WirtschaftsWoche: Herr De Meo, Sie sind seit 2015 bei Seat Vorstandsvorsitzender. Das ist genau das Jahr des Turnarounds bei Seat. Wie sehr hat das mit Audi zu tun, Ihrem früheren Arbeitgeber?
Luca de Meo: Der Erfolg von Seat hat viele Väter. Ich für meinen Teil habe bei vielen Auto-Marken gearbeitet, da fließt vieles in meine Führung des Konzerns ein. Aber der Erfolg, in die Gewinnzone vorgestoßen zu sein, nachdem selbst bei VW kaum noch jemand daran glaubte, beruht auf einer langen Vorbereitung. Dazu hat natürlich auch beigetragen, dass seit Frühjahr 2011 in Martorell neben unserer eigenen wachsenden Modellpalette auch der Q3 vom Band läuft.
Wir haben auch vom deutschen Ausbildungssystem gelernt. Wir investieren mehr in unsere Mitarbeiter, bieten ein Training nach dem Vorbild der deutschen Lehre an, verstehen uns besser mit den Gewerkschaften und sehen die Belegschaft als unsere Botschafter. Wir zahlen besser und das zahlt sich auch für uns aus.
Mehr Motivation, mehr Technologie, mehr Ordnung, das alles führte zu mehr Produktivität, weswegen wir unseren Gewinn 2017 um 21 Prozent auf 281 Millionen Euro steigern konnten. Natürlich hat sich durch den Einzug von Audi in Martorell auch die Qualität unserer Produkte noch zusätzlich verbessert. Ein so gutes Produkt so nah vor Augen zu haben, hilft. Dadurch konnten wir analysieren, was wir bisher falsch gemacht hatten.
Zur Person
Luca de Meo ist seit 2015 CEO von Seat. Zuvor war der gebürtige Italiener Vorstand für Marketing und Vertrieb bei Audi. Bevor er 2009 zu Volkswagen kam, war der promovierte Betriebswirt für Renault, Toyota und den Fiat-Konzern tätig.
Hat die Verbesserung der Lage auch damit zu tun, dass jetzt die Kapazitäten in Martorell fast zu 100 Prozent ausgelastet sind?
Natürlich. Es ist auch für die Belegschaft zufriedenstellender, Vollzeit und auf Touren zu arbeiten. Es ist enorm motivierend für sie, wenn wie jetzt der A1 vom Werk in Brüssel nach Spanien verlegt wird. Das bedeutet, dass wir gut arbeiten. Wir sind jetzt bei fast 15.000 Mitarbeitern und wir werden aufgrund der steigenden Attraktivität der Marke Seat weiter wachsen. Es gibt wieder eine Zukunft in dem Werk und das treibt alle an, auch mich. Die Lage vor 10 Jahren war dagegen tatsächlich sehr brisant. Da muss man nichts beschönigen.
Können die Separationsbestrebungen der derzeitigen Mehrheit im katalanischen Parlament von Spanien die Lage von Seat nicht gefährden?
Wir wollen uns zur spanischen Politik nicht äußern. So lange wir nicht wirklich eine Bedrohung unseres Geschäfts sehen, werden wir uns nicht einmischen. Bisher hat die Situation auf uns keinen negativen Einfluss gehabt.
Anders gefragt: Werden Sie über Ihren Plan von 2019 hinaus weiter investieren in das Werk?
Unser Investitionsplan umfasst 3,3 Milliarden Euro in vier Jahren, von 2015 bis 2019. Schon heute sind wir der größte industrielle Investor in Spanien. Danach sehen wir weiter. Ich weiß, dass auch viele denken, dass wir mit der Tatsache, dass wir die Bilanzkonferenz in Madrid und nicht Barcelona veranstalten, ein Zeichen setzen, aber das war schon vor über einem Jahr geplant. Nächstes Jahr sind Sie übrigens wieder nach Barcelona eingeladen, danach vielleicht in eine andere Metropole dieser Welt.
Seat konnte seinen Verkauf seit 2013 um 50 Prozent steigern. Hat die Marke damit vom VW-Abgasskandal profitiert?
Es kann schon sein, dass in einigen Märkten, wo wir nicht direkt mit dem Konzern in Verbindung gebracht werden, mehr Leon und Ibiza verkauft wurden.





Bei all dem Ärger um die Abgaswerte der Dieselmotoren und dem anstehenden Fahrverbot in einigen europäischen Städten, sollte Seat da überhaupt noch auf Diesel setzen?
Wir glauben, dass wir nicht von einem Tag auf den anderen alle mit Elektroautos fahren können. Wir brauchen verschiedene Optionen. Diesel hat klare Vorteile für die Umwelt, zum Beispiel einen geringeren CO2-Ausstoß, weil Selbstzünder effektiver verbrennen und damit sparsamer sind. In Deutschland sind wir Experten, was diese Motoren betrifft.