Air Berlin Das Fantreffen der Krisen-Airline

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Warten auf die Air-Berlin-Wurst

Das Gros der Anteilseigner stört auch nicht, dass Finanzvorstand Dimitri Courtelis nicht sagt, wie denn der Rest des Jahres wird und welche Zahlen er erwartet. „Wir sind in einer Übergangsphase, ich darf zu 2017 nichts sagen,“ betont er und verspricht dann aber doch, 2018 werde es wohl wieder ein positives Betriebsergebnis geben. Auch das stört keinen, was vielleicht auch dran lag, dass hier in Hörweite des größten britischen Flughafens außer Courtelis heute jeder Deutsch spricht. 

Kein Wunder also, dass der etwas absurde Aktionärstreff zumindest einen Rekord aufstellt: schon nach einer knappen Dreiviertelstunde ist alles vorbei. Das kommt den meisten Kleinaktionären entgegen. Sie sind extra aus Deutschland eingeflogen sind und haben offenbar die ganze Zeit auf eines der Markenzeichen ihrer Air Berlin gewartet: Die Currywurst. So stehen sie, die über die Jahre an ihrem Fluginvestment litten, dennoch freudig an Stehtischchen, die mit roten Schokoherzen und Modellfliegern mit dem Logo von Air Berlin geschmückt sind. 

Ihr Vertrauen in die Air Berlin erscheint unerschütterlich. Viele von ihnen sind schon seit Jahren dabei: „Man sieht sich jedes Jahr, da sind echte Freundschaften entstanden,“ erzählt Michael Hablasch aus Mosbach, seit 2006 Aktionär bei Air Berlin und seitdem jedes Jahr dabei. Wie sehr ihn das freut, ist auf den ersten Blick zu sehen. 

Aufstieg und Niedergang von Air Berlin
Kim Lundgren (l), Mitgründer und Präsident der 'Air Berlin Inc.' und Pilot, mit seinem Sohn Shane Lundgren, ebenfalls Pilot bei Air Berlin Inc. Quelle: airberlin
Joachim Hunold Quelle: airberlin
Einstieg ins Linienfluggeschäft Quelle: airberlin
Service an Bord von Air Berlin 2003 Quelle: airberlin
Niki Lauda (2009) Quelle: dpa
Airbus A 320 (2005) Quelle: airberlin
dba Air Berlin Quelle: AP

Hablasch hat sich heute extra in den Firmenfarben gekleidet und trägt ein leuchtend rotes Hemd und eine Rot-Weiß-Schwarz gestreifte Krawatte. Am Revers seines dunklen Anzugs prangt ein Anstecker mit dem Air Berlin Logo. Und er fühlt sich unter Freunden. Mit dem Firmengründer Joachim Hunold ist er seit über zehn Jahren per Du und begrüßt den Aufsichtsratsvorsitzenden mit einem herzlichen Schulterschlag und einem lauten „Hallo Achim“. 

Auch von anderen Anwesenden bekam Glatzkopf Hunold, der aus Sicht von Analysten mit seinen überzogenen Zukäufen und der zögerlichen Sanierung der Grund der Probleme ist, kein böses Wort zu hören. Mit sonorer Stimme und einem rheinischen Singsang leitet er die Hauptversammlung und auch die anschließende außerordentliche Hauptversammlung, die in einem unterirdischen, fensterlosen Raum in grauem Dekor stattfand. Der WirtschaftsWoche sagte er anschließend, er sei kein Übergangskandidat. Er werde das Kontrollorgan auf absehbare Zeit weiter leiten, obwohl sich Beobachter längst fragen, ob er dafür in Zeiten des geplanten radikalen Umbaus der Richtige ist. 

Das genügt denn auch Frank Winterfeld, aus Deutschland angereist, um mehr über die Zukunft von Air Berlin zu erfahren – etwa wie es nun weitergehen soll, nachdem in der vergangenen Woche der Plan eines gemeinsamen Ferienfliegers der Air-Berlin-Tochter Niki mit Tui scheiterte. „Wahrscheinlich wird es doch mit Niki klappen“,  meint der Aktionär, der sich schon seit 1977 als ein „treuer Fan“ von Air Berlin fühlt.

Das wäre gut. Denn die 300 Millionen Verkaufspreis müsste Air Berlin streng genommen an Etihad zurückzahlen. Doch leider musste Finanzchef Courtelis damit bereits seine Verluste stopfen wie die 293 Millionen Minus im ersten Quartal. Winkelmann verbreitete jedoch auch hier Optimismus: „Ich habe keinen Zweifel, dass Niki neue Partnerschaften finden wird.“

Nur Christian Petersen verbreitet beim dem Fantreffen zumindest ein klein wenig Skepsis. Er ist seit über zehn Jahren Pilot bei Air Berlin und heute als Vertreter der Pilotengewerkschaft Cockpit bei der Hauptversammlung dabei. Der hochgewachsene blonde Mann sagt trocken, er denke vor allem an die Zukunft der Arbeitnehmer in Deutschland und die Rettung der 7500 Arbeitsplätze, die vielleicht am besten durch eine Übernahme durch die Lufthansa gewährleistet wäre. Ryanair oder der norwegische Billigflieger Norwegian Air wären dagegen keine guten Alternativen. „Als Pilot mache ich mir Gedanken“, betont er.

Aber echte Sorge mache er sich dann doch nicht. Damit passt er wieder bestens auf den Aktionärstreff.

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