Erotikmesse AEE Zu sündig für Las Vegas

Die Adult Entertainment Expo ist der ungeliebte Stiefbruder der Consumer Electronic Show in Las Vegas. Ausgerechnet im Jubiläumsjahr herrscht Flaute.

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In Las Vegas gibt sich die Quelle: REUTERS

Bobbi Starr ist nicht aus der Ruhe zu bringen. Die Brünette sitzt im knappen Bikini auf einem Podium in Halle B des Sand Expo Konferenzzentrums in Las Vegas und signiert lächelnd Autogrammkarten. Gerade hat sie sich mit einem Dutzend Fans ablichten lassen, ein weiteres steht mit Digital- und Videokamera bewaffnet geduldig in der Schlange. Nur fünfhundert Meter weiter werden auf der Unterhaltungselektronikshow CES die neuesten Elektronikspielzeuge fürs traute Heim präsentiert. Starr verkauft Illusionen. Sie ist Stargast des ungeliebten Stiefbruders der CES, der Adult Entertainment Expo, kurz AEE.

Seit 25 Jahren findet die Messe für Erwachsenenunterhaltung – oder schlicht Pornomesse – am Rande und im Schatten der CES statt, genährt erst vom Boom der VHS-Videokassette und später vom DVD-Player. Es ist eine eher züchtige Veranstaltung. Zu viel Frivolität ist selbst in der Sündenstadt Las Vegas nicht gestattet, zumindest nicht öffentlich. Die Firma Pink Visual, die sich auf virtuellen Sex spezialisiert hat, sah von öffentlichen Vorführungen aus Angst vor Ärger mit den Behörden doch lieber ab. "Im Gegensatz zur Venus-Messe in Berlin ist das hier alles gesittet", sagt Ryan Poirier vom Sexspielzeug-Anbieter Jimmy Jane.

Die Pornoproduktion rentiert sich nicht

So bietet die Sexmesse ausgerechnet im Jubiläumsjahr ein klägliches Bild. Während die CES immer größer wird – allein in diesem Jahr 2500 Aussteller und über 120.000 Besucher– schrumpft die Pornomesse seit 2005. Gerade mal 170 Aussteller, die meisten mit Ministänden, haben den Weg nach Las Vegas angetreten. Die Glanzzeiten der späten neunziger Jahre, als sich aufwändige Porno-Produktionen noch für fünfzig Dollar pro DVD verkaufen ließen und Firmen wie Wicked oder Evil Angel sich mit gigantischen Messeständen zelebrierten, sind vorbei.

Heute ist man froh, wenn überhaupt jemand etwas zahlt. Die Pornofilmer plagen die gleichen Probleme wie die traditionelle Medienbranche – zu viel freie Inhalte im Internet, zu wenig Umsätze durch Werbung. Die Umsätze mit DVDs sind seit 2007 um mindestens 30 Prozent gefallen. Der Porno-Boom im Internet hat den Absturz nicht ausgleichen können.

Die Folge: Der Umsatz der US-Pornobranche ist rückläufig. Mitte der vorigen Dekade lag er noch bei etwa 14 Milliarden Dollar, heute wird er nur noch auf 12 Milliarden Dollar geschätzt. Immer noch ein Milliardengeschäft.Eine verlässliche Größe sind nur noch Sexspielzeuge, die sich diskret übers Internet einkaufen lassen. Das Geschäft läuft so gut, dass Anbieter wie Jimmy Jane ihre Produkte von Stardesignern wie Yves Behar haben entwerfen lassen. Den RealTouch, eine künstliche Vagina aus Spezialmaterial, designte ein ehemaliger NASA-Ingenieur. "Die wollen wir dieses Jahr endlich auch nach Europa bringen", sagt Verkaufschef Scott Rinaldo auf der AAE.

Mystim, eine Tochter des Medizintechnikherstellers Hofmann stellt in Las Vegas Dildos mit Reizstrom-Elektroden aus, "made in Germany" und Massagewachskerzen. Marketingmanagerin Jessica Hofmann vermarktete vorher Lavazza-Kaffee. Was der Unterschied zu den jetzigen Produkten ist? "Wir können etwas frecher sein", sagt Hofmann und lacht. Aber nicht zu frech – zumindest nicht in Las Vegas.

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