Deutsche Post Die fünf größten Probleme des gelben Riesen

Post-Chef Frank Appel muss sich gut auf die Hauptversammlung am Mittwoch vorbereiten: Er hat gute Zahlen im Gepäck, aber auch eine ganze Liste mit Problemen. Neben dem Streik belastet ein Computerchaos das Geschäft.

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DGB-Kundgebung in Hannover: Die Stimmung bei der Post ist gereizt. Quelle: dpa

56 Milliarden Euro Umsatz und über 2 Milliarden Euro Gewinn: Es sind Rekordzahlen, die Frank Appel am Mittwoch in der Frankfurter Jahrhunderthalle seinen Aktionären präsentieren wird.

Doch draußen, vor der Halle, werden Post-Mitarbeiter rote Verdi-Fahnen schwenken und demonstrieren. Denn trotz der guten Unternehmensentwicklung ist die Stimmung bei Angestellten und Anlegern gereizt. Sie reiben sich an den ehrgeizigen Zielen des Post-Chefs, der neuen Lohnpolitik und an den vielen Umstrukturierungsmaßnahmen, die er verordnet hat.

Mit diesen Problemen kämpft der gelbe Riese:

1. Der Streik

Fünf Verhandlungsrunden und über ein dutzend Streiktage haben die Deutsche Post und Verdi schon hinter sich, trotzdem ist vor der Hauptversammlung die Stimmung angespannter denn je. Die Gewerkschaft Verdi zog sogar bereits vor Gericht gegen die Post, die angeblich Beamte als Streikbrecher auf den Arbeitsplätzen von Verdi-Mitgliedern eingesetzt hat – erfolglos. Die Post legte nach und warf Verdi zuletzt vor, dass ihre Mitglieder arbeitswillige Kollegen in sozialen Netzen und am schwarzen Brett beschimpft und diffamiert hätten.

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Bei dem Streik geht es um weit mehr als nur um eine Lohnerhöhung. Eigentlich will die Gewerkschaft Vergeltung für einen gewieften Plan, mit dem die Post Lohnkosten senken will. Dazu hatte der Bonner Konzern Anfang des Jahres eine neue Tochtergesellschaft mit dem Namen Delivery GmbH gegründet. Die dort beschäftigten 6000 Paketboten muss die Post nicht nach dem Haustarifvertrag bezahlen und kann dadurch Kosten sparen.

Verdi kann diesen Schritt kaum noch rückgängig machen. Doch die Gewerkschaft hat sich vorgenommen, der Post ihre ganze Macht zu demonstrieren: Verhandlungsführerin Andrea Kocsis fordert 5,5 Prozent mehr Lohn und eine Verkürzung der Arbeitszeit um 2,5 Stunden die Woche bei einem vollen Lohnausgleich. Das käme 12 Prozent Lohnerhöhung und damit Kosten von 600 Millionen Euro gleich, erklärt die Post. Alleine deshalb macht der Streit den Aktionären zunehmend Sorgen.

2. Zu hohe Löhne

Bisher bleibt Post-Chef Frank Appel weiter hart: Er will die Gehaltskosten auf jeden Fall senken. Denn der Bonner Konzern zahlt wesentlich höhere Löhne als die meisten Wettbewerber. Und Appel hat vorgerechnet: Dieser Abstand muss sich verringern, wenn die Post wettbewerbsfähig bleiben will.

Im vergangenen Jahr hat die Sparte mit dem Namen "PeP" (Post - eCommerce - Parcel) zwar 1,3 Milliarden Euro Gewinn geschrieben. Doch die Margen in der Sparte gehen immer weiter zurück. Und ein Großteil des Profits kommt aus dem Briefgeschäft, das nicht zu den zukunftsträchtigen Geschäftsfeldern zählt. In das Paketgeschäft hingegen investiert die Post Milliarden. Das Geld für diese Investitionen soll auch in Zukunft weiter in die Kasse laufen. Auch dafür ist die Post in den Kampf mit Verdi gezogen.

Doch in anderen Unternehmensteilen ist die Schieflage bereits viel deutlicher sichtbar.

3. Großes Computerchaos

Seit Jahren ist das Speditionsgeschäft (Global Forwarding and Freight) die Problemsparte im Haus. Grund dafür ist ein überambitioniertes Umstrukturierungsprojekt, mit dem der ehemalige Spartenvorstand Roger Crook die Prozesse und auch die IT im Haus umbauen wollte. Doch das Projekt mit dem Namen "New Forwarding Enviroment" (NFE) sorgte sechs Quartale in Folge nur für sinkende Gewinne. Die Umstellung auf ein modernes IT-System kam in der noch sehr papierlastigen Luft- und Seefracht einfach nicht in Gang. Im vergangenen Jahr sank das Ergebnis in der 15 Milliarden Umsatz schweren Sparte um 39 Prozent auf nur 293 Millionen Euro.

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Kurz vor der Hauptversammlung zog sich der zuständige Vorstand Roger Crook deshalb endgültig von seinem Posten zurück – offiziell "aus persönlichen Gründen". Post-Vorstandsvorsitzender Appel hat das Problem nun zur Chefsache erklärt und verantwortet die Sparte bis auf weiteres selbst. In einem Brief an seine Anleger schrieb er: "Seien Sie versichert: Ich persönlich leiste meinen Beitrag dazu, diese schwierige Phase erfolgreich zum Abschluss zu bringen." Seine erste Amtshandlung: Er stoppte die Umsetzung von NFE.

4. Gewagte Umstrukturierung

Auch in der Sparte Supply Chain, deren Geschäft vor allem aus Lager- und Logistikdienstleistungen für andere Konzerne besteht, rumort es. Bei der Vorlage der ersten Quartalszahlen für das laufende Geschäftsjahr musste der Vorstand einen Gewinneinbruch von 38 Prozent verkünden, die Einnahmen reichten nicht aus, um die Ausgaben zu decken. Innerhalb von drei Monaten sammelte die Sparte so 112 Millionen Euro Verluste an. Das sei nur ein einmaliger Effekt, versprach Finanzvorstand Larry Rosen.

Wie sich Umsatz und Gewinn verteilen

Die Post habe gezielt Verluste in Kauf genommen, um die Sparte schnell und effektiv umbauen zu können. Denn Appel fordert mehr Standardisierung und eine schlankere Struktur – und damit auch mehr Profitabilität. Doch die Gefahr besteht, dass der Vorstand die Komplexität der Umstrukturierung ein weiteres Mal unterschätzt und dann dauerhaft Gewinneinbrüche melden muss.

5. Neue Konkurrenten

Richtig gut läuft dagegen die Express-Sparte, in der die Post ihr Geschäft mit zeitsensiblen und Eil-Sendungen zusammenfasst. Der zuständige Vorstand Ken Allen hat im vergangenen Jahr eine Gewinnmarge von zehn Prozent herausgeschlagen und damit sein Ziel ein Jahr früher als geplant umgesetzt. Die Post zählt damit zu den Branchenbesten.

Doch ein neuer Konkurrent positioniert sich in Europa: Der US-Expressriese Fedex hat angekündigt, dass er den niederländischen Konkurrenten TNT aufkaufen will. Mit vereinten Kräften würden Fedex und TNT die Deutsche Post DHL als globalen Marktführer überholen. Bisher gibt sich die Post zwar gelassen: Erstmal müssten die beiden Konzerne die Fusion abschließen und danach muss Fedex auch die Integration von TNT noch gelingen – das könnte Jahre dauern.

Doch den Wettbewerb in Europa und auch in Asien wird die Fusion auf jeden Fall anheizen, vermuten Experten – und damit auch den Preiskampf. Ob Ken Allen dann seine zehn Prozent Marge noch halten kann, ist fragwürdig.

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