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UmweltPlastikschwemme vor Mallorca

In den Traumbuchten und auf feinsandigen Stränden der Balearen erleben Urlauber und Einheimische seit Wochen böse Überraschungen. Unmengen von Plastikmüll und anderer Unrat treiben an den Küsten. 01.08.2015 - 14:47 Uhr

Insgesamt betrug das Abfallaufkommen im letzten Jahr in Deutschland rund 343 Millionen Tonnen, 36,7 Millionen Tonnen davon waren Hausabfälle. Das entspricht also 456 Kilogramm Müll pro Einwohner. Seit dem Jahr 2002 ist das Abfallaufkommen zwar leicht gesunken, jedoch wird laut Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit immer noch zu viel Abfall erzeugt. Immerhin: 14 Prozent der Rohstoffe, die die deutsche Wirtschaft einsetzt, werden mittlerweile aus Abfällen gewonnen; entsprechend werden der Abbau von Rohstoffen und die damit verbundenen Umweltbelastungen reduziert.

Foto: dpa

Grund ist die am 8. Mai 1991 beschlossene Verpackungsverordnung, die den Grundstein für die Mülltrennung in Deutschland legte. Von den 456 Kilogramm Müll pro Nase und Jahr sind 164 Kilogramm Restmüll, 113 Kilo Biomüll, und 148 Kilogramm getrennte Wertstoffe, also Papier und Pappe (72 Kilogramm), Glas (24 Kilogramm) und Holz (14 Kilogramm). Pro Einwohner fielen zusätzlich rund 30 Kilogramm Sperrmüll an.

Quelle: Statista

Foto: dpa

Die Mülltrennung nutzt aber nicht nur der Umwelt und liefert billige Rohstoffe, sie schafft auch Arbeitsplätze: Fast 200.000 Beschäftigte arbeiten in rund 3.000 Abfallentsorgungs- oder Verarbeitungsbetrieben. Sie machen einen Umsatz von rund 40 Milliarden Euro jährlich.

Foto: dpa

Anders als in vielen anderen Ländern landen unsere Abfälle eher selten auf Deponien zum Verrotten. Zuvor müssen sie in irgendeiner Art und Weise verwertet werden. Hausmülldeponien beispielsweise dürfen seit Mitte 2005 nur noch vorbehandelte Abfälle aufnehmen, bei denen organische Bestandteile nahezu völlig entfernt sind. Anders sieht es beispielsweise in Bulgarien, Rumänien, Griechenland oder Polen aus, wo mehr als 70 Prozent der Abfälle auf Deponien landen.

Foto: dpa

Ein großer Teil der Abfälle in Deutschland, nämlich 35 Prozent, werden deshalb in Müllverbrennungsanlagen verbrannt. Die Überreste landen dann auf der Deponie. Die Energie, die bei der Verbrennung entsteht, wird vielfach zur Erzeugung von Strom oder zum Heizen verwendet. Wir heizen also mit unserem Müll.

Foto: ZB

Immerhin 18 Prozent unserer Abfälle kompostieren wir.

Foto: dpa

47 Prozent der kommunalen Abfälle werden recycelt - damit ist Deutschland der Wiederverwertungskönig innerhalb der 28 EU-Staaten. In keinem anderen Land wird ein so großer Anteil der kommunalen Abfälle noch einmal verwendet.

Foto: AP

So unglaublich es klingt, es gibt auch noch einen blühenden Schwarzmarkt für unseren Müll. In schwarzen Lastwagen mit dem weißen Symbol für Abfalltransporte wird wertvoller Schrott - meist Altmetall - durch ganz Europa kutschiert. "Was mit ihrem Müll passiert, interessiert viele Erzeuger nicht“, sagt Kriminalhauptkommissar Norbert Schmitz vom Landeskriminalamt (LKA) Rheinland-Pfalz bei einer Abfalltransportkontrolle an der A 3. Entsorgungsvorschriften würden teilweise bewusst umgangen, um Kosten zu sparen. Mit Kontrollen will das Bundesamt für Güterverkehr in Zusammenarbeit mit der Polizei und dem LKA den Schmuggel und die illegale Beseitigung des Mülls eindämmen.

Foto: dpa

Grenzüberschreitende Abfalltransporte finden insbesondere zwischen Nachbarstaaten statt. Müll werde vor allem aus dem grenznahen Raum ausgeführt, etwa aus Nordrhein-Westfalen oder Rheinland-Pfalz nach Frankreich, Belgien oder in die Niederlande, sagt Joachim Wuttke vom Umweltbundesamt. 2012 seien rund 1,8 Millionen Tonnen notifizierungspflichtige Abfälle aus Deutschland exportiert und knapp 5,9 Millionen Tonnen importiert worden.

Foto: dpa

„Bei der Entsorgung kann es um bis zu fünfstellige Summen für die Erzeuger gehen“, sagt Kriminalhauptkommissar Norbert Schmitz. Deshalb ist der Beamte des Landeskriminalamtes (LKA) Rheinland-Pfalz gemeinsam mit Polizeikollegen auf der A 3 im Einsatz. Sie suchen Müll, der illegal entsorgt oder geschmuggelt wird.

Foto: dpa

In nur wenigen Tagen habe sich der Strand von einem Paradies in eine Mülldeponie verwandelt, sagt Alberto Espejo, der den erschreckenden Anblick an der Bucht Cala Vella nahe der Siedlung Maioris an der Südküste Mallorcas gleich mit der Videokamera festhält. „Das wird jedes Jahr schlimmer“, klagt der Mallorquiner. Er fordert ein sofortiges Eingreifen der Behörden.

Wenige Tage danach kommt ein gutes Dutzend Freiwilliger zusammen und sammelt säckeweise Müll auf. Doch das gleicht einer Sisyphusarbeit. Da hat die Plastikschwemme bereits einige Kilometer weiter den nächsten Strand im Örtchen S'Estanyol erreicht. Und auch an zig anderen Buchten der Insel, vor allem im Süden und Südwesten, klagen Anwohner und Urlauber über erschreckend viel Unrat im Meer.

Wie viel Müll jährlich recycelt wird
2.392.000 Tonnen Glas
5.462.000 Tonnen Verpackungen
8.098.000 Tonnen Papier
9.249.000 Tonnen Biomüll
13.989.000 Tonnen Restmüll
2.398.000 Tonnen Sperrmüll

Bereits zuvor hatte Mallorcas Umweltverband GOB Alarm geschlagen und Fotos aus dem Cabrera-Nationalpark, dem zwölf Kilometer vor Mallorca gelegenen Archipel, verbreitet: Sie zeigen unter anderem eine eklige, ans Ufer schwappende Dreckbrühe. Dazu eine Schildkröte, die sich in einem Plastikband verheddert hat. Und zahlreiche, aus einer algerischen Fabrik stammenden Milchtüten. Auch vor der Küste von Ibiza ist viel Müll aufgetaucht.

GOB-Sprecher Toni Mun?oz wundert sich kein bisschen über die Plastikschwemme. Dass die Länder im Norden Afrikas, allen voran Algerien, ein enormes Entsorgungsproblem hätten, sei seit langem bekannt. Weite Teile der Küste sind mit Abfällen übersät, die früher oder später von der Brandung davongetragen werden, bestätigen auch algerische Umweltaktivisten. Die Elite des Landes verbrächte den Sommer nicht umsonst in Tunesien, wo die Strände sauberer seien.

Dass derzeit besonders viel Müll die mehr als 250 Kilometer zwischen der algerischen Küste und den Balearen zurücklegt, lieg

Kreatives Recycling

Das Milliardengeschäft mit unserem Müll

Munoz zufolge am anhaltenden Südwind. Neu sei dieses Phänomen aber nicht, sagt Josep Maria Aguiló vom balearischen Amt für Wasser und Umwelt (Abaqua), der den Einsatz der sogenannten Müllboote rund um die Balearen-Inseln koordiniert.

„Diese Milchtüten haben wir schon 2004 gefunden, als das Umwelt-Ministerium den Service der Küstenreinigung eingeführt hat“, sagt Aguiló. Dass in den Schlagzeilen nun von einer nie dagewesenen Verschmutzung die Rede ist, macht ihn wütend. Das sei vollkommen übertrieben - und schlecht für Mallorcas Image als Urlaubsinsel.

Die Nachfrage nach Energie und nach Wasser wird in den kommenden Jahrzehnten steigen. Dieser Anstieg führt zu erheblichen Herausforderungen und Belastungen in fast allen Regionen, vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern. Bis 2050 wird der globale Wasserbedarf voraussichtlich um rund 55 Prozent steigen. Bedingt wird dies vor allem durch die steigende Nachfrage in der industriellen Fertigung (plus 400 Prozent). Der spezifische Bedarf der Haushalte wird dagegen "nur" um 130 Prozent zunehmen. Mehr als 40 Prozent der Weltbevölkerung werden 2050 voraussichtlich in Gebieten mit starkem Wasserstress leben.

Quelle: Weltwasserbericht 2014

Foto: REUTERS

Die Versorgung mit Wasser und die Versorgung mit Energie sind wechselseitig abhängig. Entscheidungen in einem Sektor haben positive und negative Auswirkungen auf den jeweils anderen Sektor. Krisen wie Armut, Gesundheit und Hunger sind eng verbunden mit Wasser und Energie. Weltweit haben nach verschiedenen Schätzungen rund 768 Millionen bis 3,5 Milliarden Menschen keinen Zugang zu einer guten Wasserversorgung. 2,5 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu ausreichender sanitärer Versorgung. In den meisten Fällen sind die Menschen, die unter Wassermangel leiden, auch von fehlender Energieversorgung betroffen: Mehr als 1,3 Milliarden Menschen haben keinen Strom und rund 2,6 Milliarden Menschen nutzen zum Kochen vor allem Holz.

Foto: dpa

Politik und Verwaltung, Planer und Praktiker können die Barrieren zwischen ihren jeweiligen Sektoren schrittweise überwinden. Der Staat kann durch innovative und pragmatische Ansätze die Versorgung mit Wasser und Energie effizienter machen und Kosten sparen. Die Herausforderung des 21. Jahrhunderts für die Regierungen lautet, die vielfältigen Aspekte von Wasser und seiner Nutzung zu berücksichtigen.

Foto: dpa

Der Preis für Energie- und Wasserdienstleistungen sollte die Kosten für Bereitstellung und sozio-ökologische Folgen berücksichtigen. Die Grundbedürfnisse der Armen und Benachteiligten dürfen nicht beeinträchtigt werden. Der Zugang zu sauberem Wasser ist als Menschenrecht anerkannt - auf die Energieversorgung wird dies noch nicht angewandt.

Foto: CLARK/obs

Der private Sektor kann eine größere Rolle bei Investitionen, Wartung und Betrieb von Wasser- und Energieinfrastruktur spielen. Energie ist ein gutes Geschäft, der Energiesektor kann daher viele Hebel in Bewegung setzen.

Foto: dpa

Auch die staatliche Unterstützung für Forschung und Entwicklung sind entscheidend für den Ausbau alternativer, erneuerbarer und weniger wasserintensiver Energieformen. Energie und Wasser können gemeinsam und synergetisch produziert werden. Es bietet sich etwa eine Kombination von Kraftwerken und Entsalzungsanlagen, Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, die Nutzung alternativer Wasserquellen für thermische Kraftwerkskühlung oder etwa Energierückgewinnung aus Abwasser an. Für die Suche nach neuen technischen Lösungswegen braucht es entsprechende politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, damit die Sektoren besser zusammenarbeiten.

Foto: dpa

Wasser und Energie stehen im Zentrum nachhaltiger Entwicklung und müssen solchermaßen anerkannt werden. Es muss ein Wandel hin zu einer nachhaltigen und wechselseitig kompatiblen Entwicklung von Wasser und Energie gefunden werden. So sehen die Experten etwa beim Fracking, das große Mengen an Wasser erfordert, Risiken für Wasserqualität und die menschliche Gesundheit.

Foto: REUTERS

Entscheidungen über Nutzung, Zuteilung, Produktion und Vertrieb von Wasser und Energie haben erhebliche Auswirkungen auf die Gesellschaft. Wasser- und Energieverwaltungen müssen offen sein für Fragen der Gleichstellung der Geschlechter.

Foto: AP

Allerdings sei es durchaus erklärbar, dass dieses Jahr besonders viel Müll an die Strände gelange: Man habe seit Wochen thermischen Wind, der vom Meer landwärts wehe. Drei, vier Tage Nordwind - und das Treibgut sei wieder weit draußen im Meer, wo es eben niemand sehe.

In Aguilós Augen ist die aktuelle Situation deshalb sogar positiv. „Unsere Boote sammeln viel mehr Unrat auf als im Vorjahr“. Zumal die insgesamt 33 Müllschiffe - 15 vor Mallorca, je 8 vor Menorca und Ibiza und 2 vor Formentera - aufgrund der optimalen Wetterbedingungen derzeit jeden Tag rausfahren könnten. Außerdem seien sie in diesem Jahr sogar einen Monat länger als üblich unterwegs, nämlich von Anfang Mai bis Ende September, was sich die Balearenregierung immerhin 1,1 Millionen Euro kosten lasse.

Dennoch ist das Ausmaß der Müll-Schwemme damit kaum in den Griff zu bekommen, wie die Wissenschaftlerin Marina Sanz-Martín befürchtet. Sie ist Biologin am auf Mallorca ansässigen Meeresforschungsinstitut Imedea und hat an der ersten groß angelegten Studie mitgearbeitet, die die Plastikverschmutzung des Mittelmeers unter die Lupe nahm.

Vor zwei Jahren wurden hierfür an 28 Stellen mit kleinmaschigen Netzen Wasserproben entnommen. Die Ergebnisse für die Balearen sind besorgniserregend: Südlich von Formentera ist der Grad der Verschmutzung mit bis zu 2500 Gramm Plastik pro Quadratkilometer besonders hoch. Allerdings dürfe man sich darunter keinen „Plastikteppich aus algerischen Milchtüten und Cola-Dosen vorstellen“, sagt die Wissenschaftlerin.

Auf der Suche nach Erklärungen für die derzeitige Plastikschwemme hatte der vermeintliche Müllteppich in Medien Mallorcas immer wieder als Sündenbock herhalten müssen. „Das ist vollkommen absurd“, sagt Sanz-Martín. Bei dem entdeckten Plastik handele es sich um winzige Partikel, zu 83 Prozent kleiner als fünf Millimeter. Gerade sie aber sind es, die dem Ökosystem den größten Schaden zufügen. Zum einen verenden Meerestiere daran, zum anderen landet das Plastik über die Nahrungskette längst auch auf unseren Tellern.

Die Vorstellung von an der Meeresoberfläche treibenden Müllbergen ist Sanz-Martín zufolge also nicht richtig, auch nicht für die fünf nachgewiesenen riesigen Plastikstrudel im Pazifik, im Atlantik und im Indischen Ozean: Diese bestünden ebenfalls aus Mikroplastik.

dpa
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