Schweizer Energie-Innovation Treibstoff aus Sonnenwärme und Wasser

Mit erhitzten Metallen können Forscher aus Zürich Wasser und CO2 direkt in Treibstoff verwandeln - und die Sonnenwärme so effizient speichern.

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Ein selbst entwickelter Stirling-Generator.

Sonne, Wasser und Kohlendioxid: Mehr brauchen Schweizer Forscher nicht, um Treibstoffe wie Benzin und Kerosin herzustellen. Das kann das junge israelische Unternehmen NewCO2Fuel zwar auch, über das wir schon 2014 berichtet hatten. Es benötigt allerdings zwei Schritte, während die Schweizer den Sonnensprit in einem einzigen Schritt erzeugen.

NewCO2Fuel geht den Umweg über Synthesegas, also eine Mischung aus Wasserstoff und Kohlendioxid, das sich mit dem vor fast 100 Jahren entwickelten Fischer-Tropsch-Verfahren in Treibstoff verwandeln lässt. Der Energieaufwand ist relativ hoch.

Erhitzen mit konzentrierten Sonnenstrahlen

Der Trick der Schweizer Forscher: Sie erhitzen Ceroxid, ein oxidiertes Seltenerdmetall, mit konzentrierten Sonnenstrahlen auf 1500 Grad Celsius. Dabei verliert es Sauerstoffatome und wird instabil. Um zum Normalzustand zurückzukehren braucht es nach dem Abkühlen wieder Sauerstoff. Es saugt ihn begierig auf, wo auch immer es ihn findet.

Die Schweizer machen sich das zunutze. Sie leiten Wasser und Kohlendioxid über das Ceroxid. Es entreißt dem Wasser und dem Kohlendioxid jeweils ein Sauerstoffatom, sodass Wasserstoff und Kohlenmonoxid entstehen, also wie in dem israelischen Prozess Synthesegas.

Rhodium als Katalysator

Statt aber Fischer-Tropsch zu bemühen, fanden die Wissenschaftler des schweizerischen Paul Scherrer Instituts (PSI) und der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich einen eleganteren Weg. Sie fügten dem Ceroxid kleine Mengen an Rhodium zu, ein Material, das bereits seit langem als Katalysator für genau diesen Prozess bekannt ist.

„Der Katalysator ist ein zentraler Gegenstand der Forschung für die Herstellung dieser Solar-Treibstoffe“, sagt Ivo Alxneit Chemiker am PSI-Labor für Solartechnik. Sein Doktorand Fangjian Lin erinnert sich: „Es war eine große Herausforderung, die extremen Reaktionsbedingungen zu beherrschen und ein Katalysator-Material zu entwickeln, das den Aktivierungsprozess bei 1500 Grad Celsius übersteht.“

Ein Schweizer Unternehmen testet ein neues Druckluftspeicherkraftwerk. Der verbesserte Wirkungsgrad im Vergleich zu früheren Versuchen der Konkurrenz könnte erstmals eine kommerziellen Nutzung möglich machen.
von Wolfgang Kempkens

„Mit diesem Prozess lässt sich die Sonnenenergie in Form chemischer Bindungen speichern“, sagt Alxneit,. „Das ist einfacher als Strom zu speichern.“ Der produzierte Sonnensprit kann beliebig verwendet werden, entweder in Fahrzeugen oder zur Erzeugung von Strom, wenn Wind und Sonne Pause machen. Einen Haken hat die Sache noch: Die produzierten Mengen sind noch zu gering, als dass der Prozess wirtschaftlich wäre. „Aber wir haben gezeigt, dass unsere Idee funktioniert. Sie ist hier der Schlüssel, denn davor war das alles nur Science Fiction.“

Tests mit Hochleistungsofen

Gezeigt habe sie es nicht mit solarer Wärme wie ihre israelischen Kollegen, sondern an einem Hochleistungsofen der ETH Zürich. „Für die Tests ist es egal, woher die Wärmeenergie kommt“, sagt Matthäus Rothensteiner, Doktorand an der ETH Zürich und am PSI, der für diese Tests verantwortlich war.

In der Praxis sieht der Prozess dann so aus: Das mit Rhodium dotierte Ceroxid wird im Brennpunkt eines Spiegels, wie er heute vereinzelt genutzt wird, um per Stirlinggenerator Strom zu erzeugen, auf die benötigte Temperatur erhitzt. Hat das Material genügend Sauerstoffatome verloren, wird es unter Sauerstoffabschluss abgekühlt und in den Reaktionsraum gebracht. Wasser und Kohlendioxid, das aus Biogasanlagen oder Kohlekraftwerken stammen kann, wird darüber geleitet. Der entstehende Sprit landet in einem Vorratstank. Saugt das Ceroxid keinen Sauerstoff mehr auf, wird es zurück in den Spiegelbrennpunkt geschafft, um für die nächste Runde fit gemacht zu werden.

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