VW-Sparprogramm Weiter so, Volkswagen!

Quelle: imago images

Der Volkswagen-Konzern ist existenziell bedroht, wenn er so weiter macht wie bisher. Das ist die schlechte Nachricht. Die gute: Management, Eigentümer und Betriebsrat haben es verstanden und steuern gegen. So dürfen sie gern weitermachen. Ein Kommentar.

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Ich hätte mir nicht träumen lassen, dass ich am Ende dieses Jahres Volkswagen zurufen würde: Weiter so! Am Ende eines Jahres, das klargemacht hat, dass der mit Abstand wichtigste Autokonzern des Landes existenziell bedroht ist, wenn er so weiter macht wie bisher.

Volkswagen hat 2023 aber drei wichtige Dinge geschafft. Das Unternehmen hat erkannt, wie ernst die Lage ist. „Das Dach brennt“, hat der Chef der Marke VW, Thomas Schäfer, seinen Managern zugerufen. Und: „Wir sind zu langsam, zu träge, zu kompliziert – das ist nicht überlebensfähig.“ Der Betriebsrat hat – zweiter Erfolg – nicht versucht, die Lage zu beschönigen, um Einschnitte abzuwenden. Die Eigentümerfamilien Porsche und Piech haben den Druck erhöht, und so kam es am Dienstag zu einer Einigung über ein Sparpaket für die größte Konzernmarke VW – der dritte Erfolg.

Also ja, Volkswagen darf gern so weitermachen. Aber nur, wenn das neue Sparpaket der Auftakt für einen riesigen Umbau hin zu einem schnellen, schlanken und schlagkräftigen Konzern sein soll. Wenn Management und Mitarbeiter dagegen der Meinung sein sollten, dass nun erst mal wieder alles im Lot ist, weil man jetzt ein Sparprogramm hat, dann wäre ein „Weiter so“ der Anfang vom Ende. Denn das Dach brennt munter weiter. VW hat die Feuerwehr gerufen – nicht weniger, aber auch nicht mehr. Ob das Löschen überhaupt klappt und wie viel danach vom großen VW-Haus noch steht, muss sich erst zeigen.

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von Martin Seiwert

Kein Bereich darf vom Personalabbau ausgenommen werden

Wirklich vertrauenserweckend sind die Löschfahrzeuge, die gerade anrücken, auch nicht: Material- und Produktkosten sollen optimiert, Fix- und Fertigungskosten reduziert werden – das ist kein Sparprogramm, sondern hoffentlich Normalität in Wolfsburg. Bleibt der angestrebte Personalabbau. Die Personalkosten im Verwaltungsbereich sollen um 20 Prozent sinken. Das aber ist erstens nur ein hehres Ziel ohne Datum und kann zweitens bloß ein Anfang beim Personalabbau sein. Stellantis (Peugeot, Opel, Fiat, Chrysler, Jeep) macht 60.000 Euro Gewinn pro Mitarbeiter. VW: 34.000 Euro. Noch Fragen? Die geplanten Altersteilzeitregelungen in der Verwaltung werden da nicht reichen. Kein Bereich darf vom Personalabbau ausgenommen werden.  

VW schafft noch nicht mal Stellantis-Niveau. Dabei sitzt die wahre Konkurrenz ganz woanders: „Konkurrenzdruck vor allem aus China“ sei das Problem für Volkswagen, sagt Betriebsratschefin Daniela Cavallo. Chinesische Hersteller entwickeln neue Autos in 24 bis 36 Monaten. Volkswagen will nun „die Entwicklungszeit für neue Volkswagen-Modelle von 50 auf 36 Monate verkürzen“ – also eines fernen Tages dort landen, wo China heute schon ist. Aber wo ist dann China?

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Und während Volkswagen über 30 Stunden braucht, um ein Auto zu bauen, schaffen es chinesische Hersteller schon in der halben Zeit. Mit revolutionären Produktionsverfahren in nagelneuen Fabriken dürften sie bald zehn Stunden pro Auto erreichen – während Volkswagen einen Personalabbau in seinen alten Werken ausschließt.

Also: Weiter so! Die Richtung stimmt. Bloß die Geschwindigkeit nicht.

Transparenzhinweis: In einer früheren Version hieß es, dass VW pro Mitarbeiter 4000 Euro Gewinn erziele. Es sind 34.000 Euro. Wir haben den Fehler korrigiert.
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