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Wirtschaft von Oben # 106 – NeomHier baut der saudische Kronprinz die Wasserstoff-Stadt der Zukunft

Am Roten Meer soll mit Neom eine gewaltige Metropole der Zukunft entstehen, ein Wasserstoffzentrum für die Welt. Bisher ließ Mohammed bin Salman hier aber vor allem einen königlichen Vergnügungspark hochziehen, zeigen aktuelle Satellitenbilder. „Wirtschaft von oben“ ist eine Kooperation mit LiveEO.Thomas Stölzel 16.05.2021 - 14:30 Uhr

Der neue Urlaubspalast des saudischen Königs in der Zukunftsstadt Neom.

Foto: LiveEO/UP42

Neom ist für den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman so etwas wie sein Lebenswerk. Eine Stadt der Zukunft. Nahe der Zufahrt zum Suezkanal soll sie entstehen, versorgt gänzlich durch grünen Strom und Wasserstoff, in der standardisierte Arbeiten durch Roboter erledigt werden. Eine Art Utopia. Aktuelle Satellitenaufnahmen von LiveEO zeigen zwar, dass erste Teile des 2017 vorgestellten Projekts gut vorangekommen sind. Doch dabei handelt es sich vor allem um einen neuen Urlaubspalast des saudischen Königs, zu dem auch Villen für Familienmitglieder und den Kronprinzen sowie zwei künstliche Inseln gehören.

Dass das 500-Milliarden-Dollar-Projekt Neom vor allem ausländische Investments anziehen und den Weg des Königreichs in eine Zukunft nach dem Öl weisen soll, davon ist derzeit allerdings kaum etwas aus dem All zu erkennen. Dabei hatte das Land im vergangenen Sommer einen Fünf-Milliarden-Dollar-Vertrag mit dem US-Konzern Air Products zum Bau einer Wasserstoffproduktionsanlage in Neom abgeschlossen.

Diesen März unterzeichnete der Kronprinz zudem zusammen mit dem deutschen Wirtschaftsminister Peter Altmaier eine Absichtserklärung, in der es darum geht, Neom gemeinsam zum globalen Hub für grünen und blauen Wasserstoff aufzubauen. Während der sogenannte grüne Wasserstoff mittels Strom aus erneuerbaren Energien durch die sogenannte Elektrolyse von Wasser gewonnen wird, basiert blauer Wasserstoff auf Erdöl und Erdgas. Das bei der Herstellung freiwerdende CO2 soll dabei unterirdisch verpresst werden. Allerdings ist blauer Wasserstoff umstritten, weil bereits bei der Förderung der fossilen Rohstoffe Treibhausgase freigesetzt werden.


Wo genau sich in Neom die Wasserstoffindustrie ansiedeln soll, ist bisher nicht bekannt. Größere Solaranlagen lassen in Neom der Satellitenbildanalyse zufolge bislang auf sich warten.

Zwar entstehen in Saudi Arabien hier und da schon heute große Solarparks. Diese allerdings liegen wie der in Sakaka viele Hundert Kilometer von Neom entfernt. Das wiederum könnte man als Hinweis deuten, dass es dem Königreich zurzeit mehr darum geht, Absatzwege für blauen Wasserstoff zu entwickeln, statt die Wirtschaft vom alten Geldbringer Öl zügig unabhängig zu machen. Neom könnte sich so zu einem größeren Tauziehen zwischen Befürwortern und Gegnern der Transformation hin zu erneuerbaren Energien entwickeln.

Wo die Zukunftsstadt Neom einmal liegen soll, wurde in den vergangenen Monaten nur ein neuer Palast mit königlichen Villen und Golfplatz errichtet. Satellitenaufnahmen zeigen, wie die Anlage entsteht.

Im Gegensatz zu der bisher fehlenden grünen Wasserstoffproduktion scheint der riesige neue Palast bereits nutzbar zu sein. So hat sich dort im vergangenen August der saudische König Salman ibn Abd al-Aziz Medienberichten zufolge von einer Gallenblasenoperation erholt. Die opulente Anlage an der Neom Bay, zu der auch ein Golfplatz gehört, haben Arbeiter seit 2018 binnen weniger Monate aus dem Wüstensand gestampft (siehe Video).

Nebenan sind ein Camp für Sicherheitskräfte inklusive Fußballplatz und gesonderte Unterkünfte für europäische Beschäftigte sowie einfache Arbeiter entstanden. Zudem besitzt die Palastanlage der Zukunft eine klassische vierspurige Zufahrtsstraße, die rechts und links begrünt und von Palmen gesäumt ist.


Eigentlich hatten die Planer von Neom 16 Sektoren identifiziert, die der Megastadt künftig um die 100 Milliarden Dollar jährlich einbringen sollen. Dazu zählen neben erneuerbaren Energien und Wasserstoff auch Mobilität, Biotech, Nahrungsmittelindustrie, Medien und Unterhaltung, sowie Tourismus, Mode und Bildung. Lediglich beim Tourismus lassen die Satellitenaufnahmen zurzeit erste Entwicklungen in der Umgebung erahnen. Einige wenige Anlagen, die nach Urlaubsressorts aussehen, entstehen nördlich und südlich des königlichen Unterhaltungsparks.

Der Flughafen Neom Bay, der bis vor wenigen Jahren nur aus einer Staubpiste bestand, wurde den Fotos zufolge inzwischen zweimal erweitert und besitzt nun ein modernes Terminalgebäude. Sonderlich viel Flugverkehr scheint es aber nicht zu geben. Das Flugüberwachungsportal Flightradar24 registrierte in den vergangenen 30 Tagen lediglich eine Flugbewegung. Und auch Satellitenaufnahmen zeigen im April gähnende Leere auf dem Airport.

Etwas nördlich der Neom Bay will der Kronprinz das gewaltige Entwicklungsprojekt „The Line“ realisieren. Eine 170 Kilometer lange, linienförmige Stadt, die ohne Straßen und Autos auskommen soll. Im ersten Quartal dieses Jahres sollten die Bauarbeiten starten. Zwar ist davon noch nicht viel zu sehen. Im östlichen Abschnitt von „The Line“ entsteht allerdings seit einigen Monaten ein riesiges Basislager mit Hunderten provisorischen Baracken, wie die Detailanalyse neuester Aufnahmen zeigt. Dort dürften Arbeiten unterkommen, die das Teilprojekt von Neom bauen sollen.


Laut dem „Wall Street Journal“ hatte der Kronprinz im Dezember bei einer Vorstandssitzung des Vorhabens den Wunsch von Stadtplanern nach simpleren Lösungen für Neom abgewiesen und sie aufgefordert, noch ambitionierter zu denken. Der US-Zeitung zufolge habe er gesagt, dass dies seine Pyramiden werden sollen. Unter Beschäftigten des Projektes sollen jedoch die Zweifel wachsen, dass internationale Investoren auf das Vorhaben anspringen. Ex-Siemens-Chef Klaus Kleinfeld jedenfalls, der das Projekt anfangs geleitet hatte, zog sich schon 2018 wieder daraus zurück.

Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört. 

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