Bisher galten die deutschen Premium-Modelle aus dem Hause Daimler und Audi als Vorzeigeprodukte in puncto Sicherheit. Bei den europäischen Crashtest des Euro NCAP schnitten die Mercedes C-Klasse (2009) und E-Klasse (2010) sowie der Audi A4 (2009) und A6 (2011) immer mit ausgezeichneten fünf Sternen ab. Ein neuer Test aus den USA macht den deutschen Autobauern nun schwer zu schaffen.
Der Aufprall-Test des renommierten Insurance Institute for Highway Safety (IIHS) in den USA simuliert einen Aufprall auf einen Brückenpfeiler. Es kollidiert also ein relativ kleiner Bereich der Front. Das sei praxisfern beschweren sich nun die Schwaben. „Der Test entspricht nicht dem realen Unfallgeschehen, ein Zusammenstoß auf Scheinwerfer-Breite ist statistisch nach unseren Daten nicht signifikant“, sagte ein Mercedes-Sprecher. Man traue dem realen Unfallgeschehen mehr als Crashtests unter Laborbedingungen zu, so Mercedes weiter.
Bei dem Crashtest war erstmals ein Frontalzusammenstoß simuliert worden, bei dem ein Auto nur mit dem Scheinwerfer in ein Hindernis wie etwa einen Brückenpfeiler oder eine Hauswand kracht. Modelle von Mercedes-Benz und Audi hatten dabei vernichtende Ergebnisse erzielt. IIHS-Präsident Adrian Lund verteidigte das neue Testverfahren. „Nahezu jeder Neuwagen verhält sich bei frontalen Crash-Tests gut, aber wir haben immer noch jährlich mehr als 10.000 Tote bei solchen Unfällen“, sagte Lund. Dafür seien Zusammenstöße mit einer geringeren Überdeckung mitverantwortlich, beinahe jeder vierte Frontal-Aufprall mit schweren Verletzungen von Fahrer oder Beifahrer entspreche den neuen Testbedingungen.
Der Mercedes-Sprecher betonte, das schlechte Abschneiden in dem neuen Crashtest bedeute nicht, dass Mercedes-Fahrzeuge unsicher seien. Die Testergebnisse würden aber genau analysiert. Ein Audi-Sprecher kündigte an: „Die Ergebnisse des neuen Crashverfahrens werden natürlich in die Entwicklung künftiger Audi-Modelle einfließen.“
Schlechtes Ergebnis auch für VW und Lexus
Von VW lag keine Stellungnahme vor. Das IIHS veröffentlichte Crashtest von insgesamt 13 Premium-Fahrzeugen. Dabei schnitten nur die Marken Acura (Honda ) und Volvo mit der Note „gut“ ab. Der in den USA ab 32.500 Dollar verkaufte Audi A4 und die für 35.350 Dollar aufwärts erhältliche Mercedes-Benz C-Klasse bekamen in dem Test hingegen die Noten „armselig“.
Beim Audi öffnete sich bei dem Zusammenstoß die Tür, wodurch der Fahrer zusätzlich gefährdet wurde. Beim Mercedes wurde der Fuß der Dummy-Puppe eingeklemmt, da sich durch die geringe Überdeckung mit dem Hindernis ein großer Teil der Wucht des Aufpralls auf das Vorderrad übertrug und nicht von der Frontpartie abgefangen wurde. Auch die Toyota -Premiumtochter Lexus schnitt miserabel ab. Der VW CC bekam trotz einer aus den Angeln gehobenen Fahrertür - wie vier weitere Pkw in dem Crashtest - noch die Note „grenzwertig“.
Von den US-Herstellern war nur ein Modell der Ford -Tochter Lincoln dabei und schnitt ebenfalls mit „grenzwertig“ ab. Bislang steht bei Crashtests die Simulation eines frontalen Zusammenstoßes auf knapp der Hälfe der Motorhaube im Mittelpunkt: Bei diesen schnitten alle getesteten Pkw mit „gut“ ab. Der überwiegende Teil der Testwagen erhielt - trotz der jüngsten Einschränkungen - von dem von den US-Assekuranzen finanzierten Crashtest-Institut IIHS insgesamt die Auszeichnung „Top Safety Pick“.
Unterschiedliche Test-Kriterien in Europa und den USA
IIHS-Präsidenten Lund sagte, die Autohersteller hätten die Testergebnisse als Sicherheitsrisiko anerkannt. Eine breitere Front könne für Abhilfe sorgen. Er rechne damit, dass die neue Unfall-Simulation schnell Eingang in die Crashtest-Programme der Autobauer finde. Die Verleihung von Top-Noten werde künftig auch von der Verformung der Karossen in dem neuem Crash-Test abhängen. Test-Sieger Volvo testet seine Fahrzeuge laut IIHS schon seit Jahrzehnten auf den jetzt simulierten Zusammenstoß. Außer Frontal-Zusammenstößen spielt bei den Crashtests in den USA auch die Verformung der Fahrgastzelle bei einem seitlichen Aufprall, bei einem Heck-Crash sowie beim Überrollen des Fahrzeugs eine Rolle. In Europa wird zusätzlich noch die Kindersicherheit und der Fußgängerschutz in die Tests einbezogen.