




Welche strategische Bedeutung das Land am Popocatepetl für die Autobauer mittlerweile hat, zeigen die Japaner. Nissan produzierte in seinen zwei Werken in Aguascalientes und Morelos im vergangenen Jahr knapp 700 000 Autos, fast 13 Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahr. Die Japaner stachen Ford aus und bauen bis 2023 als Einzige die gelben Taxis in New York. Der prestigeträchtige Auftrag umfasst 26 000 Autos zu je 29 000 Dollar. Bis 2018 sollen alle alten Taxen ausgetauscht sein und nur noch Nissan-Yellow-Cabs made in Mexico durch die Straßenschluchten von Manhattan fahren.
Knapp 30 Dollar am Tag verdienen die mexikanischen Autoarbeiter im Durchschnitt, ob bei Nissan oder Brose. Das ist ein Bruchteil des Betrages in den USA; in der Autohochburg Detroit etwa liegt der Stundenlohn bei 50 Dollar. Die niedrigen Personalkosten allein seien aber nicht der Grund gewesen, nach Mexiko zu kommen, sagt Brose-Manager Roeck. Entscheidend sei die Nähe zum Volkswagen-Werk.
VW fordert die Anlieferung von Türsystemen genau in der Reihenfolge und der Menge, wie sie zum Einbau in den Jetta am Band gerade benötigt werden. Deshalb eröffnete Brose 1993 ein Werk in Puebla und beschäftigt dort mittlerweile rund 420 Mitarbeiter – durchweg Mexikaner bis auf den Werksleiter.
Weil die Arbeitskraft so billig ist, hat Brose die Produktion in Puebla weniger automatisiert als in seinen vergleichbaren europäischen Fabriken. Das bringt dem Unternehmen weitere Vorteile. „Wir sind flexibler und können unser Produktionsvolumen nach oben und unten besser anpassen“, sagt Werksleiter Roeck. Wenn von 2016 an auch Audi in Puebla produziere, hofft Brose auf mehr Aufträge.
Trotz niedrigerer Automatisierung sei die Qualität in Puebla so wie in Europa, versichert Roeck. „Klar, wir müssen die Leute hier anlernen, wie überall auf der Welt, aber der Nachwuchs ist da, und die Leute sind lernwillig.“ Brose hat, wie die meisten Autobauer in Mexiko, ein eigenes Ausbildungsprogramm. Eine Lehre zum Kfz-Schlosser dauert bei Brose in Mexiko drei Jahre – üblich ist im Land nur ein halbes Jahr. Unter allen 36 Brose-Werken liege die Fabrik in Puebla bei der Qualität auf Platz zwei, sagt Roeck.
Die ausländische Autoindustrie zieht sich heran, was sie braucht, um ihre Qualitätsansprüche zu halten. Die derzeit rund 300 jungen Mitarbeiter im neuen VW-Motorenwerk in Silao etwa – das Durchschnittsalter liegt bei 20 Jahren – haben alle eine Ausbildung im konzerneigenen VW-Institut vor Ort erhalten. VW betreibt die Einrichtung gemeinsam mit der Kommune, die diese auch finanziert. Das 60 Hektar große Grundstück im Industriepark in Silao, gab’s vom Staat geschenkt.
Doch die Ausländer in Mexiko bilden nicht nur junge Werker für die Fertigungslinien aus. Mit finanzieller Hilfe der Regierung formen sie auch den akademischen Nachwuchs für ihre Zwecke. Einen Job zu ergattern ist für junge Mexikaner wie Maria Nohemi fast so gut wie ein Lottogewinn.