
Wirtschaft von oben #307 – Energie für China: Hier baut China die „große Solar-Mauer“
Die Chinesische Mauer ist so groß, dass man sie mit bloßem Auge vom Weltall aus sehen kann, heißt es oft. Ein Irrglaube. Gut zu erkennen sind dagegen die ersten Teile eines ganz neuen „Walls“, der gerade in der Kubuqi-Wüste in der Inneren Mongolei in China entsteht: die „große Solar-Mauer“ – ein Energieprojekt mit monumentalen Ausmaßen.
Bis zum Jahr 2030 soll hier das größte Solarkraftwerk der Welt entstehen: 400 Kilometer lang und im Schnitt fünf Kilometer breit. Mit einer installierten Leistung von 100 Gigawatt soll es mehr Strom erzeugen, als Peking mit seinen 22 Millionen Einwohnern verbraucht. Neue Hochspannungsleitungen transportieren den Strom in die Hauptstadt.
Exklusive Satellitenbilder von LiveEO zeigen, dass das Megakraftwerk in den vergangenen Monaten schon zügig gewachsen ist. An mehreren Stellen der Sandwüste sind Fotovoltaikkraftwerke entstanden, die sich über Kilometer hinziehen. Laut dem Staatsmedium China Daily sind in der Nähe der Stadt Ordos bereits mehr als fünf Gigawatt an Solarparks installiert.
Das Megaprojekt ist Teil eines Plans der chinesischen Regierung, die Wüsten des Landes massiv zur Produktion erneuerbarer Energien zu nutzen. Bis zum Jahr 2030 will China in der Wüste Gobi und in anderen Wüstengebieten insgesamt 445 Gigawatt an Solar- und Windkraftwerken installieren.
Dass das klappen kann, zeigt das atemberaubende Tempo, mit dem China die Solarenergie in den vergangenen Jahren ausgebaut hat. Allein im vergangenen Jahr hat das Land 277 Gigawatt an neuen Fotovoltaikanlagen errichtet. Zum Vergleich: Chinas Atomkraftwerke haben zusammen eine installierte Leistung von 58 Gigawatt; Deutschlands Solaranlagen kommen zusammen auf 100 Gigawatt.
Damit hat China seinen Plan, bis zum Jahr 2030 insgesamt 1200 Gigawatt an erneuerbaren Energien aufzubauen, nun schon sechs Jahre früher erreicht. Aus dem All lässt sich gut erkennen, wie rasend schnell die neuen Solarkraftwerke in der Kubuqi-Sandwüste aus dem Boden schießen.
Bilder: LiveEO/Sentinel
Die Kubuqi-Wüste bietet ideale Bedingungen für die Solarstromerzeugung. Mehr als 3000 Stunden im Jahr scheint hier die Sonne – etwa doppelt so viel wie durchschnittlich in Deutschland. So genannte bifaziale Solarmodule fangen Licht von beiden Seiten ein – also auch das Sonnenlicht, das vom hellen Sand reflektiert wird. Das soll acht Prozent mehr Ertrag bringen.
Zur Reinigung der Solarmodule soll aufgereinigtes Wasser aus alten Kohleminen verwendet werden. Außerdem testen Landwirte, wie sich im Schatten der Fotovoltaikmodule Pflanzen anbauen oder Nutztiere halten lassen.
Ein Tier ist allerdings nur aus der Luft und aus dem Weltall zu erkennen: Im Solarkraftwerk Junma, das einen Teil des 400-Kilometer-Kraftwerks bildet, zeigen rund 200.000 Solarpaneele zusammen ein zwei Kilometer großes Pferd mit Flügeln.
Bilder: LiveEO/Sentinel, LiveEO/Sentinel-2
In nur fünf Jahren soll die „große Solar-Mauer“ stehen. Genauso wichtig wie die Kraftwerke selbst ist die Energieinfrastruktur. Entsprechend baut China tausende Kilometer neue Hochspannungsleitungen aus den Wüsten in die urbanen Zentren.
Dieses Jahr sind laut Behördenangaben auch 14,5 Gigawatt an neuen Energiespeichern in der Inneren Mongolei geplant, etwa in Form von Batterien (Deutschlands Pumpspeicherkraftwerke haben insgesamt zehn Gigawatt Leistung). Und große Elektrolyseure, die den Solarstrom in grünen Wasserstoff verwandeln, sind schon in Betrieb oder im Bau. Auch jenseits der Kubuqi-Wüste zeigen Satellitenbilder, wie in den vergangenen Jahren neue Mega-Solarkraftwerke in China entstanden sind. Im November ging etwa 250 Kilometer weiter südlich das Kraftwerk Mengxi Lahai ans Netz. Mit drei Gigawatt Leistung ist es eines der größten weltweit.
Bilder: LiveEO/Sentinel
Chinas Solarindustrie hat mit Abstand die größten Produktionskapazitäten weltweit. Insgesamt 1000 Gigawatt Solarmodule können chinesische Hersteller pro Jahr herstellen – die Leistung von 1000 Atomkraftwerken. Genug Fabriken also, um noch einige „große Solar-Mauern“ in die chinesischen Wüsten zu ziehen.
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Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.









