"Die Aktionäre gehen leer aus", sagt Kebekus. "Aktionäre sind Gesellschafter, die erst Geld bekommen, wenn die Forderungen aller anderen Gläubiger beglichen wurden. Das halte ich für ausgeschlossen". Auch für Anleiheinvestoren von Air Berlin sieht es laut Kebekus "nicht gut aus". Sie hätten zwar Forderungen gegenüber der Konzernholding, die verfüge „allerdings über kein nennenswertes Vermögen".
Auch Nutzern des Vielfliegerprogramms Topbonus droht Ärger. In den vergangen Tagen war das Programm bereits eingefroren worden, Bonusmeilen konnten nicht mehr eingelöst werden. Dies wird wohl auch so bleiben. "Um die Bonusmeilen kümmert sich eine separate Gesellschaft", sagt Kebekus. Das Unternehmen würde zu 70 Prozent dem Air-Berlin-Großaktionär Etihad gehören. "Auch dort hat der Gesellschafter die Finanzierung beendet und es zeichnet sich eine Insolvenz ab", so Kebekus. Zugleich stellt er klar, dass Air Berlin keine Entschädigungsleistungen für Flugausfälle und -verspätungen mehr auszahlen könne. "Betroffene Passagiere müssen ihre Ansprüche als Insolvenzforderung anmelden", so Kebekus, "Entschädigungen kann Air Berlin leider nicht auszahlen".
Bessere Aussichten gibt es für Fans der knallroten Schokoherzen, die Air-Berlin-Mitarbeiter beim Aussteigen an Passagiere verteilen. Im Schnitt werden laut Air Berlin pro Monat eine Million Air Berlin Herzen verschenkt. In Ferienzeiten seien es sogar 1,5 Millionen pro Monat. Zusammengenommen sind es im Jahr rund 12 bis 14 Millionen. Seit den 90er Jahren wurden sie von Rausch Schokoladen aus Edelkakao hergestellt, ab 2014 produzierte Lindt die Schoko-Teile. Mit dem drohenden Ende der Airline wurden sie zuletzt sogar zu Sammelstücken. Auf Ebay werden die Herzen teilweise zu Mondpreisen angeboten, zwei Stück für 250 Euro. Ein "Sammlerstück" kostet sogar 500 Euro.
Die Chronik von Air Berlin
Vor 38 Jahren hob der erste Air-Berlin-Flieger ab. Alles begann mit alliierten Sonderrechten zur Landung im geteilten Berlin. Nach der Wende wuchs Air Berlin zur Nummer Zwei am Himmel über Deutschland heran, doch dann folgte eine jahrelange Krise.
1978: Gründung als Chartergesellschaft durch den Ex-Pan-Am-Pilot Kim Lundgren. Erstflug am 28. April 1979 von Berlin-Tegel nach Mallorca. Die Flotte umfasst zwei Maschinen.
1991: Im April kauft der LTU-Manager Joachim Hunold die Mehrheit der Anteile. Es gibt kurz darauf 15 Flüge pro Tag. Air Berlin expandiert und stationiert zunehmend auch Flugzeuge auf Regionalflughäfen.
1998: Mit dem Mallorca Shuttle Einstieg ins Linienfluggeschäft.
Einstieg zu 25 Prozent bei der österreichischen Fluggesellschaft Niki des früheren Rennfahrers Niki Lauda.
Börsengang und Kauf der Fluggesellschaft dba.
Kauf des Ferienfliegers LTU, damit auch Interkontinentalflüge.
Air Berlin rutscht in die roten Zahlen, legt das erste Sparprogramm auf: Strecken fallen weg, Flugzeuge werden ausgemustert. Die Übernahme des Ferienfliegers Condor scheitert.
Air Berlin kündigt für 2012 den Eintritt in das Luftfahrtbündnis Oneworld an.
Hunold wirft das Handtuch, Hartmut Mehdorn übernimmt. Ein weiteres Sparprogramm soll das operative Ergebnis um 200 Millionen Euro verbessern. 18 der 170 Maschinen werden verkauft.
Die arabische Staatsairline Etihad erhöht ihren Anteil von knapp 3 auf 29,2 Prozent und stützt die Airline mit einem 255-Millionen-Dollar-Kredit. Ein neues Sparprogramm beginnt. Der Verkauf des Vielfliegerprogramms an Großaktionär Etihad bringt nur vorübergehend wieder schwarze Zahlen.
Wolfgang Prock-Schauer wird Vorstandschef und verschärft das von Mehdorn im Vorjahr aufgelegte neue Sparprogramm. Jeder zehnte Arbeitsplatz fällt weg, die Flotte schrumpft auf 142 Maschinen.
Im Februar löst Stefan Pichler den glücklosen Prock-Schauer ab. Air Berlin macht 447 Millionen Euro Verlust - so viel wie nie.
Nach einem juristischen Tauziehen kann Air Berlin den größten Teil der wichtigen Gemeinschaftsflüge mit Etihad weiter anbieten. Die Zahlen bessern sich nicht. Gespräche mit Lufthansa über einen Verkauf von Geschäftsteilen beginnen. Mit einem tiefgreifenden Umbau und der Streichung von bis zu 1200 Arbeitsplätzen will Air Berlin seine Krise überwinden.
Air Berlin bekommt einen neuen Chef. Der Lufthansa-Manager und früheren Germanwings-Chef Thomas Winkelmann wird Vorstandschef. Air Berlin führt ihren Flugbetrieb in zwei getrennten Geschäftsfeldern weiter: Langstreckenflüge und Städteverbindungen in Europa werden zusammengefasst, Urlaubsflüge unter der Marke Niki geführt. Lufthansa erklärt sich bereit, Air Berlin zu übernehmen, wenn der Großaktionär Etihad zuvor die Schulden übernähme.
Air Berlin meldet Insolvenz an. Zuvor hatte Etihad seine finanzielle Unterstützung eingestellt. Ein 150-Millionen-Euro-Kredit des Bundes soll den Flugbetrieb zunächst sichern.
Fast 40 Jahre nach dem Start der ersten Air-Berlin-Maschine in Berlin-Tegel landet am 27. Oktober 2017 um 23.45 Uhr der letzte Air-Berlin-Flieger dort. Die Zukunft der Angestellten und vieler Unternehmensteile ist zu diesem Zeitpunkt noch ungewiss.
Dabei wird es die Herzen wohl noch eine Weile geben. Die Verträge mit Lindt wurden bislang nicht gekündigt, die Herzen soll es zunächst weiter geben. "Um das Kundenvertrauen zu stärken, versuchen wir, alles was die Passagieren von Air Berlin kennen und erwarten, soweit es bezahlbar ist, weiterzuführen", sagt Chefsanierer Kebekus . "Dazu gehören auch die Schokoherzen"