Superschnelles Internet Porsche will die 5G-Revolution

Vodafone-Deutschland-Chef Hannes Ametsreiter (links) eröffnet mit Porsche-Entwicklungsvorstand Michael Steiner das erste 5G-Echtzeitnetz im Porsche-Entwicklungszentrum in Weissach. Quelle: PR

Der Autobauer Porsche eröffnet das erste private 5G-Echtzeit-Netz im Entwicklungszentrum in Weissach. Die Mobilfunktechnologie soll Forschung und Produktion beflügeln - kommt aber im Vergleich zu China reichlich spät.

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Sechs große 5G-Antennen und zwei Mobilfunkstationen von Vodafone ragen seit Neuestem über dem Campus des Forschungszentrums in Weissach bei Stuttgart auf – die erste reine 5G-Anlage dieser Größe auf einem Firmengelände in Europa. Die Antennen versorgen das komplette 60 Hektar große Gelände mit seinen Teststrecken, Werkstätten und Laboren mit dem superschnellen Internetsignal. Mit diesem Investment, das Porsche vor drei Jahren anstieß, will der Autobauer in Deutschland die Führung übernehmen bei der Integration der Kommunikationstechnologie im Auto.

Vorbildlich - allerdings ein wenig spät. Europa hat in Sachen industrieller Anwendungen reiner 5G-Technologie eine Menge aufzuholen: Huawei hat in China schon mehr als 1000 solcher Campus-Netze für 20 verschiedene Branchen eingerichtet, darunter auch der Autosektor. Das chinesische Unternehmen betreibt in seinem Openlab in München ein eigenes 5G-Stand-Alone-Netzwerk auf 475 Quadratmetern.

30 Millisekunden können Leben retten

Es gibt auch in Deutschland bereits eine Reihe von 5G-Campus-Netzen. Sie alle basieren allerdings auf der DSS-Technologie, wo per Software-Update 4G-Antennen aufgerüstet werden. Die wahren Geschwindigkeiten aber, die Innovationen möglich machen, werden nur auf reinen 5G-Antennen erzielt, sogenanntem 5G Stand Alone.

5G verspricht dank seiner Geschwindigkeit wesentlich mehr Sicherheit, etwa im Straßenverkehr. Dafür wird 5G ins Auto eingebaut und über lokal mit Rechenzentren aufgerüsteten Mobilfunkantennen vernetzt: „30 Millisekunden machen den Unterschied zwischen Leben und Tod aus, wenn man auf eine Wand zufährt“, sagt Vodafone-Deutschlandchef Hannes Ametsreiter. Gemeinsam führen Porsche, Vodafone und der Location-Spezialist Here Technologies mit dem neuen Netz eine Machbarkeitsstudie durch, wie Autos sich bei Gefahrensituationen über das schnelle Netz gegenseitig warnen können.

Die Halle ist grau gekachelt, im Stauraum steht ein weißer Porsche-Rennwagen. Im Hintergrund heulen manchmal Motoren auf der Teststrecke auf. Vorerst hilft 5G den Entwicklungsprozess selbst effizienter zu gestalten: „Mit dem Netz können wir die Daten aus Testfahrten in Echtzeit verarbeiten“, sagt Porsche-Entwicklungsvorstand Michael Steiner. „Das ist eine Riesenchance – dank 5G fährt der Entwickler virtuell im Fahrzeug mit.“

Die Daten fließen per Mobilfunk mit einer Verzögerung von nur neun Millisekunden zu den Entwicklern. Bislang werden Testdaten auf einem Computer im Kofferraum gespeichert, und später erst in der Werkstatt übertragen und anschließend analysiert.

Ziel ist auch, dass das voll vernetzte Fahrzeug für die Passagiere mehr und mehr zu einem zweiten Wohnzimmer wird. Bislang verkauft Porsche noch Autos mit eingebauten 4G-Chips. Die Autos, die aktuell entwickelt werden und in weniger als vier Jahren auf Markt kommen sollen, werden mit 5G ausgestattet sein.

Aufholjagd mit China

Der Aufbau des 5G-Netzes im Entwicklungszentrum ist aber nur der erste Schritt für Porsche: Der wahre Quantensprung für Unternehmen wird durch den Einsatz von 5G in der Produktion erwartet. „5G bietet die Chance, die Produktivität einer Fabrik um 20 bis 30 Prozent zu steigern“, sagt Ametsreiter. „Das Zusammenspiel von Mobilfunknetz, Sensoren und Datenanalyse mit künstlicher Intelligenz schafft einen Innovationsschub wie damals die Dampfmaschine.“ Zum Beispiel, wenn Maschinen selbst vorzeitig erkennen, wann sie gewartet werden müssen und so Produktionsausfällen vorgebeugt wird.

Um im Vergleich zu chinesischen, mit 5G effizienter gesteuerten Produktionsanlagen wettbewerbsfähig zu bleiben, haben deutsche Unternehmen dringenden Investitionsbedarf. Das Potenzial reißt nicht einmal hinter den Fabriktoren ab: „Es können sogar externe Lieferanten in den Datenfluss eingebunden werden, um die Logistik zu optimieren“, ergänzt Porsche-Entwicklungsvorstand Steiner. Bislang ist Vodafone der einzige Anbieter eines mobilen privaten Echtzeit-5G-Netzwerks in Deutschland. Das Produkt ist eine schlüsselfertige, Telefonzellen-große Kiste namens „Red Box“.

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