Freytags-Frage: Wie wichtig sind Handys für Entwicklungsländer?

Kenia ist in der Nutzung der Mobiltelefonie als Grundlage für eine ganze Reihe von Dienstleistungen ein Vorreiter.
Wer in Nairobi am Flughafen in ein Taxi steigt, bemerkt bei der Ausfahrt, dass der Taxifahrer die Parkgebühr per Telefon bezahlt. Mit Bargeld ist man dort ein Bewohner von „Old Europe“ – obwohl die Nutzung von Bargeld auch in Kenia weiterhin üblich und erlaubt ist.
Kenia ist in der Nutzung der Mobiltelefonie als Grundlage für eine ganze Reihe von Dienstleistungen ein Vorreiter. Es gibt zahlreiche Mobilfunkanwendungen wie Tollwut-Tracking-Systeme oder Crowd-Sourcing-Preis-Informations-Systeme in Afrika, die wir hierzulande nicht kennen (aber natürlich auch nicht brauchen).
Diese verstärkte Nutzung der Mobiltelefonie in Entwicklungsländern spiegelt sich in der globalen Wahrnehmung der Mobiltelefonie noch nicht angemessen wider. Am Montag beginnt in Barcelona der Mobile World Congress 2016 mit über 90.000 Teilnehmern und knapp 2200 Ausstellern. Darunter befinden sich nur eine Handvoll Aussteller aus den Entwicklungsländern, obwohl im Bereich der Software-Entwicklung in Ostafrika einiges los zu sein scheint.

Samsung Galaxy S7
Samsung präsentiert in Barcelona seine neuen Modelle Samsung Galaxy S7 und das größere Galaxy S7 Edge mit abgerundeten Kanten. Samsungs neues Top-Modell wird sich optisch wohl stark an seinem Vorgänger, dem S6 (Foto: S6 Edge) orientieren.
Offenbar wird das Standardmodell 5,1 Zoll groß sein, das S7 Edge 5,3 Zoll. Laut Insidern soll das Display permanent leuchten und so jederzeit Nachrichten und Uhrzeit anzeigen – ohne dass der Akku sich dadurch schneller leert. Mit einem Iris-Scanner soll sich das Gerät allein mit einem Blick entsperren lassen. Insider sagen, dass ein Kamerasensor durch Kontrast die Bildqualität bei Dunkelheit verbessert. Angeblich will der südkoreanische Hersteller die Auflösung der Kamera von 16 auf 12 Megapixel reduzieren – und die Kamera so integrieren, dass sie nicht mehr aus dem Gehäuse hervorsticht.
Das scheinbar wieder wasserfeste Smartphone soll Ende des Monats ab 699 Euro auf den Markt kommen.

G5 von LG
LG wird sein neues Premiummodell vorstellen: Das etwa fünf Zoll große G5 (Bild: G4S). Insider erwarten auch einen kleineren Ableger, das LG5 Lite. Im Gegensatz zu Samsung hat LG Electronics schon im Vorfeld des MWC offiziell bestätigt, dass das neue Geräte mit einem Always-on-Display ausgestattet sein wird. Der südkoreanische Herrsteller will eine dazu passende Hülle mit Touch-Funktion präsentieren. In Sachen Kamera-Auflösung sind bislang noch keine konkreten Zahlen durchgesickert. Klar scheint allerdings zu sein, dass in das Gerät zwei Kameras mit Weitwinkellinsen integriert sein werden. Spannend: Über einen Magic-Slot soll der Nutzer das G5 durch eine Action-Cam, Tastatur und Audioverstärker ergänzen können.
Das G5 soll zwischen 600 und 700 Euro kosten.

Lumia650 von Microsoft
Gerade erst hat Microsoft bestätigt, dass das Smartphone Lumia650 in Barcelona vorgestellt wird. Ende Februar soll es in Deutschland bereits verkauft werden. Der interne Speicher umfasst 16 GB. Mit einer Micro-SD-Karte kann der Nutzer den Speicher um 200 Gigabyte erweitern. Sowohl vorne als auch hinten ist das Smartphone jeweils mit einer Weitwinkelkamera ausgestattet. Auflösung: acht und fünf Megapixel. Das Betriebssystem ist – wie erwartet – Microsoft 10. Preis: 229 Euro.

Tone Platinum Bluetooth-Kopfhörer von LG
Kurz vor dem Mobile World Congress in Barcelona hat LG Electronics offiziell bekannt gegeben, seine neuen Bluetooth-Kopfhörer zu präsentieren. Das neue Modell ist mit einem Stimmen-Feature ausgestattet, sodass die Verbraucher per Sprachbefehl Anrufe entgegen nehmen können. Wenn der Nutzer ein Android-Smartphone besitzt, kann er mit Hilfe einer App über die Kopfhörer Sprachnotizen aufzeichnen und sich von Freunden und Bekannten orten lassen. Schallwandler – die es laut LG nur in kabelgebundenen Kopfhörern gibt – minimieren Verzerrungen bei der Wiedergabe von Liedern.
Im März kommt der Kopfhörer in den USA auf den Markt. Anschließend in Europa. Einen Preis hat das Unternehmen bisher noch nicht bekannt gegeben.

360-Grad-Kamera von Samsung
Neben dem Samsung Galaxy S7 soll der koreanische Gerätehersteller auch die Kamera Gear 360 in Spanien vorstellen. Seit Längerem arbeitet Samsung an einer Virtual-Reality-Kamera. Die Brille soll mit zwei 360-Grad-Fischaugen-Objektiven Rundum-Filme aufnehmen können. Den Stream können Verbraucher laut Insider auf einem Smartphone sehen – ob er auch übertragen werden kann, sei noch unklar.

Mi5 von Xiaomi
Das neue Modell des chinesischen Smartphone-Herstellers soll laut Brancheninsidern extrem kontrastreiche und scharfe Bilder ermöglichen. Denn im Vorfeld des MWC hat Vizechef Hugo Barra auf Facebook Fotos veröffentlicht, die mit der 16-Megapixel-Kamera gemacht worden sein sollen. Neben der Kamera soll das Mi5 mit einem drucksensitiven Display ausgestattet sein. Experten erwarten, dass das Mi5 optisch an das iPhone 6s Plus erinnert.
Das Vorgängermodell Mi4 (im Bild) wurde im August 2014 vorgestellt und konnte vielen Premium-Smartphones aus dem Jahr das Wasser reichen. Es war aber deutlich billiger als diese. Es stieß auch in Deutschland auf Interesse - obwohl es hierzlande nicht offiziell vertrieben wird.

Tablet und Smartwatch von Sony
Sony wird auf dem Mobile World Congress auf jeden Fall eine technische Neuheit vorstellen. Schließlich hat hat der japanische Hersteller Einladungen zur Messe an die Öffentlichkeit verschickt. Insider rätseln allerdings noch, um welches Gerät es sich handeln wird. Nach dem Release des Xperia Z5 halten Experten die Vorstellung einer neuen Smartphone-Version für eher unwahrscheinlich. Sie erwarten stattdessen ein neues Tablet (im Bild: Das Xperia Z4) – oder eine Smartwatch. Über andere Geräte kursieren bereits eine Menge Spekulationen. Von Sony dringt nur wenig nach außen.

Huaweis "Matebook"
Mit der Einladung zum Mobile World Congress hat Huwei-Chef Yu Chengdong bereits einen groben Hinweis auf das neue Produkt gegeben. Auf dem öffentlichen Brief steht der Satz "The new style of business" in einem Schrifttypen, den Nutzer sonst nur von Tablets oder Convertibles kennen. Experten vermuten deshalb, dass der chinesische Hersteller passend zum MWC ein sogenanntes "Matebook" auf den Markt bringen wird, für dessen Namen sich Huawei im Herbst die Rechte sicherte. Es soll laut Insidern ein Convertible sein, das Verbraucher als Notebook oder Tablet nutzen können. In Sachen Betriebssystem sind sich die Insider uneinig: Einige glauben, dass auf den Geräten Windows 10 laufen wird, andere, dass es Android sein wird.
Ob Huawei auch sein neues Smartphone P9 vorstellt ist noch immer unsicher. Nach ersten Informationen ist das Smartphone im Leistungsbereich als Midrange-Gerät einzustufen. Die Diagonale des Displays soll 5,2 Zoll messen, der interne Speicher maximal 16 Gigabyte groß sein. Wie die meisten anderen neuen Smartphones soll es mit einem Fingerabdruck-Sensor ausgestattet sein.
Diese Unterrepräsentation insbesondere Afrikas hängt vermutlich damit zusammen, dass weniger die Anbieter von Mobilfunkdiensten als vielmehr Hardware- und Software-Anbieter zu den wesentlichen Ausstellern auf der Messe gehören. Diese brauchen natürlich auch die Telefongesellschaften, damit ihre Produkte auch entsprechende Nachfrage finden; sie werden vermutlich die Messe besuchen.
Handy-Markt in Afrika boomt
Es wäre aus mindestens zwei Gründen fatal, wenn die Hersteller der Software und der Telefone die Entwicklungsländer aus dem Blick verlieren. Während die Märkte in der reichen Welt, das heißt der OECD, sich langsam der Sättigung nähern und die Mobiltelefonie-Durchdringung bei über 100 Prozent zu liegen scheint, sind die Märkte in den Entwicklungsländern die am schnellsten wachsenden.
Von 2000 bis 2012 wuchs die Anzahl der Mobiltelefone in Afrika von 16.5 Millionen auf 650 Millionen, 2015 waren 350 Millionen internetfähige Telefone im Umlauf. Das Wachstum der Nachfrage nach Smartphones wurde Anfang des Jahres 2015 auf rund 40 Prozent geschätzt.
Dieses Wachstum dürfte sich fortsetzen. Daran beteiligt zu sein, dürfte für viele Anbieter von Hardware überlebenswichtig sein und erfordert sicherlich spezifische Lösungen für Kunden aus Entwicklungsländern, denn die Kaufkraft dort ist natürlich geringer als in den Wohlstandsgesellschaften des globalen Nordens.
Dort sind das Mobiltelefon und dessen Anwendungen eher Lifestyle-Produkte denn ökonomische Notwendigkeit. Dies ist in den Entwicklungsländern ganz anders, in denen viele Anwendungen der Mobiltelefonie bare Notwendigkeit und vor allem instrumentell für weitere Entwicklung sind.
Dabei fällt auf, dass zum Einen der Verkauf der Anwendungen Einkommen generiert, sich aber zum Zweiten mit Hilfe dieser Anwendungen deutliche Mehrwerte erzielen lassen. Dies zeigt sich an vielen Beispielen, zum Beispiel der Gesundheitsversorgung.
Eine Masterarbeit an der Friedrich-Schiller-Universität hat jüngst gezeigt, dass die Durchdringung mit Mobiltelefonie in Afrika positiv mit der Lebenserwartung korreliert ist. Spezielle Anwendungen beziehen sich auf Beratung von Patienten, Unterstützung von Operationen durch externe Experten via Internet und das Nachvollziehen der räumlichen Verbreitung einer Krankheit (Tracking). Afrikanische Software Entwickler arbeiten dabei zusammen mit Anbietern der Hardware und mit Gesundheitsunternehmen in der OECD.
Ein weiteres Beispiel ist die Landwirtschaft. Durch die Anwendungen der Mobiltelefonie können sich Landwirte über Nachfragegewohnheiten, Marktpreise, und regionale Unterschiede informieren. Die Funktionsfähigkeit der Märkte wird dadurch unterstützt, überflüssige Wege und Fehlallokationen werden so vermieden.
Finanzdienstleistungen per Smartphone
Auch in diesem Sektor sind afrikanische Software-Unternehmen unterwegs, die zum Teil in mehreren Ländern operieren. Das prominenteste Beispiel ist das Finanzwesen. Entwicklungsländer leiden nach wie vor unter einer zu geringen Sparquote und einem schwach entwickelten Finanzmarkt. Allein die Infrastruktur (Bankfilialen, Geldautomaten) ist schwach, was auch zum Teil mit der geringen Bevölkerungsdichte in manchen Regionen zu tun hat.
In Kenia hat ein Mobiltelefonanbieter einen enorm erfolgreichen Strauß an Finanzdienstleistungen angeboten, der den Finanzmarkt dort und in ganz Afrika enorm beflügelt hat. Damit wird es erheblich leichter, Geschäfte zu machen, Kredite zu erhalten und so Wachstumsprozesse in Gang zu setzen.
Schließlich sind noch Bildungsangebote (e-learning) und staatliche Verwaltung bis hin zur Wahl oder der Steuerzahlung mithilfe des Telefons (e-government) zu nennen. Diese Trends bedeuten für Regierungen, dass die Bürger sich besser und schneller informieren können – auf diese Weise könnte die Mobiltelefonie sogar dazu beitragen, dass sich Schwächen in der Governance in einigen Entwicklungsländern, zum Beispiel die hohe Korruption, schneller überwinden lassen.
Tatsächlich ist die Mobiltelefonie ein echter Entwicklungstreiber geworden. Sie ist aus dem täglichen Leben in Entwicklungsländern nicht mehr wegzudenken. Es besteht somit die berechtigte Hoffnung, dass es diesen Ländern mithilfe moderner Kommunikations- und Informationstechnologien gelingen kann, einige technologische Entwicklungsschritte zu überspringen (Leapfrogging).
Natürlich ist das Mobiltelefon nur ein Baustein für Entwicklung, aber es kann ein wichtiger Baustein sein – auf der Messe wird das sicherlich berücksichtigt.











