Optimisten“. Meine Gäste sind allesamt Alumni der prestigeträchtigsten Accelerator und Inkubatoren wie Y-Combinator, Techstars oder Plug & Play. Sie alle stehen noch ganz am Anfang ihrer Reise als Start-up-Unternehmer. Der Weg nach vorne ist voller Nebel und es ist unklar, ob Ihre Firmen am Ende zu jenen 90 Prozent der Start-ups gehören, die scheitern. Oder ob sie tatsächlich mit ihren Ideen die Welt verändern können.

In dieser Kolumne werde ich künftig regelmäßig von dieser Suche berichten. Zum Auftakt frage ich mich, was die nächste Gründergeneration trotz aller Unterschiede hinsichtlich Herkunft, Nationalität und Geschlecht eigentlich verbindet.

Wer gründet im Silicon Valley?

Thomas Eiden baut mit seinem Start-up Atomic Alchemy gerade seinen eigenen Atomreaktor, der medizinische Isotope für die Krebsforschung herstellt. Und das zu einem Zehntel der Kosten, die der Staat dafür veranschlagt. Er kann das, weil er jahrelang an einem der größten Forschungsatomreaktoren der USA arbeitete und dadurch wusste, dass nur noch sechs Atomreaktoren weltweit diese medizinischen Isotope herstellen. Thomas Eiden ist mit seiner Geschichte nicht alleine – die meisten Gründer im Silicon Valley bedienen schon lange nicht mehr das hartnäckige Vorurteil, dass sie Hoodie-tragende Uni-Abbrecher in ihren frühen 20ern sind.

Ganz im Gegenteil: Viele sind Anfang oder Mitte 30, haben schon ein paar Jahre Berufserfahrung gesammelt und einen klaren Karrierepfad in ihrem corporate life absolviert. Diese Erfahrung gibt ihnen nicht nur einen reiferen Blick auf die Welt, sondern auch einen X-Faktor, einen entscheidenden Einblick oder unfair advantage, einen Vorteil also gegenüber jüngeren, unerfahrenen Gründern, der den entscheidenden Unterschied ausmachen kann, zwischen Erfolg und Scheitern.

Was wird gegründet?

Kathy Hannun lernte ich auf einer Veranstaltung kennen. Sie berichtete davon, wie sie mit ihrem Start-up das klimaschädliche CO2 aus den Weltmeeren saugen will, um daraus Treibstoff herzustellen. Ihr Projekt trieb sie im Rahmen von Google X voran, jener moonshot factory, mit der der Technologiekonzern die ganz großen Probleme der Menschheit lösen will. Das hat zwar trotz großem Team und Budget nicht geklappt, war aber Hannuns Sprungbrett für ihren nächsten Versuch: Mit Dandelion Energy entwickelt sie die Silicon-Valley-Version von günstiger, klimaneutraler Erdwärme.

Möglich machen das Investments von über 30 Millionen Dollar von Risikokapitalgebern. Kathy Hannuns Gründergeschichte ist beispielhaft für ein Klima, in dem Risikokapitalgeber und etablierte Tech-Firmen viel Geld bereitstellen, um erfolgversprechende Start-ups massiv finanziell zu unterstützen. Zusammen mit Gründern, die wirklich groß denken, kann dann etwas wirklich Visionäres entstehen.

Wie wird gegründet?

Mike Kijewski schützt mit seinem Start-up Medcrypt Medizingeräte wie Herzschrittmacher vor Cyberangriffen. Er erzählte mir, wie jahrelang niemand an seine Idee geglaubt hat, bis Hollywood das Storytelling für ihn übernahm: In einer Folge der Serie „Homeland“ hacken Terroristen den Herzschrittmacher des Vizepräsidenten. Patienten bombardierten daraufhin die Hersteller solcher Geräte mit Fragen. Und für Kijewski öffneten sich plötzlich viele Türen.

In meinen Gesprächen mit jungen Gründern interessiert mich immer: Welche Fähigkeit sie unterschätzt haben, bevor sie ihr Start-up gegründet haben. Und wie in Kijewskis Besipiel sagen fast alle: Storytelling - also die Fähigkeit, Geschichten zu erzählen. Die Frühphase der Gründung ist ein Überlebenskampf um Kunden, Investoren und Mitarbeiter. Überleben können sie nur, wenn sie die Grenze verschieben können zwischen dem, was heute wahr ist, und dem, was morgen wahr sein wird.
In den kommenden Folgen dieser Kolumne werde ich Ihnen daher Beispiele vorstellen, wie sich Gründer diesen Herausforderungen stellen, die durch die Folgen der Coronapandemie keineswegs leichter geworden sind. Und erläutern, was wir aus Erfolg oder Misserfolg ihrer Ideen lernen können.

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