Verbrenner-Aus Chronik eines angekündigten Todes

Verbrenner dürften durch die gesetzlichen Anforderungen für Kunden und Hersteller zunehmend unwirtschaftlich werden. Quelle: dpa

Der erste Fahrschüler, der nicht mehr auf einem Diesel und Benziner lernen noch jemals ein Auto mit Verbrenner fahren wird, ist möglicherweise schon geboren. In Europa mehren sich die Anzeichen für ein Ende im Neuwagen.

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Der Verbrennungsmotor scheint schneller als gedacht aufs Abstellgleis zu geraden. Mit Ford hat nun erstmals ein großer Volumenhersteller den Ausstieg aus Benziner- und Diesel-Technologie konkret terminiert: Ab 2030 sollen zumindest in Europa alle Pkw der Marke rein elektrisch fahren. Kurz zuvor hatte auch Luxusautobauer Jaguar Land Rover den Umstieg angekündigt.

Die Liste der mehr oder weniger konkreten Ausstiegs-Ankündigungen lässt sich fortführen. General Motors, in Kontinentaleuropa nur noch mit Nischenautos vertreten, will bis 2035 komplett auf E-Mobilität umsteigen, Mercedes spätestens ab 2039 nur noch emissionsfreie Neuwagen ausliefern, während Kleinstwagentochter Smart die Transformation schon hinter sich hat. Auch Branchenprimus VW hat sich dem E-Auto verschrieben.

Auch wenn sich die Ankündigungen der Brachen teils in feinen Details unterscheiden – etwa, ob Plug-in-Hybride als E-Autos gezählt werden oder nur reine Batteriemobile gelten – ist die Stoßrichtung klar. Zwei Gründe spielen dabei für die Autohersteller die Hauptrolle: die kommende Euro-7-Norm und drohende Verkaufsverbote auf zahlreichen Märkten. Zu den prominentesten Verbots-Ankündigungen zählt der britische Vorstoß, ab 2030 keine neuen Verbrenner mehr zuzulassen.

Einzelne chinesische Provinzen wollen dann ebenso dichtmachen wie Dänemark, Irland, Israel, die Niederlande und Slowenien. Länder wie Spanien und Frankreich haben 2040 als Deadline angekündigt, die USA dürften irgendwann zwischen 2035 und 2050 soweit sein. In Deutschland gilt zurzeit noch 2050 als Ausstiegsdatum, nach der Bundestagswahl mit einer grünen Regierungsbeteiligung könnte sich das aber ändern. Neben den Verkaufs-Stopps sind zudem diverse lokale Fahrverbote für Verbrenner in Planung, etwa in Paris oder Amsterdam.

Und selbst dort, wo Benziner und Diesel noch länger als Neuwagen verkauft werden dürfen, könnte die Abgasnorm Euro 7 das Aus durch die Hintertür bedeuten. Das zumindest befürchtet der deutsche Branchenverband VDA. Noch sind die neuen Grenzwerte genauso wenig festgezurrt wie die Daten des Inkrafttretens, das wohl zur Mitte des Jahrzehnts stufenweise erfolgen wird. Doch klar ist, dass die Limits bei Stickoxid und Kohlenmonoxid für Verbrenner nur noch mit extremem technischem Aufwand einzuhalten sein werden. Auch, weil sie nicht nur auf dem Prüfstand oder im Alltagsverkehr gelten sollen, sondern auch in selteneren Fahrsituationen, etwa beim Fahren mit dem Anhänger am Berg.

Verbrenner dürften durch die gesetzlichen Anforderungen für Kunden und Hersteller zunehmend unwirtschaftlich werden. Vor allem exklusive Motoren – etwa für Sportwagen oder Luxuslimousinen – die nur auf geringe Stückzahlen kommen, geraten unter Druck. Schon seit Jahren ist ein Sterben großvolumiger Triebwerke zu beobachten, für die sich der aufwendige Anpassungs- und Zulassungsprozess nicht mehr lohnt. E-Antriebe sind in dieser Hinsicht im Vorteil: Sie unterbieten alle Schadstoff-Limits ohne Probleme, und zwar auf allen Märkten weltweit.

Zu den Anforderungen der Luftreinhaltung kommt der Druck durch die CO2-Grenzwerte in der EU. Jeder Hersteller muss in den kommenden Jahren zunehmend ehrgeizige Vorgaben erfüllen, was den Gesamtausstoß der Neuwagenflotte angeht. Zu erreichen dürften diese in der Regel nur mit einem hohen Anteil an Elektroautos sein. Gerade wer in Europa Neuwagen verkaufen will, kommt an den Stromern daher kaum vorbei.

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In anderen Regionen der Welt könnte dem Verbrenner hingegen noch ein längeres Leben beschieden sein. Konzerne, die ihren Fokus nicht so stark auf Europa, die USA oder China ausrichten, sind bislang vorsichtiger, was ihre Ankündigungen angeht. Toyota etwa will zwar Medienberichten zufolge ab 2050 keine reinen Diesel und Benziner mehr anbieten, aber durchaus noch Hybridfahrzeuge. Der neue Stellantis-Konzern aus PSA und Fiat scheut ebenfalls ein klares Bekenntnis zum E-Mobil und sieht für den Verbrenner vor allem in Osteuropa und Afrika durchaus noch eine Zukunft. Und auch der stark in der Elektromobilität engagierte Hyundai-Konzern rechnet zwar mit hohen E-Auto-Anteilen bis 2030, hält sich mit Ausstiegs-Szenarien beim Benziner aber zurück.

Mehr zum Thema: Die E-Auto-Förderung kommt Autobauer, Banken, Händler und Leasingfirmen teuer zu stehen, denn die Mehrheit der Elektroautos ging in den vergangenen Jahren ins Leasing. Die Folge: Gebrauchte Elektroautos bringen zu wenig Geld.

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