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EternoEin Coworking-Modell für Arztpraxen

Das Start-up Eterno will Arztpraxen digitalisieren. Dafür hat es eigene, moderne Polikliniken eröffnet, in denen sich Mediziner die Räumlichkeiten teilen.Lisa Ksienrzyk 05.08.2025 - 10:06 Uhr
An den Emfpang setzt Eterno sowohl medizinisches Fachpersonal als auch ehemalige Flugbegleiter oder Servicekräfte. Foto: PR

Patient Nummer 15 bitte in Raum A.03, zeigt ein Bildschirm im Wartebereich an. Der Wartebereich ist eigentlich ein Café, im skandinavischen Stil eingerichtet: helles Holz, indirektes Licht, mintgrüne Tische. In einer Vitrine liegen Kuchenstücke und Sandwiches, die Preise für Cappuccino und Matcha Latte dekorieren die Wand hinter der Theke. Ein Mann im weißen Arztkittel durchquert den Raum mit einem MacBook in der Hand, eine Angestellte folgt einer Patientin mit einem Glas Wasser.

Ein ganz normaler Mittwoch in der Eterno-Praxis in Berlin-Mitte, einer Coworking-Möglichkeit für Mediziner. Das Gebäude liegt an der Spree, im Erdgeschoss ein Coworking-Space, im Nebengebäude hat WeWork mehrere Etagen gemietet, in der Nachbarschaft mehrere Büros von Start-ups. Wenn sich Tech-Firmen Räumlichkeiten teilen, wieso nicht auch Ärzte? Für das Berliner Start-up Eterno war das eine logische Schlussfolgerung – und ein Weg, um die hauseigene Software zu bewerben.

Eterno digitalisiert Arztpraxen und vereinfacht damit Verwaltung und administrative Aufgaben. Kein neues Vorhaben. Dutzende andere Unternehmen verkaufen ebenfalls solche Lösungen. Eterno geht den Prozess nur anders an. „Die Ärzte wollen zwar Digitalisierung, können sich das aber oft nicht richtig vorstellen. Daher betreiben wir die Standorte“, sagt Timo Rodi, Chief Medical Officer des Start-ups. Er sieht die Coworking-Praxen als eine Art Showroom, vergleicht sie mit Möbelhäusern.

Videosprechstunde im Praxisflur

Die Niederlassung in Berlin wurde im Mai eröffnet, es ist die dritte Praxis. In Hamburg und Frankfurt stellt Eterno seit 2022 seine Software vor, vermietet die Räume dort an bis zu 20 verschiedene Ärzte. Das gleiche Konzept sieht Rodi auch für den Standort in der Hauptstadt vor: 18 Behandlungsräume, ein Pilatesstudio, Umkleidekabinen, OP-Räume, Labor. Ein türkischer Chirurg bietet mehrfach die Woche ästhetische Eingriffe an, eine Zahnarztpraxis beansprucht gleich mehrere Zimmer. Direkt neben dem Wartebereich werden Vitamin-Infusionen verabreicht. Auf der anderen Seite der Etage haben sich Physiotherapeuten eingerichtet. In den Fluren stehen Telefonboxen für Videosprechstunden.

Timo Rodi ist promovierter Arzt, arbeitet aber mittlerweile als Chief Medical Officer bei Eterno. Foto: PR

Eterno bietet den Ärzten eine Dienstleistung an. Das Unternehmen vermietet die Räumlichkeiten, stellt Technik wie Ultraschallgeräte bereit und kümmert sich um administrative Angelegenheiten. Das Personal am Empfang und die medizinischen Fachangestellten, die beispielsweise Blut abnehmen, heuert Eterno an. Manche Mediziner bringen noch eigene Angestellte mit. Die Idee ist, dass Ärzte und Fachkräfte mehr Zeit für die Patienten haben, mehr Personen behandeln können. Organisatorische Aufgaben werden ausgelagert oder digital erledigt.

Für ein Vollzeitpaket zahlen Ärzte bis zu 10.000 Euro im Monat – laut Rodi ähnlich viel wie in der Selbstständigkeit. Nur wenige Kunden mieten sich tageweise ein. In dem Fall teilen sich mehrere Ärzte ein Behandlungszimmer, die Mitarbeiter des Start-ups bereiten den Platz dann jedes Mal neu vor. Die Praxen wählen Eterno entweder für den Aufbau eines neuen Standorts, einige haben ihre Räumlichkeiten aus Altersgründen verkauft oder organisieren ihre Nachfolge über das Modell. Das Start-up erziele mit den Coworking-Praxen jährlich einen Millionenumsatz, rechnet Rodi vor. Das meiste Geld holt allerdings die Software ein – und darauf liegt auch der Fokus der Tech-Firma.

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von Andreas Menn

Eterno wurde von Maximilian Waldmann und Frederic Haitz gegründet. Waldmann hatte bei Rocket Internet und Google gelernt, Haitz war Investmentbanker. Vor elf Jahren entwickelten die beiden eine Check-in-Lösung für Hotels und verkauften ihr Start-up Conichi 2019 an das Buchungsportal HRS. Noch während sie bei ihrem neuen Partner angestellt waren, kam ihnen die Idee für die Praxis-Software. Es war das Jahr, in dem das Digitale-Versorgungs-Gesetz verabschiedet wurde und die elektronische Patientenakte eingeführt werden sollte.

Um zu verstehen, wie Arztpraxen funktionieren und welche Abläufe man digitalisieren kann, entschieden sich Waldmann und Haitz für ein Learning-by-Doing-Modell. „Wir können keine Software entwickeln, zu den Arztpraxen gehen und sie dort verkaufen, ohne sie vorher im Betrieb getestet zu haben“, sagt Chief Medical Officer Rodi. Der promovierte Mediziner ist von Anfang an dabei und vor allem für die Standorte zuständig. Mehr als zwei Jahre hat die Entwicklung gedauert, Hamburg war Showroom Nummer eins.

Der Wartebereich des Berliner Standorts wurde zu einem Café umgebaut. Hier können Patienten vor oder nach der Behandlung noch am Laptop arbeiten. Foto: PR

„Wir haben die ersten Jahre von Eterno selbst finanziert, auch aus den Exit-Erlösen der Gründer“, so Rodi. Mithilfe von Bankkrediten ließen sich die Coworking-Spaces eröffnen, Dutzende Privatinvestoren sicherten daraufhin 25 Millionen Euro zu. Neben Fußballweltmeister Mario Götze sind etwa die Flixbus-Gründer und die Schweizer Krankenkasse Helsana beteiligt.

Mittlerweile zählt das Start-up weit über 1000 Software-Nutzer. Die zahlen monatlich mehrere Hundert Euro dafür. „Jetzt kommt eine neue Generation von Ärzten, die bestehende Praxen übernehmen. Die renovieren dann und werfen alte Programme raus“, erklärt Rodi. Auf diese digitalaffine Gruppe hofft Eterno. Denn das Tool speichert sämtliche Daten in der Cloud, die Praxis benötigt keine Rechenserver im Nebenraum. Ärzte könnten daher auch aus dem Homeoffice Dokumente bearbeiten.

Und auch Papier soll sukzessive aus den Praxen verschwinden. Patienten füllen Fragebogen am Tablet oder per QR-Code auf dem Handy aus. Eine künstliche Intelligenz zeichnet bei Bedarf die Behandlung auf, fasst das Gespräch dann für den Befund zusammen und erstellt sogar Überweisungen. Das Tool errechnet anhand von Wetterbedingungen, möglichen Nahverkehrsstreiks oder der Distanz zum Wohnort, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Patient zum Termin erscheint – oder ob dieser überbucht werden sollte. Künstliche Intelligenz hilft im Arztalltag ungemein. Rodi macht aber auch klar: „Es gibt noch keine universelle KI, die Ärzte ersetzt.“

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