Sugar: Das steckt hinter der neuen App von Gorillas-Gründer Kagan Sümer

Kagan Sümer ist in Istanbul geboren, hat bei Rocket Internet in Berlin gelernt und dann sein eigenes Start-up Gorillas gegründet.
Der türkische Unternehmer Kagan Sümer ist 2021 zum Vorbild der deutschen Gründerszene aufgestiegen, bis dato hatte niemand ein Unternehmen so schnell zur Milliardenbewertung geführt. Nur knapp ein Jahr hatte es gedauert, bis sein Schnelllieferdienst Gorillas in den Club der sogenannten Einhörner aufgenommen wurde. Der Hype um das Start-up und den Gründer wuchs, er zog Tausende Bewerber an. Sümer wurde als Visionär beschrieben, als ehrgeizig, er brenne für sein Unternehmen. Genauso groß wie das Lob war allerdings auch die Kritik – an seinem Führungsstil und seiner Launenhaftigkeit. Investoren steckten dennoch über eine Milliarde Euro in den Lieferdienst.
Ein Jahr später kam der Abstieg, Ende 2022 wurde Gorillas für einen Bruchteil seiner ursprünglichen Bewertung an den türkischen Wettbewerber Getir verkauft. Bestandteil des Deals war es, dass Sümer das Unternehmen mit sofortiger Wirkung verlassen sollte. Seitdem war es still geworden um ihn. Bis jetzt.
Seit knapp einem Jahr arbeitet Sümer an dem neuen Start-up Sugar, eine Social-Media-App mit Fokus auf Gesundheit. Das „Manager Magazin“ berichtete zuerst darüber. Jetzt gibt die Webseite mehr Details über das Vorhaben bekannt.
Sugar scheint in erster Linie eine junge Zielgruppe ansprechen zu wollen: Der Name in Luftballonschrift, Fotos und App-Screenshots umrahmt von Emojis und ein lockerer, eingängiger Text. „Der Weg zu einem gesünderen Leben führt durch viele Höhen und Tiefen“, beginnt das Unternehmen seine App zu erklären. Die Idee: An diesem Weg sollen alle Freunde teilnehmen. „Es geht nicht allein um das Gesundheitsprogramm, das du durchziehst, sondern den ganzen Kram drumherum.“
Motto von Sugar: Wetteifern und Angeben
Die App will eine Community aufbauen. Screenshots der App zeigen Nutzer, wie sie Fotos von ihren Sportübungen teilen oder den Live-Standort beim Joggen. Wie sie nach einer zusätzlichen Person für ein Basketballspiel suchen, sich gegenseitig anfeuern und in Sportübungen vergleichen, die Ergebnisse teilen. Wie sie Standorte von Fitnessstudios sammeln, als wären es Trophäen. Wetteifern und Angeben lautet das Motto des Start-ups.

Screenshot der Sugar-Website
Der Gründer möchte sich aktuell nicht zu seinen Plänen äußern. „Es geht um Gamification“, sagt ein Investor, der namentlich nicht genannt werden will. Sugar will Gesundheitsdaten tracken und mit dem Ansatz eines sozialen Netzwerks Nutzer auf der Plattform halten. Die Nutzer sollen laut Sugar ein oder mehrere Ziele vor Augen haben: besser schlafen, die Ernährung ausbauen, fitter werden oder die Psyche stärken.
Noch sammelt Gründer Sümer Produkttester für eine Beta-Phase. Auch Programmierer sucht der Unternehmer für sein Vorhaben. Bei einer Tech-Konferenz im Mai kündigte Sümer an, die App im Dezember starten zu wollen. Eine Hürde gibt es jedoch noch: Das Start-up streitet sich mit dem Software-Unternehmen SugarCRM über den Namen.
Streit mit KKR-Tochterfirma
Sümer hatte im Herbst eine Wortmarke für Sugar beim Europäischen Markenregister angemeldet. Monate später meldete sich die Software-Firma aus dem Silicon Valley, um die Eigenmarke zu unterbinden. Hinter SugarCRM, einem Anbieter für Costumer-Relationship-Management, steht der Private-Equity-Riese KKR. Ein zu großer Gegner für Kagan Sümer und sein Team.
Der Gorillas-Gründer ist neu in der Gesundheitsbranche, die sich durch die Vielzahl von Regulierungen und Gesetzen stark von seinem früheren Geschäftsmodell, dem Lebensmittellieferdienst unterscheidet. Das sei ihm bewusst, sagte Sümer auf der Tech-Konferenz im Frühjahr. Er hat sich daher Expertise von McKinsey geholt. Sümer kümmere sich um das Wohlergehen der Nutzer, seine beiden Mitgründer, die Unternehmensberater Anna Karamanli und Lars Herberholz, um Bürokratie und Technik.
Medienberichten zufolge hat der Gorillas-Gründer für sein Vorhaben bereits mehrere Wagniskapitalgeber hinter sich vereint. Christophe Maire, Gorillas-Unterstützer der ersten Stunde, sei mit seinem Fonds Foodlabs erneut investiert, außerdem kleinere Fonds aus London und Wien sowie diverse Business Angels. Laut „Manager Magazin“ sammelte Sugar in Summe einen zweistelligen Millionenbetrag ein.
Die meisten Finanziers haben noch in das erste Geschäftsmodell von Sugar investiert, wie einer gegenüber „WirtschaftsWoche“ berichtet. Weil Gorillas für viele Wagniskapitalgeber ein Minusgeschäft war und Sümer in der Gründerszene umstritten ist, soll der Unternehmer viele Absagen erhalten haben.
Weg von Blutdiagnose
Im Frühjahr vorigen Jahres warb Sümer für ein Blutdiagnostik-Start-up um finanzielle Mittel. Mirror sollte das Unternehmen heißen. Laut Pitchdeck, das „WirtschaftsWoche“ vorliegt, wollte die Firma Blutwerte messen und analysieren, passende Nahrungsergänzungsmittel verkaufen und in einem nächsten Schritt eigene Wearables und Versicherungen anbieten.
Das Geschäftsmodell wurde schnell überworfen. Wenige Monate später kam Sümer mit Sugar und der Idee für das soziale Netzwerk. Wie er mit der App Geld verdienen will, bleibt unklar. Dem „Manager Magazin“ sagte der Gründer, er könne sich vorstellen, den Nutzern wie einst geplant Vitaminpillen und Blutanalysen anzubieten. Einem Investor zufolge ist ein Modell über Leadgenerierung möglich: Sugar empfiehlt bestimmte Marken und bekommt von diesen Unternehmen eine Provision.
Im Vergleich zu dem Lieferdienst, der aufgrund der zahlreichen Warenlager und Kurierfahrer sehr kapitalintensiv war, dürfte das Software-Unternehmen weitaus weniger Geld benötigen. Die Konkurrenz ist trotzdem hoch: Sämtliche Fitnesstracker machen es möglich, sportliche Fortschritte in den sozialen Netzwerken zu teilen. Die Nutzer zu einem neuen Medium zu locken, dürfte daher schwierig sein.
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