Effizienz der Bundesligaklubs Deutscher Wirtschaftsmeister wird nur der FCB

Wer hätt's gedacht: Union Berlin ist laut Bain der zweiteffizienteste Bundesligaklub. Quelle: imago images

Überraschungen hinter Rekordmeister FC Bayern: Zum zweiten Mal hat die Unternehmensberatung Bain eine Rangliste erstellt, welche Fußball-Bundesligisten am effizientesten wirtschaften. Der sportliche Erfolg ist nicht unbedingt ein Gradmesser.

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Das Image von Langeweile und Vorhersehbarkeit hat die Fußball-Bundesliga in der laufenden Saison zum Teil revidieren können, vor allem dank der sportlichen Überraschungserfolge von Spitzenreiter Bayer Leverkusen und dem Tabellendritten VfB Stuttgart. Aber auch, weil einige Vereine im Vergleich zur vergangenen Saison deutlich schlechter dastehen (etwa Union Berlin, VfL Wolfsburg), sieht die Tabelle zurzeit erfrischend ungewohnt aus. Das gilt auch für jene Rangliste, die die Unternehmensberatung Bain von den Fußball-Bundesligisten nun zum zweiten Mal erstellt hat: Im sogenannten „Bundesliga-Benchmarking“ sortiert Bain die Vereine danach, wie effizient sie ihre wirtschaftlichen Ressourcen einsetzen. Und die Platzierungen zeigen überraschend wenig Korrelation zur sportlichen Leistungsfähigkeit.

Mit einer Ausnahme: Spitzenreiter in der Bain-Tabelle ist Deutschlands Rekordmeister FC Bayern München. So weit, so erwartbar. Aber direkt dahinter wird es interessant: Auf den Plätzen zwei bis vier folgen Union Berlin, Eintracht Frankfurt und der 1. FC Köln. Gerade bei Berlin und Köln sind Platzierungen in diesen Tabellensphären doch recht ungewohnt. Es sei eine ganz bewusste Entscheidung gewesen, die Vereine möglichst losgelöst von ihrer absoluten wirtschaftlichen und sportlichen Größe zu untersuchen, erklärt Lukas Richau, einer der Autoren der Studie. Richau ist promovierter Sportökonom und fokussiert sich bei Bain auf die Konsumgüter- und Einzelhandelsbranche. Walter Sinn, Bain-Deutschlandchef und Co-Autor der Studie, ergänzt: „Uns treibt die Frage um: Wer wirtschaftet am besten in Zeiten knapper Mittel? Wer kann das bestmögliche aus dem Vorhandenen rausholen?“

Somit kann die Bain-Tabelle auch als Versuch gelesen werden, die Managementqualitäten der Vereinsvorstände miteinander zu vergleichen – und zwar durchaus differenzierter, als es die bloße Reihenfolge der Clubs nach Jahresumsätzen ermöglicht. Hier führt natürlich auch der FC Bayern (626 Millionen Euro im Jahr 2022), dahinter folgen Borussia Dortmund (458 Millionen Euro), RB Leipzig (348 Millionen Euro), Eintracht Frankfurt (278 Millionen Euro) und Bayer Leverkusen (274 Millionen Euro). Auch der mit Großsponsor Volkswagen verbandelte VfL Wolfsburg erreicht mit einem Umsatz von 251 Millionen Euro in dieser Tabelle einen guten sechsten Platz. Doch wie gut die verantwortlichen Manager mit diesem Geld umzugehen verstehen, lässt sich daraus nicht ableiten.



Was hinter der Tabelle steckt

Bain bewertet für seine Tabelle sechs Kriterien: Kaderwertmanagement, Sponsoring, Merchandising, Stadion & Ticketing, Fanmobilisierung sowie Markenpositionierung. Daraus errechnet die Beratung eine Gesamtpunktzahl. Interessant sind die Platzierungen der Clubs in den einzelnen Kategorien. So sind etwa Union Berlin und der SC Freiburg mit Abstand die beiden besten Mannschaften, wenn es um Kadereffektivität geht. Hierzu erklärt Bain: Die Kadereffektivität berechnet sich aus der Anzahl Punkte pro Personalaufwand (veröffentlicht durch die DFL) multipliziert mit der Anzahl Punkte pro Spiel. Rekordmeister FC Bayern – der Klub mit dem teuersten Kader der Liga – landet hier auf dem vorletzten Platz 15. Weil Bain nur jene Mannschaften analysierte, die sowohl 2022/2023 als auch 2023/2024 in der ersten Liga spielten beziehungsweise spielen, hat die Tabelle nur 16 statt 18 Plätze; die Aufsteiger 1. FC Heidenheim und SV Darmstadt 98 werden nicht betrachtet.

Und auch in der Kategorie Fanmobilisierung schneidet der FC Bayern schlecht ab. Hierbei geht Bain der Frage nach: Wie ernst ist es den Fans mit ihrer Liebe zu ihrem Klub? Man nähert sich einer Antwort über zwei Kennzahlen, wie die Unternehmensberatung schreibt: „Zum einen wird untersucht, wie gut es den Vereinen gelingt, ihre Anhängerschaft über eine Mitgliedschaft enger an sich zu binden. Zum anderen fließt das Verhältnis der Likes zu den Followern auf Instagram in die Analyse ein.“ Erstaunlich, dass der Verein mit den absolut betrachtet meisten Mitgliedern nur auf Platz 12 landet und vermeintlich kleine Vereine wie FC Augsburg, SC Freiburg und VfL Bochum ihre Anhänger besser mobilisieren können. In dieser Kategorie ist der 1. FC Köln deutscher Meister: „Kein anderer Verein schafft es so gut, aus Interessierten Mitglieder zu machen“, schreiben die Studienautoren.

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Bemerkenswerte Unterschiede zeigen sich auch beim Merchandising. Auch hier versucht Bain einen differenzierteren Ansatz als bloß eine Rangliste der absoluten Zahlen von Trikotverkäufen – dann wäre gewiss wieder der FC Bayern auf Platz eins. Bain setzt die Umsätze aus dem Merchandise-Geschäft ins Verhältnis zur Anzahl der Fans. So versucht die Unternehmensberatung darzustellen, „inwieweit die Klubs ihre unterschiedlich große Anhängerschaft zu Käufen motivieren können“. Am besten gelang dies in der vergangenen Saison Bayer Leverkusen mit einem Wert von 25,51 Euro pro Fan, dicht gefolgt vom FC Bayern mit 22,67 Euro pro Fan. „Geografisch eingeengt durch die Publikumsmagneten 1. FC Köln, Borussia Mönchengladbach und Zweitligist Fortuna Düsseldorf machen die Rheinländer das Beste aus ihrer begrenzten Fanbasis“, analysieren die Autoren. Am schlechtesten schneiden hier Borussia Mönchengladbach (8 Euro pro Fan) und Werder Bremen (7,96 Euro pro Fan) ab.

Auch in der ersten Bundesliga-Benchmarking-Studie von 2022 war Bayer Leverkusen in dieser Kategorie in der Spitzengruppe (Rang 3). „Das ist wirklich bemerkenswert“, befindet Co-Autor Philip Dowling: „Was macht Leverkusen da besser als die meisten anderen? Sind es ihre Fanshops? Ist ihre Onlinevermarktung durchdachter? Das sind spannende Details für eine tiefergehende Analyse.“ Nach der ersten Studie hätten sich zahlreiche Bundesligavereine bei ihnen gemeldet, erzählt Dowling. Diese Perspektive stoße bei den Klubs auf großes Interesse.

„Die Qualität des Vorstands und der nächsten ein bis zwei Management-Ebenen darunter machen mittlerweile auch bei Fußballklubs einen großen Unterschied“, sagt Sinn. Die Klubs professionalisierten sich auf allen Ebenen: „Wie manage ich Stadionerlebnisse? Wie baue ich ein Merchandising-Gesamtkonzept? Das sind handfeste wirtschaftliche Themen, die professioneller Strukturen bedürfen.“ Die Bundesligatabelle spiegele diese unterschiedlich ausgeprägten Managementqualitäten nicht unbedingt wider; die von Bain erstellte Tabelle komme da der Wahrheit schon näher.

Was bringt sportlicher Erfolg?

Doch umgekehrt drängt sich natürlich die Frage auf, warum manche Vereine aus diesem von Bain diagnostizierten Wirtschaftspotenzial so wenig sportlichen Erfolg rausholen? Gerade bei den genannten Klubs Köln und Union Berlin ist diese Diskrepanz besonders auffällig. Bain-Deutschlandchef Sinn verweist hier auf den Zeitversatz seiner Studie: Die Finanzkennzahlen etwa datieren von Mitte/Ende 2022, Grundlage der Studie ist die Saison 2022/2023. Und da sah die sportliche Perspektive beider Klubs noch anders aus: „Union Berlin hatte letzte Saison ganz oben mitgespielt, und auch Köln war weit entfernt von den Abstiegsrängen“, sagt Sinn. „Was für beide gilt: Bei bestimmten Werthebeln sind sie herausragend.“ Und natürlich wirke sich ein sportlicher Erfolg positiv aus: „Eintracht Frankfurt hat über den Europa-League-Gewinn und die Champions-League-Teilnahme einen starken Vermarktungserfolg erzielt und punktet mit innovativen Konzepten.“ Frankfurt kletterte im Vergleich zur letzten Studie von Rang 5 auf Rang 3.

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Dass aber ausgerechnet der Sieger dieses Wirtschafts-Meisterschaftsrennens so erwartbar ist, mag viele Interessierte nerven. Einen aber dürfte es wohl mit Genugtuung erfüllen: Oliver Kahn. Der frühere Nationaltorwart löste im Juli 2021 Karl-Heinz Rummenigge ab als Vorstandsvorsitzenden beim FC Bayern; doch nicht mal zwei Jahre später musste er wieder gehen. Am letzten Spieltag im Mai 2023 wurde er entlassen, Rummenigge und Uli Hoeneß übernahmen wieder die Verantwortung. Hoeneß bezeichnete die Wahl Kahns zum Vorstandschef später als Fehler. Doch unter Kahn erwirtschaftete der FC Bayern in der vergangenen Saison einen Rekordumsatz in Höhe von 854 Millionen Euro und wurde – mit viel Glück – wieder Deutscher Meister. Wenn man die Bain-Studie nun etwas wohlwollend interpretiert, war Oliver Kahn vergangene Saison tatsächlich der beste Vorstandschef der Bundesliga.

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