Wie gerne wäre Mercedes mit seinem EQC zumindest der erste vollelektrische SUV aus der Premiumliga geworden. Doch nachdem BMW vor Jahren mit seiner i-Familie bereits elektrisch voranstürmte und die Konkurrenz weitgehend verdutzt zurückließ, schnappte JLR mit seinem Jaguar i-Pace Mercedes sogar noch die SUV-Zielflagge weg. Somit bleibt für die umtriebigen Schwaben zweimal nur Platz zwei. Der zweite Hersteller, der mit einem Serienmodell seine Elektrofamilie – EQ – ausrollt und der zweite Hersteller, der einen elektrischen SUV ins umkämpfte Premiumsegment wirft.
Somit beschränkt sich die Pionierrolle lediglich auf die hausinterne Lesart. „Mit dem EQC als erstem vollelektrischen SUV von Mercedes-Benz legen wir den Schalter um“, sagt Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche, „der E-Antrieb ist ein wichtiger Baustein der Mobilität der Zukunft. Daher investieren wir in den nächsten Jahren mehr als zehn Milliarden Euro in neue EQ Produkte und über eine Milliarde in die Batterieproduktion.“
Natürlich ist der EQC nicht das erste Serienmodell aus dem Hause Daimler und selbst Mercedes brachte vor zwei Jahren ebenso kurz wie erfolglos eine elektrische Variante der B-Klasse, die aufgrund anhaltender Erfolglosigkeit schnell wieder vom Markt surrte. Die Botschaft für den zweiten Anlauf lautet vielmehr: Jetzt soll es krachen, jetzt sollen die Konkurrenten zittern – der Mercedes EQC soll BMW und Audi düpieren, JLR an den Rand drücken und Tesla zeigen, wie es richtig geht.





Beim Design präsentiert sich das erste echte Elektromodell von Mercedes durchaus nennenswert anders als seine Brüder mit Verbrennungsmotor. Das schwarze Gesicht mit erstmals verbundenen Tagfahrlichtern überrascht nach der entsprechenden Konzeptstudie niemanden mehr. Schon mehr, dass das Leuchtband am Heck eine gewisse Ähnlichkeit zur aktuellen Rückenansicht der Porsche-Modelle Macan, Panamera und Cayenne kaum verhehlen kann. Überhaupt wirken die schmalen LED-Lichteinheiten vorne wie hinten angesichts der großen Karosserieflächen recht filigran und klein.
Eine Symbiose aus gestern und heute gibt es im Innenraum. Auf der einen Seite ist der neue Mercedes EQC mit dem innovativen MB-UX-Cockpit ausgestattet, das bereits bei Mercedes A-Klasse und dem Nutzfahrzeug Sprinter Einzug hielt. Dazu gibt es eine Mittelkonsole, deren zentrale Schalterbatterie man allzu gut aus vielen anderen Daimler-Modellen kennt. Immerhin wurden die lange Zeit inflationär verbauten Lüftungsdüsen im Turbinenstil gegen eine Neuauflage in rechteckiger Form ausgetauscht. Die dort verbauten Streben in roségold wirken jedoch wie ein aufdringlicher Fremdkörper, der nicht in das stimmige Gesamtbild passen will.
Das Platzangebot in dem 4,76 Meter langen SUV ist vorne wie hinten insbesondere durch den 2,87 Meter langen Radstand sehr gut. Der Kofferraum schluckt 500 Liter und auf Wunsch lässt sich der EQC sogar mit einer Anhängerkupplung ausstatten, mit der man 1,8 Tonnen schwere Hänger schleppen kann.
Bei den Leistungsdaten rangiert der über 2,4 Tonnen schwere Mercedes EQC im Wettbewerbsumfeld. Zwei Elektromotoren an Vorder- und Hinterachse leisten 300 kW / 408 PS, die von einem 650 Kilogramm schweres 80-kW-Batteriepaket gespeist werden. Die maximale Reichweite soll bei 450 Kilometern liegen, während das maximale Drehmoment 765 Nm beträgt. Während der Spurt von null auf 100 km/h in flotten 5,1 Sekunden abgewickelt wird, ist die Höchstgeschwindigkeit mit 180 km/h überaus überschaubar und im Vergleich zu Verbrennern nicht konkurrenzfähig. „Der neue EQC ist ein echter Mercedes. Das gilt vor allem für klassische Tugenden wie Qualität, Sicherheit und Komfort“, unterstreicht Daimler-Vertriebsvorstand Ola Källenius, „hinzu kommt die hohe Fahrdynamik dank zweier Elektromotoren an Vorder- und Hinterachse mit zusammen 300 kW Leistung sowie eine intelligente Betriebsstrategie für eine souveräne elektrische Reichweite.“
Der Elektromotor an der Vorderachse ist für niedrige und mittlere Geschwindigkeiten vorgesehen, während das Triebwerk an der Hinterachse die nötige Dynamik ins Spiel bringt. Für den gewünschten Vortrieb sorgen dabei die fünf Fahrprogramme Comfort, Eco, max Range, Sport und Individuell. Der Fahrer kann über Schaltwippen am Lenkrad die Rekuperationsleistung regeln und so die Reichweite beeinflussen.
Der elektrifizierte Mercedes ist mit einem 7,4-kW-Bordladesystem ausgestattet, mit dem er zu Hause oder an öffentlichen Ladesäulen nachtanken kann. Praktikabel ist der Ladevorgang jedoch nur an einem Hochleistungssystem wie der Wallbox oder per CCS (Combined Charging Systems) in Europa / USA, wo der EQC an einer entsprechenden Ladestation mit einer maximalen Leistung von bis zu 110 Kilowatt erstarken kann. Nach 40 Minuten ist der Mercedes wieder auf 80 Prozent erstarkt.
Der Basispreis des Mercedes EQC, von dem weitere Leistungs- und Reichweitenstufen in Planung sind, steht noch nicht fest; dürfte jedoch unter 80.000 Euro rangieren. Marktstart dürfte im Frühjahr 2019 sein. Neben dem Produktionsstandort Bremen bereitet sich außerdem das Joint Venture Beijing Benz Automotive Co. Ltd. auf den Produktionsstart des EQC für den chinesischen Markt vor.




