Gesundheitstourismus Sonne, Strand, Coronaimpfung

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Reisekonzerne bleiben zurückhaltend

Haften für die Impfung und die Reise mag der 67-Jährige, der die Idee dazu während eines siebenwöchigen Urlaubs auf den coronafreien Malediven hatte, allerdings nicht. Sicherheitshalber beschränkt sich Mucha darauf, die Kunden an einen Reiseveranstalter und die Mediziner weiterzureichen. Dass er damit nur seine eigenen Taschen füllen will, weist der Besitzer einer Villa in St. Tropez und eines Schlosses am Wörther See von sich. „Ich habe schon genug Geld“, so der Autor des Buchs „Wie man unverschämt reich und berühmt wird“. Dabei verweist Mucha darauf, dass er ein Zehntel der Buchungen gratis an Bedürftige abgeben will. Sie müssen allerdings gut begründen, warum sie sich eine Impfreise gerade nicht leisten können.

Noch fehlen Angebote von den großen Reisekonzernen. „Es gibt keinerlei Gedanken bei TUI Reisen anzubieten, während derer sich Menschen impfen lassen können“, so der Urlaubsriese. 

Das liegt zum einen daran, dass sie den Markt als nicht besonders groß ansehen. „Das sind angesichts der hohen Kosten bestenfalls ein paar Tausend Kunden, besonders weil mit dem Fortschritt der Impfungen das Interesse nachlassen dürfte“, so ein TUI-Manager.

Dazu sind die Angebote nicht ohne Risiko für alle Beteiligten. Wegen der strengen Reisebeschränkungen in den wohlhabenderen Staaten können Impfurlauber vorerst fast nur im Mittleren Osten oder Afrika auf eine Anti-Covid-Spritze hoffen. „Da bleibt immer die Unsicherheit, ob es wirklich ein echter Impfstoff ist und die Bescheinigung am Ende auch international anerkannt ist“, so Tourismusprofessor Kirstges. Aber auch den Unternehmen drohen Probleme, etwa durch den Verdacht, dass die Impftouristen die Bewohner des Ziellandes um ihren Schutz bringen. „Da ist der Rufschaden für den Veranstalter schnell größer als die Einnahmen aus den Reisen“, so Kirstges.

Wie schnell die Stimmung kippen kann, erlebt gerade der Frankfurter Veranstalter Fit Reisen. Noch Anfang der Woche warb der Spezialist für Gesundheits- und Wellnessreisen groß im Internet. „In wenigen Wochen werden erste Länder wie Israel und die Arabischen Emirate ihre Bevölkerung weitestgehend geimpft haben. Da sie deutlich mehr Impfstoff bestellt haben, als sie für die eigene Bevölkerung benötigen, die Impfdosen jedoch nicht in andere Länder exportiert werden dürfen, möchten sie Personen aus anderen Ländern im eigenen Land helfen“, hieß es da. Als Erstes versprach Fit Reisen ab Ende März in Israel eine Impfung im Rahmen eines Wellness-Urlaubs mit Gourmetküche, dazu „geräumige Zimmer häufig sogar mit Balkonen, die Ihnen ein fantastischen Blick auf das Meer eröffnen“, so die Internetseite noch Anfang der Woche. Ab April sollten dann die Vereinigten Arabische Emirate, die Seychellen und sogar Großbritannien folgen. 

Das brachte dem Unternehmen zwar einige Buchungsanfragen und viel Aufmerksamkeit in den Medien. Doch der positive Effekt kippte bald ins Gegenteil. Zuerst geißelte der in den Medien allgegenwärtige SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach die Reisen als „unethisches Geschäftsmodell“. Und dann grätschten Vertreter des Landes Israel in die Kampagne. „Es werden keine Impfreisen angeboten. Impfungen erhalten ausschließlich die Einwohner Israels“, so Ella Zack Solomon, Direktorin Staatliches Israelisches Verkehrsbüro für Deutschland, Österreich und der Schweiz. 

Prompt nahm Fit Reisen die Offerte kleinlaut von der Seite. „Unser Ziel ist es, dass möglichst bald, möglichst viele Personen geschützt sind und dies nicht zu Lasten anderer Personengruppen erfolgt“, so eine Sprecherin.

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Eine Abkürzung zum Vakzin bleibt jedoch. In Dubai etwa wird schneller geimpft als in Europa, mehr als 120 Impfzentren hat der Golfstaat nach eigenen Angaben eingerichtet. Ohne viel Bürokratie sollen hier alle eine Spritze bekommen, die Bürger oder Bewohner von Dubai sind – ein Status, der sich auch temporär erwerben lässt über die Teilnahme am einjährigen Programm „virtuelles Arbeiten“. Beantragt werden kann sie über die Website „Visit Dubai“ zum Preis von 287 US-Dollar, heißt es auf der Seite. Innerhalb von drei Wochen würden die Anträge bei Vorlage vollständiger Unterlagen bearbeitet, heißt es von der Botschaft der Vereinigten Arabischen Emirate in Berlin. Für die Impfung sei allerdings ein längerer Aufenthalt vor Ort notwendig, nur kurz reinzufliegen zum Empfang der beiden Dosen, sei nicht möglich.  
   
Mehr zum Thema: Wer wann geimpft wird, soll eine Prioritätenliste regeln. Doch das Gerangel beginnt: Bürgermeister lassen sich „zufällig“ impfen, Reiche lockt die Abkürzung übers Ausland. Der Rest hofft auf ein Attest vom Arzt.

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