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Rigontec-Chef Christian Schetter15 Millionen Euro für neuartige Krebs-Therapie

Das deutsche Biotechnik-Start-up Rigontec sammelt 15 Millionen Euro ein, um seine neuartige Krebsimmuntherapie bald am Menschen testen zu können. Der Markt für solche Krebsmedikamente soll nach Analystenmeinung bald auf 35 Milliarden Dollar pro Jahr ansteigen.Susanne Kutter 06.09.2016 - 11:55 Uhr

Krebs entsteht nur durch ungesunde Lebensweise

Wer rotes Fleisch isst, raucht, trinkt und ins Solarium geht, bekommt Krebs, wer gesund lebt, nicht. Das stimmt so nicht, wie der „Bericht zum Krebsgeschehen in Deutschland“ des Zentrums für Krebsregisterdaten (ZfKD) am Robert Koch-Institut zeigt.
Bei vielen Krebsarten steigt das Erkrankungsrisiko mit dem Alter.

Foto: dpa

Krebs ist ansteckend

Dieses Vorurteil hält sich standhaft. Dabei ist wissenschaftlich eindeutig nachgewiesen, dass Krebs weder über den normalen Umgang mit Patienten noch über die Pflege, nicht einmal über Sex, übertragen werden kann. Denn Patienten scheiden die Krebszellen nicht aus. Kommt ein Mensch versehentlich mit Tumorgewebe direkt in Berührung, erkennt das Immunsystem die fremden Körperzellen und eliminiert sie. Derzeit geht die Wissenschaft davon aus, dass dieser Schutzmechanismus sogar funktioniert, wenn man eine Bluttransfusion mit dem Blut eines Krebskranken verabreicht bekommt.

Quelle: Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums

Foto: dpa/dpaweb

Abtreibung löst Brustkrebs aus

Dieses Gerücht ist eine echte Belastung für alle Frauen, die sich im Laufe ihres Lebens einmal gegen ein Kind entscheiden mussten. Ausgangspunkt ist eine Studie aus den USA, die weltweit in den Medien zitiert wurde. Diese legte nahe, dass Abtreibungen das Risiko für ein Mammakarzinom erhöhe. Kritiker bemängelten, dass mit der Studie keine Krebshäufung unter betroffenen Frauen nachgewiesen werden konnte. Auch ließe sich gar nicht ablesen, dass Abtreibung und Brustkrebs ursächlich etwas miteinander zu tun hätten. Mittlerweile wurden fundierte Studien durchgeführt, die zeigen, dass Schwangerschaftsabbrüche und auch ungewollte Fehlgeburten als Risiko für Brustkrebs relativ sicher ausgeschlossen werden können.

Foto: dpa

Zu enge BHs verursachen Brustkrebs

Auch diesen Mythos schürte ein Buch aus den USA. Darin hieß es, dass das Abklemmen der Lymphbahnen dazu führe, dass der Stoffwechsel nicht gut funktioniere und Schadstoffe nicht abwandern könnten. Ein Beweis oder eine wissenschaftliche Quelle für diese Behauptung konnten die Autoren jedoch nicht liefern. Inzwischen ist klar: Das Tragen von Büstenhaltern beeinflusst das Brustkrebsrisiko nicht, egal ob zu eng oder gut passend, mit Bügel oder ohne.

Foto: dpa

Viele Lebensmittel sind für Krebspatienten giftig

So viele Ratschläge Freunde und Bekannte auch auf den Lippen haben, eine sogenannte "Krebsdiät" gibt es nicht. Häufig wird vor Kartoffeln, Tomaten oder Schweinefleisch gewarnt, die angeblich giftig für Krebspatienten seien. Tatsächlich enthalten die Nachtschattengewächse Kartoffeln und Tomaten in ihren grünen Pflanzenteilen das schwach giftige Solanin. Krebs fördert dieser Stoff jedoch nicht.
Das Gerücht, Schweinefleisch sei schädlich, scheint eher einen weltanschaulichen oder religiösen Hintergrund zu haben. Wissenschaftliche Belege, dass das Fleisch ungesund ist, gibt es jedenfalls nicht.

Foto: dpa

Krebsrisiko steigt nach einer Sterilisation

Führt eine Durchtrennung der Eileiter oder Samenstränge zur Empfängnisverhütung zu Krebs? Hierauf ist die Antwort nicht so eindeutig zu geben. Bei Frauen konnte die Vermutung, eine Unterbindung der Eileiter führe zu Eierstockkrebs, bislang nicht durch Studien belegt werden. Bei Männern sieht die Sache etwas anders aus: Jahrelang galt eine Vasektomie als ungefährlich. Das Risiko, an Hodenkrebs zu erkranken, scheint tatsächlich nicht anzusteigen. Bei Prostatakrebs hingegen sehen die Wissenschaftler noch offene Fragen. Eine US-Studie die im Journal of Clinical Oncology veröffentlicht wurde und 50.000 Männer über einen Zeitraum von 24 Jahren beobachtete, wies auf einen leichten Anstieg aggressiver Prostatakarzinome nach einer Vasektomie hin. Der Mechanismus dahinter ist aber noch unklar.

Foto: dpa

Übergewicht macht krebskrank

Es gibt Studien, die sich mit der Frage beschäftigt haben, ob es einen Zusammenhang zwischen dem eigenen Körpergewicht und Brustkrebs gibt. Und tatsächlich müssen Frauen, die nach den Wechseljahren deutlich übergewichtig sind, mit einer höheren Erkrankungswahrscheinlichkeit leben. Für jüngere Frauen wurde dieser Zusammenhang bisher nicht bestätigt. Laut dem Krebsinformationsdienst laufen hierzu aktuell noch weitere Studien.

Foto: dpa

Verletzungen können Zellveränderungen auslösen

Bisher gibt es keinen Beleg dafür, dass Traumata des Gewebes wie Stöße, Schläge, Blutergüsse oder Quetschungen Krebs fördern. Ausgenommen sind Menschen, die lange Jahre unter einem Lymphödem leiden - einer chronischen Gewebeschwellung durch Flüssigkeitseinlagerung. Dadurch steigt das Risiko einer Form von Weichteiltumoren. Diese Tumore sind jedoch sehr selten.

Foto: dpa/dpaweb

Zucker füttert den Krebs

"Verzichte bloß auf Zucker!" Diesen Ratschlag hören krebskranke Menschen oft. Denn Zucker ist der Energielieferant schlechthin für unsere Zellen. Die Beobachtung des Energiestoffwechsels von Tumorzellen und ob sich dieser von gesunden Zellen unterscheidet, ist eine wichtige Frage der Krebsforschung. Bislang gibt es keine Studienergebnisse, die diese Theorie klar be- oder widerlegen könnten. Für eine zuckerfreie Ernährung von Krebspatienten fehlt daher die wissenschaftliche Grundlage. Krebsforscher warnen im Gegenteil vor allzu strengen Diäten, um den Körper und den Appetit, der ohnehin unter der Krankheit und der Therapie leidet, nicht zu überfordern.

Foto: dpa

HPV-Impfung kann Krebs auslösen

Die Befürchtung tauchte bereits vor acht Jahren auf. Damals wurde ein Impfstoff gegen sogenannten humanen Papillomviren (HPV) auf den Markt gebracht. Diese Erreger sind an der Entstehung von Gebärmutterhalskrebs beteiligt und an weiteren Tumoren im Intimbereich bei Frauen und Männern. Seit einiger Zeit weiß man, dass sie auch bei Krebs im Mund-Rachen-Raum eine Rolle spielen. In Deutschland empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO), Mädchen zwischen 12 und 17 Jahren zu impfen. Experten gehen davon aus, dass nicht nur Mädchen, sondern auch erwachsene Frauen, Jungen und Männer von einer Impfung profitieren: Sie kann vor vielen, wenn auch nicht allen virusbedingten Zellveränderungen bewahren, die langfristig zu Krebs führen. Das Impfen selbst kann keine HPV-Infektion hervorrufen. Voraussetzung für eine Ansteckung wäre, dass der Impfstoff Erbmaterial der Papillomviren enthielte. Dies ist aber nicht der Fall.

Foto: dapd

Wer fünf Jahre krebsfrei ist, ist geheilt

Etwa 500 000 Krebsfälle werden jedes Jahr in Deutschland neu registriert. Wer die heimtückische Krankheit überlebt, braucht Nachsorge, denn die Gefahr bleibt. Seit langem lautet die Faustregel: Wer fünf Jahre krebsfrei ist, gilt als gesund. Das hänge aber von der Tumorart ab, sagt Volker Arndt vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg. „Bei vielen Tumorarten, zum Beispiel Brust- und Prostatakrebs, weisen auch fünf Jahre nach der Diagnose Patienten schlechtere Überlebenschancen auf als nicht Betroffene. Auch treten manche Spätfolgen erst viele Jahre nach Abschluss der Therapie auf“, sagt der Experte.

Foto: dpa

WirtschaftsWoche Online: Herr Schetter, Sie haben gerade von Ihren bisherigen Geldgebern 15 Millionen Euro an frischem Kapital eingesammelt. Die stecken nun insgesamt 30 Millionen Euro in Ihr erst knapp drei Jahre altes Krebsforschungs-Start-up Rigontec. Warum?

Herr Christian Schetter: Weil wir einen völlig neuartigen Weg gefunden haben, die körpereigene Abwehr – das Immunsystem – gegen tödliche Tumore in Stellung zu bringen. Normalerweise übersehen die Immunzellen die Tumorzellen, weil diese sich sehr geschickt tarnen. Wir öffnen den Immunzellen sozusagen die Augen.

Ist das nicht genau dasselbe, was viele andere große Pharma- und Biotech-Firmen derzeit ebenfalls unter dem Begriff Krebs-Immuntherapie verstehen und erproben? Analystenmeinung schätzen, dass der Markt für solche Krebsmedikamente in wenigen Jahren auf 35 Milliarden Dollar pro Jahr ansteigen wird. Was ist das Besondere an Ihrer Idee?

Rigontec-Chef Christian Schetter.

Foto: PR


Im Grunde stimmt das, die Idee ist dieselbe. Aber die Bonner Forscher und Rigontec-Gründer Christine Schuberth-Wagner, Gunther Hartmann und Veit Hornung haben einen einzigartigen biochemischen Signalweg namens RIG-I gefunden, der das Ankurbeln der Immunantwort sehr viel einfacher macht, als alle anderen Versuche.

Und wie funktioniert das?

Wir gaukeln dem Körper durch Erbmaterial-Moleküle, die wir in den Tumor oder ins Blut spritzen, eine Virusinfektion vor. Daraufhin springt die Immunabwehr an. Mehr durch Zufall hatten die Gründer damals im Labor in der Petrischale entdeckt, dass gerade Krebszellen beim Anstoßen der RIG-I-Kaskade sehr empfindlich reagieren – und in den Zelltod gehen. Genau das sehen wir nun in Tierversuchen, wenn wir unseren Wirkstoff in Tumore spritzen. Das ist aber noch nicht alles: Wenn die Krebszellen absterben, werden mit einem sehr viele Bestandteile frei, die das Immunsystem nun als Such- und Fahndungsbild nutzen kann, um weitere Tumorzellen zu finden. Genau diese molekularen Suchbilder müssen die meisten anderen immun-onkologischen Therapieversuche in ihren Wirkstoffen mit liefern. Wir dagegen bringen die Krebszellen dazu, die Suchmotive dem Körper selbst zur Verfügung zu stellen.

Formen der Krebs-Therapie
Operation
Chemotherapie
Strahlentherapie
Molekularbiologische Therapie
Hormontherapie
Hyperthermie

Wie weit sind Sie in der Entwicklung?

Wir wollen spätestens im ersten Vierteljahr 2017 mit Tests am Menschen beginnen. Das jetzt eingesammelte Geld soll auch dazu dienen, diese Versuchsreihen möglichst breit und umfassend anzulegen.

Neue Immunmittel

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Und dann wollen Sie wie Merck aus Darmstadt Ende 2014 Ihr neues Krebs-Immuntherapeutikum für eine mehrstellige Milliarden-Summe an einen Pharmariesen verkaufen?

Schon jetzt ist die Resonanz aus der Pharma-Industrie sehr positiv. Aber noch stimmen unserer Vorstellungen mit den Angeboten nicht überein. Ich bin mir sicher, dass sich das ändert, wenn die Tests am Menschen unsere Tierversuche bestätigen und gute Ergebnisse bringen. Um dabei global agieren zu können, haben wir auch gerade in den USA in der Ostküsten-Biotech-Hochburg Cambridge eine Tochtergesellschaft eröffnet. Wir glauben, dass die RIG-I-Plattform immenses Potenzial hat, sogar weit über Krebserkrankungen hinaus. Und diesen Schatz wollen wir so schnell wie möglich heben.

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