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  4. Straße von Hormus: Dieses maritime Nadelöhr gerät in den Nahostkonflikt

Al-Zour in Kuwait ist die zweitgrößte Ölraffinerie am Persischen Golf. Foto: LiveEO/Sentinel-2

Wirtschaft von oben #330 – Persischer GolfWas macht der Iran mit der Straße von Hormus?

Die Straße von Hormus ist die wichtigste Schiffspassage für den Öl- und Gashandel – und ein Spielball im Krieg zwischen Israel und Iran, wie exklusive Satellitenbilder zeigen. Wirtschaft von oben ist eine Kooperation mit LiveEO.Jannik Deters 24.06.2025 - 10:52 Uhr

Mit dem Angriff der USA auf Irans Atomanlagen hat der Krieg zwischen Israel und Iran eine neue Eskalationsstufe erreicht. Nach dem Gegenschlag Irans auf eine US-Basis in Katar, der größten in der Region, haben die beiden Kriegsparteien zwar einen Waffenstillstand vereinbart. Wie stabil dieser ist, ist allerdings fraglich. Die Entwicklungen beschäftigen deswegen weiter Schiffsreedereien und Ölhändler auf der ganzen Welt, denn die wichtigste Passage für den globalen Öl- und Gashandel führt unmittelbar vorbei am Konfliktgebiet: die Straße von Hormus, an der engsten Stelle 33 Kilometer breit, vergleichbar mit dem Ärmelkanal.

Das Nadelöhr zwischen Iran und Oman verbindet den Golf mit dem Arabischen Meer. Etwa ein Fünftel des globalen Ölangebots (20 Millionen Barrel am Tag) passiert die Straße, plus ein Drittel des Flüssiggases LNG. Gegenüber Iran liegen die Öl- und Gasförderländer Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate, Kuwait und Katar.

Die schiere Ballung der Raffinerien und Häfen sowie das Volumen der Förderung birgt große Brisanz für Verkäufer, Transportunternehmen und Käufer. Ihr Geschäft ist ein Spielball im Krieg zwischen Israel und Iran, wie exklusive Satellitenbilder von LiveEO zeigen.

Kein Land exportiert so viel Erdöl wie Saudi-Arabien. Eines der größten Verladeterminals überhaupt ist Ras Tanura. Die Satellitenbilder zeigen die Raffinerie des staatlichen Ölkonzerns Saudi Aramco sowie mehrere Dutzend Öltanks unterschiedlicher Größe. Südöstlich von Ras Tanura holen schwimmende Bohrinseln Öl aus der Erde.

Bilder: LiveEO/Google Earth, LiveEO/Airbus/Pleiades

Das Ölfeld von Manifa ist für den Ölkonzern Saudi Aramco ebenfalls von enormer Bedeutung. Insgesamt mehr als 20 Plattformen bilden dort eine Inselkette, von der Saudi Aramco die Ölförderung steuert. Das Feld wurde bereits vor Jahrzehnten entdeckt, aber erst in den 2000er-Jahren wieder in Betrieb genommen. 45 Millionen Kubikmeter Sand wurden dafür aufgeschüttet. Die Straße führt zu einer schmalen Brücke, die den kilometerlangen Komplex mit dem Festland verbindet.

Bilder: LiveEO/Google Earth, LiveEO/Airbus/Pleiades, LiveEO/Spot

In Al-Zour in Kuwait und in Ras Laffan in Katar stehen große LNG-Anlagen, die ebenfalls nur über den Persischen Golf angesteuert werden können.

KUWAIT PETROLEUM CORPORATION, AL-ZOUR, KUWAIT

1 Öltanks, 2 Raffinerie, 3 Verdunstungsbecken zur Wiederaufbereitung von ölhaltigen Flüssigkeiten und Schlamm, 4 Wärmekraftwerk, 5 Kleine Häfen für Ausflugsboote und Chalets

Bild: LiveEO/Sentinel-2

Bilder: LiveEO/Google Earth, LiveEO/Airbus/Pleiades

Katar betreibt 80 Kilometer nordöstlich von Doha eine riesige Industrieansiedlung, ein großer Umschlagplatz für LNG. Die Satellitenbilder zeigen, wie die Anlage, eine der Grundlagen für Katars Reichtum, in den vergangenen Jahren immer weiter angewachsen ist.

Bilder: LiveEO/Landsat, LiveEO/Maxar, LiveEO/Sentinel-2

Der Chemiekonzern Adnoc aus den Vereinigten Arabischen Emiraten betreibt eine riesige Anlage in Ruwais. Adnoc hat jüngst das deutsche Unternehmen Covestro übernommen und gab vor wenigen Tagen ein weiteres Kaufangebot ab, ungeachtet des Krieges zwischen Israel und Iran. Für den australischen Flüssiggasanbieter Santos bietet Adnoc 19 Milliarden Dollar.

ÖLVERARBEITUNG UND TERMINALS VON ADNOC, RUWAIS, ABU DHABI, VEREINIGTE ARABISCHE EMIRATE

14.06.2025: Die Stege ragen kilometerweit ins Meer, wo die großen Öltanker ausreichend Tiefgang haben.

Bild: LiveEO/Sentinel-2

Mitten im Persischen Golf liegt das South Pars Gasfield, das weltweit größte Gasfeld, auf das zwei Länder Anspruch erheben: Katar und Iran. Nicht nur dieses Gasfeld könnte ein unmittelbares Ziel der israelischen Luftangriffe sein: Der größte Teil der iranischen Ölexporte verlässt das Land von der Golf-Insel Kharg Island.

KHARG ISLAND, IRAN

10.06.2025: Die vielen Öltanks auf der Insel und die Tanker, festgemacht an den Anlegern abseits der Küste, sind unverkennbar. Im Nordosten ist sie auch über einen Flughafen erreichbar.

Bild: LiveEO/Sentinel-2

Eine komplette Blockade der Straße von Hormus liegt daher nicht im wirtschaftlichen Interesse Irans. Aber in der Vergangenheit kam es immer wieder mal zu Beschlagnahmungen von Schiffen. Vor einem Jahr zwangen die Revolutionsgarden die MSC Aries in iranische Gewässer. Das Containerschiff gehörte einer Firma, die von einer israelischen Familie kontrolliert wurde. Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums hat Iran in den vergangenen Jahren mehr als 20 Handelsschiffe angegriffen oder gekapert.

Die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd teilte mit, die Straße von Hormus weiter zu durchqueren, „aber natürlich kann sich die Situation innerhalb kürzester Zeit ändern“, so ein Konzernsprecher.

Versicherungsraten steigen

Aber die Ein- und Ausreise am Golf ist für Schiffsgesellschaften nicht das einzige Sicherheits- und finanzielles Risiko in der Region. Auch die Passage durchs Rote Meer vorbei am von den Huthi-Rebellen kontrollierten Jemen ist riskant. Die Huthi sind Verbündete des Irans und scheuen auch vor Angriffen auf Israel nicht zurück. In den vergangenen zwei Jahren haben sie immer wieder Handelsschiffe mit Waffen attackiert.

Viele Unternehmen wählten daraufhin die längere Route zwischen Asien und Europa, um das Kap der guten Hoffnung – immer noch günstiger als die Schiffe mit privaten Sicherheitsfirmen zu bewaffnen.

Bereits kurz nach dem Angriff Israels Mitte Juni verkündeten Öltankerfirmen, keine neuen Verträge für die Straße von Hormus abzuschließen. Die Risiken und Kosten für Sicherheitsaufwand und Versicherungen seien zu hoch, sagte etwa der Chef der Transportunternehmens Frontline. Die Versicherungsraten für Passagen durchs Rote Meer stiegen um bis zu 20 Prozent.

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Von einer Blockade und Versorgungsengpässen wäre vor allem Asien betroffen. Fast 80 Prozent des Öls, das Opec-­Staaten am Persischen Golf verschiffen, geht nach China, Indien, Japan und in weitere asiatische Länder.

China auf Seite Irans

China hat sich im Nahostkonflikt klar auf die Seite Irans gestellt. Der Grund dafür sind strategische Interessen: Iran dient Peking als Gegengewicht zum westlichen Machtblock. Zwar ist das kommunistische Land viel weniger abhängig von iranischen Ölimporten als Iran von Exporten in Richtung China, das praktisch der einzige Abnehmer ist. Trotzdem fürchtet die chinesische Regierung eine Blockade der Straße von Hormus. Drastisch steigende Energiepreise könnten Chinas Wachstum und die fragile wirtschaftliche Erholung des Landes gefährden. Peking hofft daher, mit seinem Einfluss auf Teheran eine Eskalation zu verhindern.

Industriehafen Yanbu, Medina, Saudi-Arabien

12.06.2025: Yanbu ist der wichtigste Ölhafen am Roten Meer. Mehrere Schiffe warten auf Abfertigung.

Bild: LiveEO/Sentinel-2

Bypässe zur Umgehung der Straße von Hormus gibt es, über Pipelines aus Abu Dhabi und Saudi-Arabien. Aber deren Kapazitäten sind limitiert, auf schätzungsweise 6,6 Millionen Barrel pro Tag. Saudi-Arabien hat im Roten Meer ein paar Ausweichhäfen. Vom Hafen Yanbu sind es für Schiffe nur ein paar Seemeilen zum Suezkanal. Aber die Kapazität vom Golf könnten diese Anlagen niemals komplett übernehmen. Die Straße von Hormus passieren täglich mehr als 20 Millionen Barrel.

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Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO 
– dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.

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