Carsten Reinkemeyer, Leiter Sicherheitsforschung im Technik-Zentrum der Allianz-Versicherung, warnt vor höheren Reparaturkosten bei reinen Elektroautos und Plug-in-Hybriden: Die Kosten für Reparaturen lägen nach Erfahrungen der Allianz „etwa 40 Prozent über den Kosten herkömmlicher Fahrzeuge“, sagte Reinkemeyer im Podcast High Voltage der WirtschaftsWoche.
Hierbei sei zwischen Plug-in-Hybriden und reinen Batterieautos zu unterscheiden: Die Hybride verursachten deutlich höhere Werkstattrechnungen als reine E-Autos. Das liege unter anderem daran, dass der Hybridantrieb vor allem in höheren Fahrzeugklassen weit verbreitet sei. Bei den reinen Elektroautos gebe es dagegen auch viele Kompakt- und Kleinwagen. Weil die Schäden bei großen Fahrzeugen tendenziell teurer sind, schnitten Plug-in-Hybride schlechter ab.
Die Unterschiede seien aber auch auf die Antriebstechnik zurückzuführen: „Im Vergleich zum Marktdurchschnitt haben Plug-in-Hybride haben eine höhere Brandwahrscheinlichkeit, vor allem wenn es sich um eine Kombination von Diesel- und Elektroantrieb handelt“, so Reinkemeyer. Dies liege daran, dass Dieselfahrzeuge, verglichen mit Benzinern oder reinen E-Autos, grundsätzlich ein leicht erhöhtes Brandrisiko hätten.
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Trotz der derzeit höheren Reparaturkosten sieht Reinkemeyer keine höheren Versicherungskosten auf E-Auto-Fahrer zukommen, weil es bei Elektroautos weniger zu anderen Schäden, wie etwa kommt. „Dadurch können die höheren Reparaturkosten im Moment kompensiert werden“, so Reinkemeyer. Es sei allerdings nicht sicher, ob das auch in Zukunft der Fall sei.
Um die Versicherungsprämien für E-Auto-Fahrer nicht unnötig steigen zu lassen, sind nach Ansicht der Allianz nun vor allem die Autohersteller gefordert. Sie sollten Autos so konstruieren, dass nach Unfällen oder bei anderen Schäden die Werkstattrechnungen möglichst niedrig ausfallen. Dass das möglich sei, hätten Crash-Tests im Allianz-Technikzentrum ergeben: „Hersteller können E-Autos durchaus reparaturfreundlich bauen“, so Reinkemeyer. „Wir haben ein E-Auto gecrasht, das sogar geringere Reparaturkosten hatte, als ein ähnlicher Verbrenner.“
Noch kommt nach Ansicht des Allianz-Vertreters aber häufig Technik zum Einsatz, die die Kosten unnötig in die Höhe treibt. So könne es etwa zu einem wirtschaftlichen Totalschaden kommen, wenn die Vorgaben des Herstellers zwingend vorsehen, dass die Batterie nach Airbag-Auslösung entsorgt werden muss. Auch könne ein vom Marder angebissenes Hochvolt-Kabel meist nicht repariert werden. So könne ein neuer Kabelsatz mit Kosten von bis zu 7000 Euro nötig werden. „Es geht aber auch anders“, heißt es bei der Allianz: „Einige Automobilfirmen verwenden Schutzummantelungen, die getauscht werden können.Die Reparaturkosten lassen sich dadurch um bis zu 97 Prozent reduzieren.“
Ein weiterer Unterschied zur Unfallreparatur von Fahrzeugen mit herkömmlichen Antrieben liegt darin, dass der Akku nach einem Defekt oder Unfall oft noch viel Energie enthält. So entstehen nach einer Bergung beispielsweise zusätzliche Kosten durch die notwendige Brandvorsorge.
Nach Ansicht von Reinkemeyer sollten E-Autos so gebaut sein, dass es bei häufigen Kollisionsschäden nicht zu schweren Strukturschäden am Fahrzeug kommt, die etwa geschweißt werden müssen oder dass Antriebsteile wie die Batterie ausgebaut werden müssen. Auch sollten Schäden am Unterboden von E-Autos, die die Allianz zunehmend beobachtet und die wegen Schäden an der Batterie zu hohen Kosten führen können, einfacher zu beheben sein: „Wenn es möglich ist, dass man zum Beispiel durch eine abnehmbare Schutzplatte die Batterie von unten reparieren kann, dann kann der aufwändige Ausbau der Batterie oder gar ein Totalschaden der Batterie vermieden werden.“
Wenn die Hersteller die E-Autos künftig reparaturfreundlicher konstruieren und die Werkstätten besser mit beschädigten E-Autos umgehen können, dann müssen E-Auto-Fahrer nach Ansicht von Reinkemeyer nicht fürchten, „dass die Umstellung auf E-Autos zu höheren Kosten für die Versicherten führt.“
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