3. Was bedeutet der Streit für die Passagiere?
Solange sich die US-Linien nicht durchsetzen, nichts. Die Golflinien bieten viele Routen, die keine Linie aus den USA anfliegt. Bislang beschert der Angriff der Golflinien den Reisenden niedrige Preise. Laut Insidern verlangt Emirates im Schnitt zehn Prozent weniger als westliche Linien, Etihad gibt 15 Prozent Rabatt und Qatar sogar 20 Prozent.
Tickets der Business oder First Class kosten oft sogar nur die Hälfte und weniger. Der Rabatt soll besonders in den besseren Abteilen an Bord die starke Anziehungskraft der Vielfliegerprogramme wettmachen und natürlich die vergleichsweise großen Flugzeuge füllen helfen. Sollte jedoch die Stimmung in den USA kippen, könnte das Wachstum der Golflinien stocken und die Preise wieder steigen.
4. Wie reagieren die Golflinien?
Sie empören sich und leugnen. Damit haben sie bis zu einem gewissen Punkt Recht. Denn bevor die US-Linien ihre Studie Ende voriger Woche endlich auf einer Internetseite veröffentlichten, kursierte der Bericht seit Wochen hinter verschlossenen Türen in der US-Politik. Immer drangen Vorwürfe nach draußen, doch nichts war so konkret. „Ein solch unfairer Prozess ist eines demokratischen Landes unwürdig, ihr wollt für eure Kunden Befehle statt Wettbewerb“, ereiferte sich Emirates-Chef Tim Clark. „Investiert lieber eure inzwischen hohen Gewinne in den Service und neue Flugzeuge.“ Damit ist er angesichts der recht offenen Emirates-Bilanz einigermaßen glaubhaft.
Seine Kollegen James Hogan (Etihad) und selbst der sonst so wortgewandte Qatar-Chef Akbar Al Baker sind es nicht. Hogan, der Kollegen von westlichen Airlines sonst gern Ratschläge gibt, ist bislang still. In der Vergangenheit waren seine bevorzugten Antworten unfreiwillig komische Wortklaubereien wie zinslose Kredite ohne Rückzahlungstermin seien „keine Subvention, weil sie ja einmal fällig werden.“
Al Baker keilt immerhin zurück, dass die US-Linien selbst hoch-subventioniert seien. Recht hat er damit, weil US-Linien in ihren Gläubigerschutzverfahren teure Arbeitsverträge und Zusagen für Mieten oder Flugzeugleasings loswurden. Etwas merkwürdig ist eine andere Rechnung. 20 Milliarden Dollar haben laut seiner Rechnung die US-Linien als Ausgleich erhalten, weil nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 die US-Regierung tagelang alle Flüge verboten und dann über Nacht verschärfte Sicherheitsvorschriften erließen.
Das ist schwer vergleichbar mit jenen Hilfen, die Qatar & Co. ein schnelleres Wachstum erlauben sollten. Kredite, für die laut dem in der Studie zitierten Geschäftsbericht gilt: „Kredite der Regierung von Katar sind zinsfrei und haben keine Rückzahlungsregelung. Sie wurden in Aktionärsvorauszahlungen umgewandelt und die Rückzahlung ist weder geplant noch wahrscheinlich in absehbarer Zeit.“
Immerhin ahnen die Golflinien und ihre Regierungen, dass die US-Linien nicht ganz falsch liegen und verweisen auf den wirtschaftlichen Nutzen, weil sie in Europa und den USA Flugzeuge und jede Menge Touristen ins Land bringen. „Das dürfen wir nicht unterbewerten“, so der Wirtschaftsminister der Vereinigten Arabischen Emirate, Sultan bin Saeed.
5. Wie wird der Streit ausgehen?
Am Ende wird sich wohl wenig ändern. Das zeigt nicht zuletzt der Blick nach Deutschland. Hier bieten Air Berlin und Etihad seit langem Gemeinschaftsflüge an, obwohl sie das laut den bestehenden Verkehrsrechtsabkommen nicht dürfen. Aber so sehr sich die Lufthansa und andere auch beschweren, immer werden sie neu genehmigt, zum letzten Mal, dann um allerletzten Mal, dann zum aller-aller-letzten Mal und so weiter.
Denn am Ende will keiner den Vormarsch der Golflinien stoppen. Die Reisenden schätzen den Wettbewerb bei Preisen und Qualität. Die Politiker außerhalb der großen Drehkreuze die zusätzlichen Flüge für Investoren und Touristen. Dazu will keine Regierung die im Kampf gegen den islamistischen Terror so wichtigen Golfstaaten verärgern, zumal die auch reichlich in Europa investieren und dabei deutlich geduldiger und großzügiger agieren als etwa reine Finanzinvestoren.
Selbst die Fluglinien in Europa, die am meisten unter den Airlines aus Arabien leiden, haben sich leise arrangiert. Der sonst so laute British-Airways-Konzernchef Willie Walsh ist pro-Golf, seit er mit Qatar zusammenarbeitet und erst recht seit die ein Zehntel seiner Holding IAG gekauft haben. Air-France-KLM-Chef Alexandre de Juniac protestiert zwar in Brüssel, doch zur Sicherheit hat auch er Gemeinschaftsflüge mit Etihad aufgelegt.
Und nun denkt wohl auch Lufthansa-Chef Carsten Spohr um. Im Interview mit der "Bild"-Zeitung hat er zwar Schutz vor Emirates & Co gefordert: „Entweder können die Märkte zu gleichen Bedingungen offen sein oder aber wir müssen uns gegen unfairen Wettbewerb schützen.“ Doch gleichzeitig gibt Spohr das Signal, der Lufthansa drohe angesichts der Konkurrenz keine Gefahr. „Wir stärken sogar unsere Position als weltweit größter Luftfahrtkonzern.“
So bleibt die einzige Wirkung, dass die Golf-Airlines und ihre Chefs nach der Studie ein wenig bescheidener auftreten. „Es ist nicht ganz leicht, die eigene Überlegenheit zu loben und Witze über die vermeintliche Unfähigkeit der westlichen Airlines zu machen, wenn man seinen Erfolg zu einem großen Teil Milliardensubventionen verdankt“, so ein führender Manager einer westlichen Airline.