Radar- und Satellitendaten Erst im letzten Moment: Russland leitet Flüge von der Ukraine weg

Zivile Verkehrsflugzeuge fliegen auf den Nord-Süd-Routen etwa von und nach Moskau seit der Nacht nicht mehr an der Ukraine entlang, sondern über Kasachstan. Quelle: Flightradar24

Flugdaten aus der Nacht auf Donnerstag belegen: Erst unmittelbar vor dem Angriff lenkte Russland Urlaubs- und Linienflieger weg von der Ukraine.

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Am Montagabend hatte Russlands Präsident Wladimir Putin seine Truppen in die abtrünnigen Regionen im Osten der Ukraine beordert. Und dennoch zeigten Radar- und Satellitendaten, dass russische Fluglotsen nach wie vor den zivilen Flugverkehr unmittelbar an der Konfliktzone entlang leiteten. In einigen von der WirtschaftsWoche ausgewerteten Fällen flogen die Jets gerade mal rund 15 Kilometer von der Grenzlinie entfernt.

In der Nacht auf Donnerstag hat sich die Lage dramatisch verändert. Erste Meldungen von russischen Angriffen auf die Ukraine tauchten auf. Und russische Fluglotsen räumten den Luftraum östlich und nördlich der Ukraine großräumig, wie Daten des Flugüberwachungsdienstes Flightradar24 zeigen. Staaten sind durch die Regeln der internationalen Zivilluftfahrtorganisation ICAO verpflichtet, solche Lufträume über ihrem Territorium zu schließen, in denen die Sicherheit von Flügen nicht gewährleistet werden kann.

Von der deutschen Pilotenvereinigung Cockpit heißt es auf Anfrage: „Unsere Flugsicherheitsexperten raten dazu, alle Lufträume, deren Status und Sicherheit ungeklärt ist, großräumig zu umfliegen.“ Das schließe die Ukraine mit ein. „Hier sollten mindestens 100 nautische Meilen, rund 185 Kilometer, Abstand gehalten werden“.


Mehrere Staaten hatten für ihre Airlines bereits vor Wochen Warnungen ausgesprochen. Die US-Flugaufsicht FAA etwa verhängte schon vergangenes Jahr die Gefahrenstufe zwei für die Gegend und riet allen US-Maschinen, auf russischer Seite mindestens 100 Meilen Abstand zur Grenze zu halten.

Das Vorgehen der russischen Luftfahrtbehörden und der Piloten, die Gefahrenzone dennoch zu überfliegen, hatte in den vergangenen Tagen Fragen aufgeworfen – auch weil am 17. Juli 2014, zu Beginn des ersten Ukrainekonflikts, bereits ein ziviles Verkehrsflugzeug über der Region abgeschossen wurde. Die Maschine der Malaysia Airlines befand sich mit 298 Insassen, darunter 80 Kindern, auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur. Alle kamen dabei ums Leben. Eine russische BUK-Flugabwehrrakete hatte das Flugzeug in der Nähe von Donezk getroffen.

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Bei den Flugzeugen, die in den vergangenen Tagen extrem nah an der Konfliktzone vorbeiflogen, handelt es sich vor allem um Maschinen russischer Linien wie der Aeroflot, dem Billigflieger S7 und der ehemals deutschen, inzwischen russischen Azur Air. Eine Taktik, die auch als Ablenkungsmanöver gewertet werden kann.

Politische Reaktionen zu Russland: Wie reagiert die Welt?

Die neuesten Flugdaten zeigen jetzt, dass die russischen Fluglotsen die internationalen Regeln nun einzuhalten scheinen. Die Pufferzone ist zurzeit 300 bis 800 Kilometer breit. In ihr tauchen zurzeit nur hier und da einige staatliche Maschinen auf. Die Abflugtafel des Moskauer Flughafens Scheremetjewo zeigt, dass alle Flüge beispielsweise nach Sotschi und Anaya (Schwarzes Meer) oder Simferopol (Krim) gestrichen sind. Ebenso sieht es am Moskauer Flughafen Domodedovo aus. Flüge beispielsweise nach Ägypten finden statt, werden allerdings weiträumig umgeleitet, etwa über das Territorium von Kasachstan.

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