Disruption Wie gut ist BMW für die Zukunft gerüstet?

BMW Werk Regensburg Ausbildung Quelle: Wolf Heider-Sawall für WirtschaftsWoche

Wie gut sind die Bayerischen Motoren Werke für den Wandel in der Autoindustrie gerüstet? Die WirtschaftsWoche hat nachgefragt: bei Mitarbeitern, der Gewerkschaft, im Betriebsrat - und Konzernchef Harald Krüger.

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Katrin Wiendl liebt das Zusammenspiel zwischen Mensch und Industrie-Roboter. Und auch Merve Celik kann viel mit Technik anfangen. Die beiden 20-Jährigen haben aber noch mehr gemeinsam: Sie absolvieren ihre Ausbildung bei BMW in Regensburg. Wiendl wird Mechatronikerin – sie lernt, wie man die Roboter in der Werkshalle programmiert und Störungen behebt. Und Celik ist in einem Jahr fertige IT-Systemelektronikerin.

Die beiden jungen Frauen haben ihr ganzes Berufsleben noch vor sich. Und das in einer Phase, in der die Autoindustrie vor nicht weniger als einer Zeitenwende steht. Autos sollen in wenigen Jahren nicht nur elektrisch, sondern auch vernetzt und autonom fahren.

Angst vor der Zukunft haben Wiendl und Celik trotzdem nicht: BMW hat ihre Ausbildung gerade an die herausfordernde Zukunft angepasst. Die 300 Azubis in Regensburg lernen jetzt mehr über vernetzte Anlagen und wie sie mit Daten umgehen. „Künftig brauchen wir in allen Teilen der Produktion IT-Kompetenz“, sagt der Regensburger Betriebsratschef Werner Zierer. Wiendl und Celik glauben daher heute fest daran, dass sie bis zur Rente bei BMW arbeiten können.

Doch ist BMW wirklich gut für die Zukunft gerüstet? Stellt Vorstandschef Krüger den Autobauer so auf, dass BMW den Wandel schafft? Die WirtschaftsWoche hat daher bei Krüger persönlich nachgefragt, wie er mit BMW den Wandel meistern will. Doch auch bei aktuellen Fragen stand der Konzernchef Rede und Antwort. Zum Vorwurf manipulierter Abgasreinigung sagte er etwa: „Wir schummeln nicht. Ich habe das immer wieder gesagt und es gilt weiterhin.“

Doch damit nicht genug: Die WirtschaftsWoche hat sich auch auf eine Reise durch die neue Welt von BMW begeben. Sie ist dabei genauso auf einen 500 Millionen Euro schweren BMW-Fonds für Start-up-Investments getroffen, wie auf junge Softwareentwickler, die in Jeans und Turnschuhen am selbstfahrenden Auto tüfteln (siehe Printausgabe Heft 53/2017).

So stellt sich BMW künftige Elektroautos vor
BMW Elektroauto Quelle: BMW
BMW Elektroauto Quelle: BMW
BMW Elektroauto Quelle: BMW
BMW Elektroauto Quelle: BMW
BMW Elektroauto Quelle: BMW
BMW Elektroauto Quelle: BMW
BMW Elektroauto Quelle: BMW

Nicht jedem Gesprächspartner geht der Wandel bei BMW dabei immer schnell genug: „Ob Klimawandel oder Schadstoffausstoß: Die Autoindustrie hat viele Signale zu lange nicht gehört“, sagt Jürgen Wechsler, Chef der IG Metall in Bayern. BMW habe die Signale zwar lauter gehört als andere – aber nicht laut genug.

Zu langsam geht es ihm heute zum Beispiel bei den Batteriezellen. „Der Kern einer Batterie ist die Zelle – und die fertigen die Deutschen nicht selber. BMW etwa will weiter Zellen in Asien kaufen. Ich fordere daher, dass die Forschung, Entwicklung und Fertigung von Batteriezellen in Bayern durch die Unternehmen selber geleistet wird. Das gilt für alle Automobilhersteller“, sagt Wechsler, der auch im Aufsichtsrat von BMW sitzt. Er sei unzufrieden, dass bei der „wichtigsten Kerntechnologie der Zukunft", den Batteriezellen, noch nicht genug zustande gekommen sei – „zu Lasten von Arbeitsplätzen“, sagt der Gewerkschafter.

Meilensteine der BMW-Geschichte

Krüger kontert das Im Interview. „Um auch die Beurteilungskompetenz im Haus zu halten, haben wir eine eigene Batteriezellen-Forschung“, sagte er. Im letzten Monat habe BMW gerade den Grundstein für ein Batteriekompetenzzentrum gelegt, investiere 200 Millionen Euro. Jede Zellgeneration werde „an den technologisch und betriebswirtschaftlich führenden Hersteller vergeben“. „Wir sehen deshalb momentan keine Veranlassung, uns über den Bau eigener Zellfabriken Gedanken zu machen“, sagt Krüger.

Doch so leicht lässt ihn Wechsler nicht auskommen: „Um all die Zukunftsthemen zu bearbeiten, brauchen wir viel mehr Beschäftigte und Qualifikationen – die heutigen Qualifikationen werden nicht verschwinden, aber sie werden sich weiterentwickeln. Auch BMW muss weiter in Menschen investieren.“ Bei IT-Berufen etwa werde es „auch für BMW eng, genügend gute Mitarbeiter zu finden – denn ITler werden mittlerweile überall gesucht“.

Aus dem Keller in die Großserie

Sorgen macht sich Manfred Schoch um die Menschen im Motorenbau. Der heute 62-Jährige ist seit 30 Jahren Chef vom Gesamtbetriebsrat, Krüger ist sein sechster Vorstandschef. „Für die Menschen im Motorenbau müssen wir uns noch was einfallen lassen“, sagt Schoch. Was er meint ist: Ein Achtzylindermotor hat 1200 Teile, die montiert werden müssen – ein Elektromotor nur 17. Im Motorenbau könnten die Bayerischen Motoren Werke künftig viel weniger Menschen brauchen als bislang.

Doch wo Altes schwindet, wächst Neues: Bei ihren Recherchen trieb die WirtschaftsWoche das perfekte Versteck für die geheimsten Elektro-Projekte von BMW auf. In der Taunusstraße 41 in München liegt der dreigeschossige, graue Gewerbebau. In der Nachbarschaft residieren, wie zur Tarnung, etliche renommierte Modemarken. Durch die Fenster ist nichts zu sehen, denn die Elektroauto-Forschung sitzt unten, im Keller. „Wichtigster Keller der BMW-Group“, hat Krüger die Abteilung für Elektroantriebe genannt, als er zuletzt da war. Das hat den Mitarbeitern gefallen.

Nicht immer hatten es die Elektro-Leute leicht bei BMW, nicht immer galten sie als die Zukunft im Konzern. Wo tausende Ingenieure mit „Benzin im Blut“ arbeiten, die an der Uni noch lernten, dass Elektroautos nur etwas für grüne Spinner sind, gilt Batterie- und E-Motor-Forschung schon auch mal als teurer Irrweg. Diese Zeiten sind vorbei. Spätestens seit Dieselgate und der Elektrowende von Volkswagen ist es unstrittig, dass die Zukunft auch von BMW elektrisch ist. „Bis Ende 2019 werden wir eine halbe Million elektrifizierte Fahrzeuge auf der Straße haben“, sagte Krüger der WirtschaftsWoche.

Das E-Auto ist kein Neuland mehr

Und so sind sie im wichtigsten Konzernkeller ein wenig stolz auf sich: Schon vor acht Jahren hatte das Elektroteam erste elektrische Testflotten losgeschickt, ab 2013 kamen mit dem Kompaktwagen BMW i3 und dem Sportwagen i8 dann die ersten elektrischen Großserienfahrzeuge. Früher war keiner dran in der deutschen Autoindustrie. „Inzwischen haben wir die fünfte Generation von E-Fahrzeugen entwickelt“, sagt Ilka Horstmeier, Leiterin der Produktion von Motoren und E-Antrieben.

Wie sie so durch die geheimen Labore geht und die neuste Clous der Forscher zeigt – beheizbare Batteriezellen etwa, die auch im Winter volle Leistung haben oder ein in der Größe um die Hälfte geschrumpfter E-Motor – entsteht der Eindruck: Das E-Auto ist schon Standard, längst nicht mehr Neuland. Die Frage der verunsicherten Autofahrer, ob das wirklich gut gehen kann mit dem E-Auto, hier ist sie längst beantwortet.

Gelungenes Reisemittel für Vielfahrer
BMW 530d Touring Quelle: BMW
BMW 530d Touring Quelle: BMW
BMW 530d Touring Quelle: BMW
BMW 530d Touring Quelle: BMW
BMW 530d Touring Quelle: BMW
BMW 530d Touring Quelle: BMW
BMW 530d Touring Quelle: BMW

Doch bei aller Hoffnung – die beiden Auszubildenden aus Regensburg wissen, dass der Wandel ein Kraftakt wird, auch für sie persönlich: „Mir ist klar, dass ich mich stetig weiterbilden muss, weil sich die Autoindustrie so schnell verändern wird", sagt Celik. „Wir sind wissbegierig", ergänzt Wiendl.

Beide Frauen haben „Lust auf Veränderung“ und können sich vorstellen, später berufsbegleitend zu studieren. Auch Krüger hat bei BMW mal kleiner angefangen, als Trainee. Und wer weiß – vielleicht vollzieht sich der Wandel ja eines Tages bis in die Führungsspitze. Eine Frau auf dem BMW-Chefsessel, das wär' mal was – oder, Herr Krüger?

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