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WIRTSCHAFT VON OBEN #297 – Warenverkehr Mexiko-USAHier wird Trumps Autozoll riesigen Schaden anrichten

Güter im Wert von fast einer Milliarde US-Dollar passieren täglich den Übergang Laredo zwischen Mexiko und Texas – auch viele Autoteile. 25 Prozent Importzölle wären für die Industrie eine Katastrophe, zeigen Satellitenbilder. Wirtschaft von oben ist eine Kooperation mit LiveEO.Thomas Stölzel 27.03.2025 - 12:41 Uhr
Foto: LiveEO/Airbus, LiveEO/Pleiades

Hunderttausende Lkw-Auflieger stehen in der texanischen Grenzstadt Laredo um kleine und große Lagerhallen herum. Aufgereiht warten sie, dass Arbeiter sie be- oder entladen oder einer der typisch amerikanischen Haubenlaster sie davonschleppt. Mehr als 200 Logistikzentren gibt es hier in Laredo, am wichtigsten Warengrenzübergang zwischen Mexiko und den USA. Ja, am größten Warentor in die Vereinigten Staaten überhaupt.

Mehr als 8000 Lastwagen überqueren die Grenze hier mit Gütern im Wert von fast einer Milliarde Dollar – und das jeden einzelnen Tag. Sie schaffen neben Avocados vor allem Auto- und Maschinenteile sowie Elektronik über den Grenzfluss Rio Grande, hergestellt auch immer häufiger nicht in Mexiko, sondern im fernen China. Doch wie stabil der Boom ist, muss sich jetzt zeigen, wenn Donald Trump ab April 25 Prozent Importzölle unter anderem auf Autos und Autoteile aus Mexiko erhebt. So warnt der Chef des kanadischen Verbands der Autoteilehersteller APMA, Flavio Volpe, die ganze Branche könne in Nordamerika innerhalb einer Woche zum Erliegen kommen, würden alle Autoteile unter den Zolltarif fallen. Das gilt für solche aus Mexiko wie auch aus Kanada.

Satellitenbilder von LiveEO zeigen, dass die rund 340.000 Einwohner zählende Stadt Laredo seit rund zehn Jahren einen beispiellosen Aufschwung erlebt hat. Jede Menge neue Logistikzentren und Fuhrunternehmen entstehen und wachsen. Genauso wie neue Stadtviertel. Um die entstehenden Jobs besetzen zu können, braucht es zudem Wohnraum.

Ein Freihandelsabkommen zwischen Mexiko und den USA macht den Boom möglich. So wie jene Importzölle, die Donald Trump 2018 gegen Waren aus China verhängt hatte. „Es sieht so aus, als ob Mexiko dank der Zölle seinen Marktanteil in den USA ausweiten konnte“, sagt Jesus Cañas, leitender Ökonom bei der Federal Reserve Bank in Dallas und spezialisiert auf den grenzüberschreitenden Handel zwischen den zwei Ländern. Anstatt dass die Waren aus China in die USA verschifft werden, würden sie von China nach Mexiko gebracht. Von da aus werden sie in eine grenzüberschreitende Produktion eingespeist.

In Laredo passieren so vor allem unfertige Erzeugnisse die Grenze, erklärt Zentralbanker Cañas. Bis ein Elektronikbauteil aus Asien in einem in den USA produzierten Auto lande, wandere es mehrmals hin und her. Es werde in Mexiko auf eine Leiterplatte gelötet, in den USA eingelagert, zurück in Mexiko in einen elektrischen Autositz verbaut, der in den USA bei General Motors in ein SUV eingesetzt wird. Dieser Pingpong-Handel lässt Laredo aufleben.

Bilder: LiveEO/Sentinel

Neben immer neuen Logistikzentren zeigen Satellitenbilder neue Fuhrunternehmen. Um sie herum sind Werkstätten sowie Steuer- und Abrechnungsbüros entstanden, die alle gut von der Grenze leben. Neben Einzelhändlern profitieren auch Baufirmen davon, dass die Bevölkerung wächst. Und mehr Flächen werden planiert, Hallen gebaut. Alles, um noch mehr Lkw-Auflieger entladen, mehr Ware sortieren zu können. Um sie auf andere Lkw zu laden, in den USA zu verteilen oder in anderer Richtung in Mexiko.

Lastwagen und Fahrer aus Mexiko dürfen ohne spezielle Zulassungen nicht tiefer in die USA hineinfahren. Eine Mischung aus Fahrzeugsicherheitsregeln, Immigrationsrecht und Geschäftsinteressen. Steige die Produktion auf mexikanischer Seite um zehn Prozent, steige auf US-Seite die Beschäftigung um zwei Prozent, so Ökonom Cañas. „Aber wenn man sich Laredo ansieht, steigt die Beschäftigung noch viel stärker, um rund vier Prozent“, sagt er. In spezifischen Sektoren wie Logistikzentren und Speditionen seien es gar um die acht Prozent.

Bilder: LiveEO/Google Earth, LiveEO/Google Earth/Maxar, LiveEO/Google Earth/Airbus, LiveEO/Airbus/SPOT, LiveEO/Airbus/SPOT/Pleiades

Das alles zeigt sich etwa in einem Logistikpark im Nordosten der Stadt. Hier sind in den vergangenen Jahren jede Menge neue Jobs entstanden, vor allem in neuen Logistikzentren. Einige wie die Firma TradeLink Synergy zählen heute zu den am schnellsten wachsenden Unternehmen in den USA. Und dennoch haben sie Probleme, mit der riesigen Nachfrage Schritt zu halten. So sind jene Logistikzentren laut „Wall Street Journal“ zu mehr als 97 Prozent ausgelastet.

In einem 35-Meilen-Radius um Laredo gibt es laut dem Texas Center for Economic and Enterprise Development heute mehr als 500 mexikanische und amerikanische Zoll-Broker, mehr als 500 Speditionen und mehr als 350 Logistikzentren. Satellitenbilder zeigen rings um die kleinen und großen Lagerhallen Hunderte, mitunter Tausende Lkw-Auflieger, überall im Norden von Laredo.

Weitere Logistikzentren, Laredo, Texas, USA 03.11.2024: Solche Gebäude, in denen Lkw-Auflieger umgeladen werden, stehen hier überall. Sie sind notwendig, weil mexikanische Fahrer und Trucks nicht ohne Weiteres in die USA hineinfahren dürfen. Bild: LiveEO/Airbus/Pleiades Foto: WirtschaftsWoche

Neben den Logistikhallen boomt auch das Geschäft der Speditionen in Laredo. Speditionen wie Forza Transportation. 2014 als kleines Unternehmen mit einem einzigen Lkw gestartet, besitzt es heute mehr als 1700 Zugmaschinen und 7000 Auflieger. Forza hat sich 20 Kilometer nördlich der Stadtgrenze in den Bonanza Hills niedergelassen.

Ein paar Hundert Zugmaschinen sind auf Satellitenbildern auf dem Firmengelände erkennbar, und prall gefüllte Mitarbeiterparkplätze. Ein Indiz dafür, dass das Geschäft brummt. Mehr als 2000 Fahrer beschäftigt Forza heute, hinzu kommen 800 weitere Beschäftigte in den USA und Mexiko.

Bilder: LiveEO/Airbus/Pleiades-Neo, LiveEO/Google Earth/Maxar, LiveEO/Google Earth/Airbus, LiveEO/SPOT

Solche rasant wachsenden Firmen gibt es zuhauf in Laredo. Das lässt auch die Einwohnerzahl der Stadt steigen – seit 2015 von 275.000 auf 340.000 Einwohner. Das ist ein Plus von fast einem Viertel. Bis 2035 ist ein Wachstum auf 375.000 Einwohner prognostiziert. Das verlangt nach jeder Menge neuem Wohnraum.

So werden den Satellitenbildern nach immer wieder neue Wohnviertel hochgezogen, einschließlich Schulen, beispielsweise direkt südöstlich und südwestlich der Logistikparks.

Bilder: LiveEO/Google Earth/Maxar, LiveEO/Google Earth/Airbus, LiveEO/Google Earth

Auch das größte Eisenbahnunternehmen der USA, Union Pacific, hat in den vergangenen Jahren seinen Frachtumschlag vor Ort massiv ausgebaut. Um die 100 Millionen Dollar investierte es in den Ausbau eines Güterbahnhofs. Ein neuer automatisierter Zugang wurde angelegt, der dem Unternehmen zufolge einen 24-Stunden-7-Tage-die-Woche-Betrieb ermöglicht. Zudem hat Union Pacific die Fläche für Lkw-Auflieger und Container nahezu verdoppelt. 

Satellitenbilder zeigen den Ausbau der riesigen Anlage – und dass auch die neu hinzugekommenen Kapazitäten inzwischen weitgehend ausgelastet sind. Der Frachtverkehr gilt für Union Pacific als extrem einträgliches Geschäft, weshalb es den weniger rentablen Passagierverkehr im Land vergleichsweise stiefmütterlich behandelt. Eine weitere Expansion wäre daher wohl nur eine Frage der Zeit – gäbe es da nicht politische Risiken. 

Bilder: LiveEO/Google Earth/Maxar, LiveEO/Google Earth/Airbus, LiveEO/Google Earth, LiveEO/SPOT

Laredo nämlich blickt in eine ungewisse Zukunft. Zwar hatte Noch-Präsident Joe Biden einer zweiten achtspurigen Brücke direkt neben der World Trade Bridge über den Rio Grande kürzlich zugestimmt. Die bestehende soll zugleich von acht auf zehn Spuren erweitert werden.

Doch Donald Trump verhängt nun 25 Prozent Importzoll auf Autos und wahrscheinlich auch Autoteile aus Mexiko. Beobachter warnen, dass dies das Wirtschaftswunder ebenfalls auf der US-Seite abwürgen und immensen Schaden anrichten kann. So kümmern sich Unternehmen laut Zentralbanker Cañas in den USA heute vor allem um die kapitalintensive Produktion. Unternehmen in Mexiko in Städten wie Nuevo Laredo, Matamoros, Monterey und Juarez um die arbeitsintensiven Tätigkeiten. Aus dieser Arbeitsteilung würden Waren entstehen, die im In- und Ausland wettbewerbsfähig seien. Damit könnte es bald vorbei sein.

Noch größer wäre der Schaden, wenn Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum entscheiden würde, zur Vergeltung ebenfalls Strafzölle auf US-Produkte zu verhängen.

Warengrenzübergang, Laredo, Texas, USA 03.11.2024: Eine zweite Brücke und eine Erweiterung der ersten Brücke sollen die Kapazität der Grenze ungefähr verdoppeln. Auch jene Einrichtungen, wo Zollbeamte auf mexikanischer und US-amerikanischer Seite die Lastwagen kontrollieren, müssten dann wohl erweitert werden. Bild: LiveEO/Airbus/Pleiades Foto: WirtschaftsWoche

Bis zuletzt allerdings standen am Grenzübergang in Laredo lange Lastwagenschlangen, um Waren in die USA zu schaffen. Ein Satellitenbild lässt erahnen, wie weit am Limit die Kapazitäten hier sind. Etwa dort, wo die Lastwagen zur Kontrolle entladen werden müssen.

Klar ist aber auch: Trumps Zölle wird man hier an der Grenze zu Mexiko wohl als erstes spüren. Beispielsweise daran, dass keine neuen Logistikzentren und Jobs mehr entstehen, keine neuen Wohnviertel. Und vielleicht auch keine neue Brücke. Vielen Menschen im Webb County, dessen Verwaltungssitz Laredo ist, war das bei den Präsidentschaftswahlen im vergangenen November offenbar nicht klar oder egal: Eine knappe Mehrheit stimmte für Trump.

Hier finden Sie alle Beiträge aus der Rubrik „Wirtschaft von oben“

Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.

Hinweis: Dieser Text ist erstmals Ende Dezember 2024 erschienen. Wir haben ihn aktualisiert und zeigen ihn erneut.

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