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Werner knallhartWas soll ich eigentlich noch bei Xing?

Ich habe eine E-Mail bekommen: Das soziale Business-Netzwerk Xing hat jetzt 10 Millionen deutschsprachige Mitglieder. Und: Eins davon bin ich. Seit zehn Jahren bin ich dabei - ohne einen einzigen positiven Effekt! Und nu?Marcus Werner 20.04.2016 - 07:38 Uhr

Das soziale Business-Netzwerk Xing hat jetzt 10 Millionen deutschsprachige Mitglieder.

Foto: dpa

Bei mir ist das so: Ich miste nicht so gerne alte Schuhe aus, weil ich immer auf den einen Moment warte. Den, bei dem ich ein seit Jahren ignoriertes Paar aus dem Keller wieder mal anziehe und dann sagt jemand: "Coole Schuhe. Neu?"

Und so ähnlich ist es bei mir auch mit Xing. Ich bin da schon solange dabei, damals hießen die noch OpenBC. Ich bin da immer noch, weil es ja doch mal passieren kann, dass sich das auszahlt. Ich habe auch nach über zehn Jahren den Glauben nicht aufgegeben, obwohl es bislang nicht einen einzigen Xing-Moment gegeben hat, der mich beruflich auch nur einen Hauch weiter gebracht hätte.

Nun gut, ich habe mir in all den Jahren nicht gerade ein riesiges Xing-Netzwerk aufgebaut. Ein Freund von mir hat so viele mit ihm auf Xing verbundene Kontakte, da zeigt das System nur noch an: 999+

Nutzerzahlen der bekanntesten sozialen Medien
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Bei mir stagniert es seit Jahren bei um die 150 oder so. Weil ich mich frage: Wozu brauche ich diese Verbindung auf Xing? Leute, denen ich geschäftlich verbunden bin, erreiche ich per Telefon oder E-Mail. Kollegen, die gute Bekannte oder meine Freunde sind, dürfen mich jederzeit gerne per WhatsApp und Threema anschreiben.

Ich habe bei Xing schon Gesichter von Leuten gesehen, die mir das System als zukünftige Kontakte vorschlägt, mit denen stehe ich in regelmäßigem persönlichen Kontakt. Dann mache ich die bei Xing zu meinen Kontakten und denke mir: Und nu?

Wozu brauche ich eine weitere Liste mit Kontakten auf Xing? Ich bekomme regelmäßig E-Mails mit Informationen, dass der eine jetzt eine neue Jobbezeichnung hat und eine andere sogar eine komplett neue Aufgabe. Ok, interessant. Aber das veröffentlichen viele ja ohnehin auf Facebook.

Ich hatte die Hoffnung, dass mich auf Xing zusätzlich zu meiner Website Leute finden, die an meiner Arbeit und gar an einer Zusammenarbeit interessiert sind. Aber das läuft bei mir weiter allein über persönliche Empfehlungen oder eben über meine Site. Auf Xing: Flaute.

Erst dachte ich: "Marcus, du bist einfach zu geizig. Du brauchst das kostenpflichtige Profil. Gönn dir den Business-Luxus, du alter Profi, und deine Karriere steigt auf bis zu den Sternen."

Aber auch meine neue Großzügigkeit brachte mir nichts weiter als das Gefühl, ich hätte nicht so großzügig sein sollen. Ich bestellte das Abo wieder ab.

Xing

Berufs-Netzwerk will Mitgliederzahl mehr als verdoppeln

Und nun dümpelt mein Profil da so herum. Aktivitätsgrad: Null Prozent. Gerade eben war ich mal wieder drin und habe ein paar Kontaktanfragen bestätigt. Und frage mich mal wieder: Und nu?

Das Blöde ist außerdem: Bei Portalen, die ich so selten aufsuche, vergesse ich ständig das Passwort. DriveNow, REWE online und so. Jeder Besuch beginnt mit derselben Zeremonie: "Passwort vergessen? Wir schicken Ihnen eine E-Mail..." Maaaann!

Nur: Bei DriveNow will ich fahren. Bei REWE will ich was Leckeres bestellen. Aber bei Xing? Was soll ich da? Da will ich ja eigentlich gar nichts.

Vielleicht bin ich einfach nicht der Xing-Typ. Wildfremde Menschen einzeln oder in Gruppen anschreiben, um sie zu fragen, ob wir vielleicht mal irgendwie ins Geschäft kommen wollen: nicht mein Ding.

Platz 10: engagiert

Wer in Karrierenetzwerken ein Profil anlegt, will sich von der Masse abheben – denkt man. Doch die Realität sieht ganz anders aus, wie eine aktuelle Analyse von Linkedin zeigt. Das Online-Karrierenetzwerk hat mehr als 400 Millionen Nutzeroprofile ausgewertet und daraus die Top zehn der meistgenutzten Schlagwörter ermittelt – in Deutschland und auf der ganzen Welt. Die Eigenschaft „engagiert“ geben sich die Deutschen 2015 weniger als die Nutzer aus dem Rest der Welt: Platz zehn hierzulande, Platz sieben international.

Quelle: Linkedin Deutschland, Österreich, Schweiz

Foto: Fotolia

Platz 9: erfolgreich

Eine gesunde Portion Selbstbewusstsein ist gut für die Karriere. Doch die Begeisterung an sich selbst hält sich in Deutschland eher in Grenzen: Das Wort steht hierzulande auf Platz neun, im globalen Vergleich sogar auf Platz sechs. Viele Profile wirken gleich und austauschbar, von Individualität ist kaum etwas zu sehen.

Foto: Fotolia

Platz 8: Erfolgsgeschichte

Wer glänzt nicht gern mit der eigenen Erfolgsgeschichte? Bei den Deutschen ist der Begriff beliebt – Platz acht. Im globalen Vergleich landet der Begriff auf den zehnten Platz. Doch allein der Begriff reicht nicht. Alexandra Kolleth, Mitglied der Geschäftsleitung Deutschland, Österreich, Schweiz sagt dazu: „Mitglieder sollten, um sich vom Wettbewerb abzuheben, aber immer auch gute Belege für ihre Beschreibung liefern. Erfolgreich abgeschlossene Projekte oder Empfehlungen, die auf eine bestimmte Eigenschaft Bezug nehmen, bieten sich hier an.“

Foto: Fotolia

Platz 7: verantwortungsvoll

Nutzer verwenden oft dieselben Schlagwörter, um sich zu beschreiben. Auf Rang sieben der Top zehn der meistgenutzten Schlagwörter hierzulande folgt „verantwortungsvoll“. Die Nutzer außerhalb von Deutschland legen auf die Eigenschaft gar keinen Wert. „Wer Begriffe aus unserer Buzzword-Liste in seinen Profilen verwendet, muss diese nicht unbedingt löschen“, so Alexandra Kolleth.

Foto: Fotolia

Platz 6: Leidenschaft

Sie gehen morgens gerne zur Arbeit und sehen in Ihrer Tätigkeit einen Sinn? Dann haben Sie Leidenschaft für Ihren Beruf. Bei den deutschen Nutzern landet dieser Begriff auf den sechsten Platz. Noch leidenschaftlicher gehen aber die Nutzer aus der ganzen Welt an die Arbeit heran.

Foto: Fotolia

Platz 5: Expertenwissen

Wer im Job weiterkommen will, muss auf sich aufmerksam machen. Mit dem Begriff „Expertenwissen“ geht das allemal. Doch auch andere deutsche Linkedin-Nutzer geben das Wort an – Platz fünf. Internationale Nutzer verwenden es dagegen gar nicht.

Foto: Fotolia

Platz 4: kreativ

Gute Einfälle kommen im Berufsalltag immer gut an. Deshalb sagen die Deutsch am vierthäufigsten von sich, sie seien „kreativ“. Im globalen Vergleich steht dieses Wort sogar noch weiter vorn: auf dem dritten Platz. Doch nicht alle Berufsgruppen legen auf dieselben Dinge wert: So beschreiben sich am häufigsten Marketingleute als „kreativ“...

Foto: Fotolia

Platz 3: motiviert

Studenten bezeichnen sich am liebsten als „motiviert“. Obwohl der Begriff „motiviert“ in den Top drei der am häufigsten verwendeten Schlagwörter in Karriereprofilen landet, geben sich die Nutzer aus dem Rest der Welt viel häufiger diese Eigenschaft: Platz zwei.

Foto: Fotolia

Platz 2: strategisch
Am zweithäufigsten geben die deutschen Nutzer die Eigenschaft „strategisch“ an. Vor allem Vertriebsspezialisten arbeiten immer strategisch. Bei der Nutzern aus dem Rest der Welt hingegen ist der Begriff weniger relevant – Platz fünf.

Foto: Fotolia

Platz 1: Führungsqualität

Ungeschlagen an der Spitze stehen die „Führungsqualitäten“ – sowohl in Deutschland als auch global ist dies das am häufigsten genutzte Wort. Vor allem Personaler schmücken sich damit. Doch ob das gut ankommt, wenn man nur „Ich verfüge über Führungsqualitäten“ schreibt?

Foto: Fotolia

Ich habe gerade eben mit einem guten Freund telefoniert. Der hat gar nicht mal so viel mehr Xing-Kontakte als ich, aber der ist Feuer und Flamme. Kein Wunder, den Glückspilz hat schließlich ein Headhunter über Xing entdeckt und hat ihm einen neuen Job besorgt. Und den Job findet mein Kumpel geil.

So erkennen Sie Fake-Profile bei LinkedIn und Co.
Falsche Firmen
Bilder von Frauen
Kopierte Texte
Schlagwort-Flut
Fehlende Daten

Und so nutzt er Xing als sein privates Kontakte-Verzeichnis und für Recherchezwecke (Motto: Wer kann was?). Wenn man ihn so hört, kriegt man Lust, sein Xing-Profil für ein letztes großes Aufbäumen richtig schön aufzupolieren und es endlich krachen zu lassen.

Nach dem Telefonat habe ich mir im Überschwang erstmal drei neue Kontakte gemacht bei Xing.

Aber schon fällt mir da der nächste Knackpunkt ein, den mein Kumpel gerade ansprach: "Also bei Xing habe ich ungefähr 200 Kontakte. Bei LinkedIn so 300."

LinkedIn. Das weltweite berufliche Netzwerk. Der gewaltige internationale Konkurrent - mit nach eigenen Angaben 400 Millionen Nutzern. Seit 2009 gibt es das Angebot auch auf Deutsch.

Es ist so frustrierend. Da hat man eine erfolgreiche Idee und wird dann irgendwann vom amerikanischen Konkurrenten überrollt. StudiVZ wurde seinerzeit von Facebook platt gemacht. Und es fühlt sich für mich persönlich irgendwie so an, als könnte das Hamburger Unternehmen Xing das nächste Opfer der Internet-Weltmacht Kalifornien sein.

Denn: Warum seine Kontakte auf zwei Plattformen verteilen, wenn es den universellen internationalen Anbieter gibt, bei dem man auch seine Geschäftspartner findet, die nicht aus der D-A-CH-Region kommen?

Aber noch ist es nicht so weit. Noch machen Millionen von Menschen die Zweiteilung mit. LinkedIn hat sogar selber mal gesagt, sie verstünden dieses Phänomen auf dem deutschen Markt nicht.

Fragt sich nur, wie aktiv diese ganzen treuen Xing-Mitglieder sind.

Laut der Xing-E-Mail von vorgestern bin ich ein "Top XING Mitglied". Mit gerade mal 150 Kontakten und einem Aktivitätsgrad von null Prozent. Xing schreibt mir: "Herzlichen Glückwunsch! Sie gehören zu den Top Netzwerk-Profis. Weiter so!"

Weiter so? Na gut.

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