Es muss ja nicht unbedingt ewiges Leben sein. Aber ein paar Jahre mehr, so denken viele, das wäre nicht schlecht. Lange war die Idee mit der Lebensverlängerung nur ein ferner Traum. Doch nun rückt seine Erfüllung in greifbare Nähe. Jedenfalls für Taufliegen im Kölner Max-Planck-Institut (MPI) für Biologie des Alterns.
Während normale Taufliegen nur 50 bis 60 Tage alt werden, leben Vertreter der Zuchtlinie dilp2-3,5 gut doppelt so lange. Der Grund: Der Forscher Sebastian Grönke und seine Kollegen haben drei der Fliegen-Gene gezielt ausgeschaltet. Das lässt die nur drei Millimeter kleinen Tiere so alt werden. Und wenn der Biologe mithilfe von Duftstoffen das Erinnerungsvermögen der Winzlinge testet, zeigt sich zudem: Seine Fliegen-Methusalems sind bis ins hohe Alter geistig auch noch topfit.
Was Forscher wie Grönke an Modellorganismen wie der Taufliege, dem Fadenwurm, Mäusen, Fischen und Affen gerade über die biologischen Grundlagen des Alterns lernen, soll bald auch auf den Menschen übertragbar sein.
Gesundes Altern ermöglichen
Dabei geht es zunächst weniger darum, die Lebensspanne an sich zu verlängern. Die Wissenschaftler wollen vor allem erreichen, ein gesundes Altern zu ermöglichen – ohne Krebs, Diabetes, Alzheimer und Herzinfarkt. „Wir haben eine Reihe von Angriffspunkten für Medikamente gegen das Altern entdeckt“, sagt MPI-Direktorin und Alternsforscherin Linda Partridge. Die ersten Mittel werden bereits getestet.
Eine Wunderpille gegen die Gebrechen des Alters? Nichts scheint mehr ausgeschlossen. Auf einmal erlebt die Erforschung des Alterns enormen Auftrieb. Ärzte, Versicherungen und Politiker setzen größte Hoffnungen in die sogenannte Gerontologie.
Zu Recht. Denn die Forscher förderten in den vergangenen Jahren bahnbrechende Erkenntnisse zutage: Sie verstehen jetzt viel besser, wie sich der Prozess des Alterns möglicherweise bis zum letzten Atemzug herauszögern lässt.
Das würde enorme Probleme lösen. Denn die Menschen werden dank der Errungenschaften der High-Tech-Medizin zwar immer älter: Die Lebenserwartung hat sich in den vergangenen 130 Jahren mehr als verdoppelt. Doch weil die Evolution den Menschen nur für seine reproduktive Lebensspanne bis etwa 40 Jahren optimiert hat, nehmen danach Alterserkrankungen wie Herz-Kreislauf-Leiden, Diabetes, Altersdemenzen und Gelenkschäden zu. Und mit jedem gewonnenen Lebensjahr dehnt sich auch die Phase des Leidens und Dahinsiechens immer weiter aus.
Triste Aussichten sind das. Oder, um es mit Loriot zu sagen: „Im Großen und Ganzen ist das Altern ist eine Zumutung.“
Großer Trend
Klar ist auch: Immer mehr alte und kranke Menschen überfordern die Sozialsysteme, fürchten Gesundheitspolitiker. Die medizinische Versorgung werde schlichtweg nicht finanzierbar sein, wenn sich die Zahl der Pflegefälle in Deutschland bis 2060 verdoppelt – und die Zahl der Erwerbstätigen gleichzeitig sinkt (siehe Grafiken).
Weltweit ist Alternsforschung deshalb einer der großen medizinischen Trends. Zum Beispiel für die Pharmaindustrie. „Wir müssen für die Alterserkrankungen neue Arzneimittel entwickeln, die die Menschen fit halten bis zum Schluss“, sagt Elias Zerhouni, der Forschungschef des deutsch-französischen Medikamentenherstellers Sanofi.