
Wirtschaft von oben #353 – Energiespeicher: Diese Bilder zeigen den weltweiten Boom bei Batteriespeichern
Bis zum Jahr 2012 qualmte am Munmorah-See, 80 Kilometer nördlich von Sydney, ein Kohlekraftwerk. Doch seit Anfang August lagert hier Strom abgasfrei in 3500 weißen Containern: Ein riesiger neuer Batteriespeicher ist in Betrieb gegangen, der Energie aus Solar- und Windkraftwerken auf Vorrat hält und Schwankungen im Stromnetz ausgleicht.
Die „Waratah Super Battery“, Speicherkapazität: mindestens 1,4 Gigawattstunden, kann rund eine Million Haushalte eine Stunde lang mit Strom versorgen oder 80000 Haushalte einen ganzen Tag lang. Mit 850 Megawatt soll sie Ende des Jahres ähnlich leistungsstark sein wie ein größeres Kohlekraftwerk.
Das Projekt ist nur ein Beispiel für einen globalen Trend: Der Speichermarkt boomt. Laut den Marktbeobachtern von Rho Motion, so berichtet das Portal Energy Storage News, gingen bis Ende September weltweit 136,5 Gigawattstunden (GWh) an Batteriespeichern ans Netz – das entspricht mehr als der dreifachen Kapazität sämtlicher deutscher Pumpspeicher (40 GWh). Am stärksten treibt China den Ausbau voran, bis zum Jahr 2027 plant das Land weitere 180 GWh an Batteriespeichern.
Bilder: LiveEO/Maxar/Google Earth, LiveEO/Airbus/Google Earth
Im Gegensatz zu Pumpspeicherseen, für die es etwa in Deutschland kaum noch verfügbare neue Standorte gibt, sind Batteriespeicher kompakt, kommen in praktischen Containern und lassen sich leicht etwa neben einem Solarkraftwerk installieren. Und sie sind so preiswert geworden, dass sich der Bau in großem Stil rechnet. Laut dem Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme liefern Solarkraftwerke mit angeschlossener Batterie in Deutschland deutlich preiswerteren Strom als Kohle- und Gaskraftwerke.
Die Anbieter der Technik positionieren sich inzwischen auch als Lösung für Dunkelflauten, längere Phasen mit mangelndem Wind und Sonne. Die Bundesregierung plant dafür aktuell vor allem neue Gaskraftwerke. Das deutsch-norwegische Unternehmen Eco Stor hat nun eine Analyse vorgestellt, derzufolge 1000 GWh an Batteriespeichern – oder 125 Gigawatt Leistung über acht Stunden – den nötigen Reservekraftwerkspark um 30 Gigawatt verringern könnten. Ganz ohne Reservekraftwerke werde sich Deutschland aber nicht sicher versorgen lassen, räumt die Analyse ein.
Derzeit sind in Deutschland massenhaft Batterieparks geplant, viele befinden sich bereits im Bau. So hat diese Woche auf dem Gelände des ehemaligen Atomkraftwerks Gundremmingen in Bayern der Bau eines Speichers mit 0,7 GWh Kapazität begonnen. Wenn die Anlage fertig ist, soll sie der größte Batteriespeicher in Deutschland sein. Bisher hält diesen Rekord eine Anlage bei Bollingstedt in Schleswig-Holstein, die diesen Sommer ans Netz gegangen ist.
Ganz Europa erlebt einen Boom der Batteriespeicher. Im Jahr 2024 wuchs die europäische Batterieflotte auf 61 GWh, heißt es in einer Studie des Branchenverbands SolarPower Europe: „Das bedeutet, dass ein Drittel aller in Europa installierten Batterien in nur einem Jahr gebaut worden sind.“ Im Jahr 2029 soll demzufolge der europaweite Batteriepark schon auf 400 GWh angewachsen sein.
Die größte Anlage in Europa hat im März in Schottland nahe dem 5000-Seelen-Ort Keith den Betrieb aufgenommen: Bei dem Umspanner Blackhillock helfen auf einem Acker Batterien mit einer Kapazität von 0,4 GWh das Stromnetz zu stabilisieren, in das immer mehr Windstrom eingespeist wird. Nächstes Jahr soll die Anlage noch einmal um 50 Prozent wachsen.
Noch sind China und die USA Spitzenreiter, was die installierte Batteriekapazität angeht, mit rund 215 bzw. 82 Gigawattstunden Ende des Jahres 2024, so die Marktbeobachter von Rho Motion. China will bis zum Jahr 2027 weitere 180 GWh installieren. Mit führenden Batterieherstellern wie CATL dominiert das Land auch die Produktion.
In den USA wiederum sind in den vergangenen Jahren einige der größten Batterieprojekte weltweit in Betrieb gegangen. Dort wuchs der Markt im Jahr 2024 um 60 Prozent, so die Analysten von Rystad Energy. In der Spitze deckten Batterien in Kalifornien schon 30 Prozent des Strombedarfs, so die Experten. Der sonnenreiche Bundesstaat hat in der Mojave-Wüste den weltweit größten Batteriespeicher in Betrieb.
Bilder: LiveEO/CNES/Airbus/Google Earth, LiveEO/Airbus/Google Earth, LiveEO/Airbus/Pléiades Neo
Doch die Rekorde in den USA dürften anderswo schon bald ganz erheblich übertroffen werden. So hat Anfang dieser Woche der staatliche Energiekonzern Masdar in Abu Dhabi den Spatenstich für einen gigantischen Energiespeicher gefeiert, der 19 GWh Strom bunkern soll – fast sechsmal so viel wie die Anlage in Mojave.
Das Projekt ist kombiniert mit einem Solarkraftwerk mit 5,2 Gigawatt Leistung. Wenn die Anlage im Jahr 2027 in Betrieb geht, soll sie dank der Batterie rund um die Uhr ein Gigawatt an sauberem Strom bereitstellen können – so viel wie ein mittleres Atomkraftwerk. Und nicht nur im Sonnengürtel der Erde eignen sich die Speicher – sondern auch in der eisigen Arktis.
Bilder: LiveEO/Maxar/Google Earth, LiveEO/Airbus/Google Earth, LiveEO/Airbus/Pléiades Neo
Noch ist die Technologie jung. Langwierige Netzanschlüsse und Genehmigungsverfahren verzögern an vielen Orten geplante Projekte. Auch muss sich zeigen, wie profitabel die Speicher in einem sich wandelnden Energiesystem sind.
Allen Unwägbarkeiten zum Trotz: Die norwegische Klassifizierungsgesellschaft DNV geht in einer jüngsten Studie davon aus, dass im Jahr 2060 fast die Hälfte aller Solarkraftwerke mit Speichern ausgestattet sein werden – im Vergleich zu zwei Prozent heute.
Hinweis: Dieser Artikel erschien erstmals am 30. Oktober 2025 bei der WirtschaftsWoche. Wir zeigen ihn aufgrund des Leserinteresses erneut.
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