Abstieg aus dem Dax Was der Niedergang der Commerzbank für den Steuerzahler bedeutet

Commerzbank: Was der Abstieg aus dem Dax bedeuten würde Quelle: dpa

Jetzt ist es offiziell: Die Commerzbank steigt aus dem Dax ab. Das ist mehr als ein Symbol für den Sinkflug deutscher Großbanken. Die Folgen sind nicht zu unterschätzen.

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Über Commerzbank-Chef Martin Zielke baumeln nackte Glühbirnen an bunten Kabeln von der Decke. Diese hippen, coolen Dinger, die jeder maroden Fabrikhalle schnell den fortschrittlichen Anstrich eines hippen Großstadt-Workspace verleihen. Viel Schein, wenig Sein. Zielke will über die Zukunft reden. Dafür hat er extra in den Mainincubator geladen, den Brutkasten für Finanz-Start-ups der Commerzbank. Er will vier „Megatrends“ besprechen, die er identifiziert hat: Blockchain, Big Data, Cloud, künstliche Intelligenz.

Pech für Zielke: Statt für die Schöpfungen der Zukunft interessieren sich Anleger, Investoren, Journalisten und Steuerzahler zurzeit vor allem für den Dax-Abstieg seiner Bank. Zu dem wiederum möchte der Bank-Chef nur wenig sagen. „Finde ich das schön? Nein!“, sagt er. Der Abstieg würde aber an der Bedeutung der Bank für die deutsche Wirtschaft nichts ändern. „Für unsere Kunden, für unser Geschäft ändert sich damit überhaupt nichts“.

Nun ja, ganz so banal ist das wohl doch nicht. Auch nicht für den Steuerzahler. Immerhin gehören jedem Deutschen rein rechnerisch 2,36 Commerzbank-Aktien der Commerzbank. Aktuell sind die gerade mal knapp 20 Euro wert. Insgesamt notiert das Anteilspaket des Bundes bei rund 1,6 Milliarden Euro. Eingestiegen ist der Staat für 5,1 Milliarden Euro. Ein ökonomisch sinnvolles Ende der Staatsbeteiligung scheint in weiter Ferne, und daran dürfte der Abstieg in die zweite Börsenliga vorerst nichts ändern. Im Gegenteil.

A, 5. September hat die Deutsche Börse verkündet, dass die Commerzbank tatsächlich absteigt. Am 24. September wird die Commerzbank damit erstmals im MDax notieren. Entscheidend waren reine Fakten. Die Börse setzt ihre Indizes nach zwei Kriterien zusammen: Marktkapitalisierung und Handelsvolumen.

Während die Commerzbank rausgeworfen wird, steigt der Münchner Zahlungsdienstanbieter Wirecard aus dem TecDax auf. Die Commerzbank kommt noch auf eine Marktkapitalisierung von rund zehn Milliarden Euro, Wirecard ist 2,3 mal so viel wert.

Noch im vergangenen Jahr beflügelten Fusionsphantasien die Commerzbank-Aktie, ließen den Steuerzahler auf einen Verkauf hoffen. Vor allem französische Banken sollen im Finanzministerium immer wieder Interesse angemeldet haben.

Mittlerweile hilft das nicht mehr, der Kurs ist in realen Sphären angekommen. Selbst als die Bank kürzlich einen kleinen Gewinn von 272 Millionen Euro für das zweite Quartal verkündete, reagierte die Börse mit Verkäufen, der Kurs sank um knapp vier Prozent. Der Gewinn kann über die operativen Schwierigkeiten nicht hinwegtäuschen.

Im Firmenkundengeschäft rechnet die Bank für 2018 mit rückläufigen bereinigten Erträgen. Das operative Ergebnis fiel im ersten Halbjahr um fast 30 Prozent schlechter aus als im Vorjahreszeitraum. Im Privatkundengeschäft sammelt Vorstand Michael Mandel zwar weiter Kunden, das Wachstum schlägt sich im operativen Ergebnis aber kaum nieder. Das fiel zwischen April und Juni um 15 Prozent schlechter aus als im ersten Quartal. Ohne steigende Zinsen dürfte es für die Commerzbank schwierig werden, die angestrebten Ziele bis 2020 zu erreichen.

Der Abstieg in den MDax macht die Sache nicht besser, er ist mehr als ein Imageschaden. Vor allem börsengehandelte Indexfonds (ETF), die einen Index und seine Zusammensetzung exakt nachbilden, müssen wohl viele Commerzbank-Aktien verkaufe. Die Dax-ETFs haben ein deutlich höheres Volumen als die auf den MDax. Insgesamt stehen Dax-Aktien stärker im Fokus von Investoren.

Für den Steuerzahler heißt das zweierlei.
Zum einen wird es vorerst noch unrealistischer, dass der Bund seinen Anteil mit Gewinn verkaufen kann – dafür müsste der Aufschlag des Käufers schon sehr hoch sein.

Zum anderen ist die Commerzbank mit ihrem geringen Börsenwert aber umso mehr ein lukratives Übernahmeziel. Für viele internationale Großbanken wäre sie wohl leicht zu stemmen.

Will der Bund eine Übernahme aus dem Ausland abwehren, bleibt ihm im Zweifel am Ende nur eine Fusion mit der Deutschen Bank. Die Probleme des Steuerzahlers dürften dann nicht kleiner werden.

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