Datenbrille Ist Google Glass am Ende?

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Die Datenuhr macht derzeit das Rennen

Es wird immer deutlicher, dass Google mit seiner minutiösen Marketingstrategie über Jahre seine Fans verliert. Die überschwängliche Begeisterung an Google Glass ist gewichen. Und selbst das Unternehmen selbst scheint nicht mehr zu hundert Prozent auf die Brille als Wearable der Zukunft zu setzen.

Erst kürzlich hat das Unternehmen aus Mountain View eine eigene Smartwatch vorgestellt und dabei alles anders gemacht als bei Glass. Die Uhr wurde überraschend und ohne großen Vorlauf präsentiert. Und sie sieht mit ihrem modernen Retro-Look um ein vielfaches eleganter aus als die klobigen Konkurrenzmodelle von Sony und Samsung. Als Hersteller für die neue AndroidWear stehen LG (rechteckiges Design) und Motorola (rundes Design) bereit.

Insgesamt machen die Computeruhren gegenüber den Computerbrillen gerade das Rennen. Sie sind deutlich dezenter und geben dem Nutzer ganz bequem die Möglichkeit, Emails und Nachrichten zu lesen oder Kalendereinträge zu überprüfen. Für die Navigation sowie das Fotografieren und Filmen sind die Uhren hingegen genauso wenig gut geeignet wie Glass. Allerdings wird beim Marketing der einzelnen Computer-Uhren-Hersteller auf diesen Aspekt auch kaum abgehoben. Während Glass mit Sprachbefehlen wie „Ok Glass, take a picture“ gemessen wird, punkten die Uhren mit Diskretion.

Doch welches Gadget das Smartphone am Ende ablösen wird, will heute kein Experte sagen. Zu stark experimentieren Hersteller aus aller Welt derzeit. Und zu frisch ist auch noch der Umbruch vom Handy auf das Smartphone. Was bei der Diskussion allzu oft vergessen wird: Eine Gesellschaft besteht nicht nur aus Tech-Geeks, die immer das neuste Produkte ausprobieren wollen. Natürlich ist die Technik-Welt immer schnelllebiger geworden. Aber sind es auch die Nutzer? Zwischen der Einführung des Handys und des Smartphones lagen über zehn Jahre. Das iPhone hat erst vor sieben Jahren unser Nutzerverhalten mit einer brillanten neuen Technologie auf den Kopf gestellt.

Vielleicht brauchen wir Käufer einfach noch etwas Zeit mit unserem Smartphone, um den Wert der Wearables stärker zu erkennen. Und die Wearables brauchen ganz offensichtlich mehr Power (vor allem eine bessere Akkuleistung, mehr Speicherplatz), um mit den Funktionalitäten der Smartphones mithalten zu können. Und auf diesem Weg hat die Uhr es deutlich leichter als die Brille, die wir präsent im Gesicht tragen.

Dass Google mit der Brille trotzdem so vorprescht, hat zumindest einen Vorteil für das Unternehmen: Datenbrillen sind schon jetzt eng mit dem Namen des Unternehmens verknüpft. Egal wer sich nun in diesen Bereich vorwagt, wird sein Produkt immer mit Glass messen müssen. Das hat der Suchmaschinen-Konzern geschafft. Doch ob es die Google-Brille ist – oder am Ende doch ein iGadget von Apple, das den Endverbraucher überzeugt, steht aktuell noch in den Sternen.

Zum finanziellen Desaster würde ein Glass-Flopp übrigens nicht führen. Bei Google strömen die Werbegelder regelrecht. Im Schlussquartal 2013 verdiente das Unternehmen unterm Strich 3,4 Milliarden Dollar (2,5 Milliarden Euro). Das war ein Plus von 17 Prozent im Vergleich zu, Vorjahreszeitraum. Den Verlustbringer Motorola (operativer Verlust von 384 Millionen Dollar, doppelt so viel wie 2012) hat Google mittlerweile an den chinesischen PC-Hersteller Lenovo verkauft.

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