Tarifmodelle, die bei einem gesunden Lebensstil niedrige Preise in Aussicht stellen, seien eine Abkehr von der solidarischen Versicherung warnt Klaus Müller. Zudem bedeuten Apps, die Daten an die Versicherung senden, dass das Unternehmen „rund um die Uhr auf meiner Schulter“ sitze. Eine solche Rundum-Überwachung „mag vermeintlich attraktiv wie ein Wurm an der Angel daherkommen, wenn ich jung, gesund, fit und fidel bin“. Aber man wisse leider auch aus anderen Versicherungstarifen, dass dies selten bis zum Ende des Lebens so sei. „Und insofern können wir nur eindeutig davor warnen“, sagt Müller.
Die italienische Generali-Gruppe kündigte Ende November auf einer Investorenversammlung in Köln an, als erster großer Versicherer in Europa den Lebensstil seiner Kunden über eine App erfassen zu wollen. Die App soll Schritte zählen, sportliche Aktivitäten erfassen sowie Ernährung und ärztliche Vorsorgetermine dokumentieren. Wer das Angebot nutzt und einen gesunden Lebensstil vorweist, wird zunächst mit Gutscheinen für Reisen und Fitnessstudio belohnt. Später winken dann Rabatte bei den Versicherungsprämien. Derzeit entwickelt Generali das Programm mit dem südafrikanischen Versicherer Discovery; in einem bis eineinhalb Jahren soll das Angebot in Deutschland erhältlich sein.
Was im Gesundheitsbereich noch in naher Zukunft liegt, hat bei den Autoversicherern schon begonnen. Seit Anfang 2014 bietet die Sparkassen-Tochter S-Direkt einen „Telematik-Tarif“ an. Kunden installieren dafür eine Box im Auto, die Daten übers Fahrverhalten speichert, etwa die Geschwindigkeit und die Zahl der Nachtfahrten. Wer vorsichtig und selten nachts oder in der Stadt fährt, kann bis zu fünf Prozent Rabatt erhalten.
Auf seiner Website kürt die Versicherung stets seine „Fahrer des Monats“ und führt auf, wie viel Prämie sie dadurch erhalten haben. „Herr Sautter aus Schweer“, Fahrer des Monats September 2014, durfte sich etwa über eine Prämie von 180,27 Euro freuen, bei „Herr E. aus Sömmerda“, Fahrer des Monats August 2014, waren es 173,62 Euro.
S-Direkt hat den Verkauf nach 1.000 Policen vorerst eingestellt und prüft nun, wie das Modell in der Praxis funktioniert. Ebenso interessant ist es, wie die Verbindung von Gesundheits-Apps mit Versicherungen klappt. Bei all den scheinbaren Vorteilen, die diese Anwendungen bieten, sollten Nutzer die Gefahren nicht unterschätzen.