Blick in die Bankengeschichte Warum die Deutschen die Sparkasse so schätzen

Vor mehr als 200 Jahren begann die besondere Beziehung der Deutschen zum Sparen und ihren Sparkassen. Die Krise stärkt die Sehnsucht nach einer heilen Bankenwelt. Eine Würdigung.

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Die Sparkassen setzen eher auf Sicherheit statt kurzfristiger Renditen. Quelle: dpa

Liebe Sparkasse, bitte verzeih mir. Allzu lange habe ich Dich nicht mehr beachtet. Allzu lange warst Du nur noch das ewige Mauerblümchen für mich. Ich hatte mich verloren an die Erfolgsgeschichten der internationalen Großbanken, war geblendet von den haushohen Entrees aus Glas und Stahl der Frankfurter Bankpaläste, war gefangen vom noblen Glanz der Privatbanken, vom atemlosen Sex der Londoner City, von den Milliardensummen, die an der Wall Street bewegt wurden.

Ich wollte nie so enden wie der Filialleiter der Sparkasse des Dorfes, aus dem ich stamme. Mein Vorbild war Michael Douglas, der Gordon Gekko aus „Wall Street“. Seine Hosenträger wurden meine Hosenträger. Das Sparschwein zum Weltspartag dagegen ist im Lauf der Jahre Teil einer traumatischen Kindheitserinnerung geworden, der Erinnerung an Enge und Vorherbestimmtheit.

Bei Dir sah und sehe ich Teppichboden statt Marmor, ausgebeulte Sakkos statt maßgeschneiderte Anzüge. Deine Schalterbeamten benutzen den Taschenrechner, um zwei Zahlen zusammenzuzählen, Deine Filialleiter fahren Bus statt Porsche. Dein Bonus heißt Prämie, und durch Deine Schalterhallen schreitet nicht der Geldadel, sondern schlurft das einfache Volk.

Dabei hatte es so hoffnungsvoll begonnen zwischen uns: Das blaue Sparbuch, das ich als Achtjähriger in den Händen hielt, besaß einen besonderen Zauber, der mit den Jahren noch zunahm, wenn der Nadeldrucker zeilenweise die am Ende des Jahres aufgelaufenen Zinsbeträge addierte. Mit der ersten Kontokarte fühlte ich mich erwachsen, die 10-Euro-Sondermünzensammlung verwahrte ich an einem Ehrenplatz.

Doch mit den Jahren erkaltete unsere Beziehung. Dass einer Deiner Automaten meine EC-Karte schluckte und es geschlagene drei Monate dauerte, bis ich wieder eine funktionierende Karte in den Händen hielt - kann passieren.

Dass Du mein Haus nicht finanzieren wolltest, weil eine Essener Hypothekenbank ein Achtel Prozent billiger war - geschenkt. Dass jedes Mal, wenn ich einen kompetenten Berater gefunden hatte, der drei Monate später verschwand - das war mühsam, aber so ist offenbar der Lauf des Lebens.

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